02.07.2023,
B-Schraube:
Diesen schönen Bericht über die letzte Etappe aus dem Peloton verdanken wir Thomas - merci beaucoup Monsieur!!
Nach einem kräftezehrenden Regentag wollte keiner der Sonnenprognose für den letzten Tag so richtig trauen. Zu tief hängen die Wolken über Jausiers im Ubaye-Tal und Temperaturen um 12 Grad geben auch keinen Anlass zu größerem Optimismus. Also nach dem eher französischen Frühstück die frisch gefönten Arm- und Beinlinge wieder übergestülpt, die Regenjacke in Griffweite verpackt und noch ein paar Kalorien extra im Fahrradtrikot verstaut, denn zwischen uns und Nizza liegt kein geringerer Berg als der Col de la Bonette und seine Gipelumrundung, die Cime de la Bonette. Die Tour-Nation wollte den höchsten mit dem Fahrrad erreichbaren Punkt der Alpen und hat die eigentliche Passüberquerung mittels einer Schleife nochmals um 100 Höhenmeter auf 2802 m erhöht. Doch soweit sind wir noch lange nicht.
Bei eher herbstlicher Stimmung verlassen wir Jausiers, um auf etwa 1400 Metern Höhe in den Wolken zu versinken. Die Landschaft und die vom Nebel geprägte Stimmung begeistern dennoch: Menschenleere, satt grüne Weiden und ein zunehmend enger werdendes Tal sind die Ouvertüre für diesen letzten Tag. Die einzelnen Motorräder und Autos stören kaum, und ab und an blitzt es bereits azurblau durch die grauen Wolken. Und dann geht plötzlich der Vorhang auf, die Wolkendecke ist durchstoßen und ein traumhaftes Hochtal öffnet sich - ein Anblick zum Niederknien. Der Regen der Vortage und die Kühle erlauben eine beeindruckende Fernsicht, und der Nationalpark Mercantour in den französischen Seealpen zeigt seine Gipfel. Völlig berauscht von soviel Schönheit nehmen wir die 2000 m Marke, verlassen die Almen und überwinden die Baumgrenze, bis die Cime aus hochalpiner Umgebung herausragt. War die Steigung zur Passhöhe auf 2700 m vergleichsweise milde zu uns, muss im Endspurt eine Steigung von bis zu 15 % bewältigt werden. Das tut jedoch nur halb so weh wie es müsste, denn gleichzeitig befinden wir uns auf einer 360 Grad Panoramastrasse und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Nach der kurven- und abwechslungsreichen Abfahrt und einer kurzen, letzten Mittagsverpflegung geht es im Mannschaftszeitfahren in Richtung Mittelmeer. Bei einem Platten erhalten wir, bereits zum zweiten Mal an diesem Tag, Hilfe vom Bus einer anderen Radgruppe. Nochmals ist höchste Konzentration gefordert, der letzte Gegner ist der Gegenwind. Alle verbliebenen Körner werden im Schlussspurt verpulvert. Sie werden nicht mehr gebraucht...
Nizza empfängt uns mit strahlend blauem Himmel, kühlem Panaché und einem Hotel direkt am Strand, unserem aktuellen Bewegungsbedürfnis entsprechend. Dort klingt die Fahrt mit einem (oder auch 2 bis 3) Kir und einigen Kaltgetränken aus, gefolgt von einem Dinner direkt am Strand mit sensationellem Ambiente. Jetzt brauchen wir die Busfahrt und einige Tage mehr, um all die im Schwarzwald, im Jura und in den Alpen auf knapp 950 km gesammelten Erlebnisse zu verarbeiten.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Durchatmen, letzte Kräfte mobilisieren, denn heute Abend wartet das Mittelmeer auf uns. Ein Hindernis gilt es jedoch noch zu überwinden, und das ist nicht irgendein Hindernis, sondern der höchste Punkt der Woche. Der Col de la Bonette ist 2715 m hoch, was auf der Rangliste der Alpenpässe immerhin noch zu Platz vier reichen würde, doch das hat den Erbauern der Straße im Mercantour-Nationalpark wohl nicht gereicht. Und so musste es noch eine Panoramaschleife sein, die Cime de la Bonette, die die Marke von 2800 m Höhe überschreitet. Bei all dieser Diskussion um Höhensuperlative darf man jedoch nicht vergessen, was für ein grandioses landschaftliches Erlebnis der Pass ist. Die karge, braune, unwirtliche Hochalpenkulisse, die Ausblicke über die Seealpen des Mercantour. Und dann geht es nur noch bergab. Die lange Abfahrt vom Pass führt uns dann sozusagen direkt bis nach Nizza. Sie führt zunächst ins Tinée-Tal, das ins Var-Tal mündet, und der Var mündet bei Nizza ins Mittelmeer. So können wir wahlweise nochmal richtig Tempo aufnehmen, oder aber unsere Fernfahrt gemütlich ausklingen lassen. So oder so, direkt nach der Ankunft winkt ein Bad im azurblauen Mittelmeer!