Kürzlich hat @Jan in unserem Rennrad-Reiseblog bereits unsere beiden Frühjahrsreisen an der ligurischen Mittelmeerküste in Italien vorgestellt und einander gegenübergestellt. Und vor ein paar Tagen haben @hagen306 und @robert89 über unsere Bergtrainings gebloggt – und mit ihnen über die Möglichkeit, bereits im ausklingenden Winter unter südlicher Sonne Rennrad zu fahren, auf den Kanaren und an der Mittelmeerküste in Spanien. Mit diesem Beitrag schließen wir unsere kleine Serie ab und widmen uns den Frühjahrsreisen im Süden Frankreichs – an der Côte d'Azur rund um Saint-Raphaël, in den Seealpen im Hinterland von Nizza, und in der Provence in der Umgebung des berühmten Mont Ventoux.
Du spürst den Flow. Gleitest im Windschatten über eine sagenhafte Küstenstraße. Rechts das in der Frühjahrssonne glitzernde Mittelmeer, das zahllose malerische Buchten in das feuerrote Porphyrgestein des Esterel-Massivs gegraben hat. Links erheben sich die Berge, auch sie strahlen flammend rot. Rote Felsen, grüne Vegetation, azurblaues Meer. Ein unglaubliches Farbenspiel. Es ist eine Touristenstraße, doch am Morgen scheint sie fest in der Hand der Rennradfahrer. Dreißig Kilometer Rennradtraum auf der sogenannten Corniche d'Or zwischen Saint-Raphaël und Mandelieu-la-Napoule.
Du spürst den Berg. Serpentine um Serpentine kletterst du empor, in der Felswand der Bucht von Menton. Am Anfang der Saison sind die Beine noch nicht in Topform. Und trotzdem hast du das Gefühl, dass die Beine wollen. Es beflügelt dich, dass du beinahe im Minutentakt von trainierenden Radprofis überholt wirst. Der Pass: der legendäre Col de la Madone. Seinerzeit der bevorzugte Trainingsberg von Lance Armstrong, der ihn weltbekannt gemacht hat. Aber auch heute noch eine Benchmark für all diejenigen Profis, die an der französischen Riviera ihre Wahlheimat gefunden haben. Doch voll durchziehen möchtest du nicht – denn dafür ist diese schmale Passstraße zu schön. Immer wieder wandert dein Blick hinunter zum Meer, die Küste entlang, kannst dich der Faszination nicht entziehen.
Du spürst die Legende. Der Berg überragt die ganze Provence. Heute fühlst auch du dich überragend – am Géant de Provence. Der Gigant, so wird der sagenumwobene Mont Ventoux auch genannt. Dramen ums Gelbe Trikot haben sich hier abgespielt. Chris Froome ist gejoggt, Tom Simpson hat hier sein Leben gelassen. Dir ist es einerlei, denn heute gehört der Mont Ventoux ganz dir. Erst durch die Weinberge, dann durch den mediterranen Wald von Bédoin bis zum Chalet Reynard. Jetzt durch die Felswüste, den Turm auf dem Gipfel fest im Blick. Schneereste neben der Straße. Doch der Himmel: strahlend blau. Die Sicht ist klar, gestochen scharf siehst du die Cevennen, die Hochalpen, das Mittelmeer hinter dem Lubéron-Höhenzug. Du hast dir den schönsten Tag der Woche für diesen besonderen Berg ausgesucht.
Das sind nur drei ikonische Momentaufnahmen aus drei ikonischen Rennradreisen. Im Mutterland des Radsports. Dem Land der Tour de France. In der Provence oder an der Mittelmeerküste. Unter der Sonne des Südens – denn während sich in Deutschland ganz zaghaft der Frühling zu zeigen beginnt, ist er in Südfrankreich bereits in vollem Gange. Drei Möglichkeiten für Rennradurlaub im Süden Frankreichs. Im folgenden möchte ich dir unsere Reisen vorstellen und auch einander gegenüberstellen. Vielleicht ist auch dein Einstieg in die Saison dabei?
Den Auftakt unserer Frühjahrsreisen in Frankreich macht schon im März unsere Woche an der Côte d'Azur.
Wir schlagen unser Quartier auf im malerischen Saint-Raphaël am Fuß des Esterel-Gebirges. Während der Ort mit einer hübschen Altstadt und einem kleinen Yachthafen im Hochsommer natürlich fest in der Hand der Badetouristen ist, ist so früh im Jahr noch nicht viel los, alles wirkt eher beschaulich, und wir können den Charme des ehemaligen Fischerortes spüren. Unser Hotel liegt direkt an der Strandpromedade; wenn man aus dem Hotel kommt, muss man nur die Straße überqueren und steht schon am kleinen Stadtstrand. Nach unseren Touren lädt die Terrasse des benachbarten Cafés dazu ein, noch in der Gruppe beisammen zu sitzen und gemeinsam das mediterrane Flair zu genießen. Perfekt ist auch die Bahnanbindung – das Hotel ist vom Bahnhof bequem zu Fuß zu erreichen, und in Saint-Raphaël halten auch durchgehende TGV-Züge aus Paris und Lyon.
Die Berge im unmittelbaren Hinterland der Küste – neben dem Esterel auch noch das Schwestergebirge Massif des Maures – sind mit etwa 500 m Höhe nicht so hoch, so dass sie auch schon früh im Jahr ausgedehnte Touren zulassen. Wir wagen uns aber auch vor in die einsamen Provenzalischen Alpen noch weiter im Inland, wo wir an die Tausend-Meter-Marke stoßen. Auf der Königsetappe können wir vom Col de l'Êcre beispielsweise von etwa 1100 m Höhe auf den Küstenstreifen zwischen Cannes und Nizza sehen – ein toller Ausblick. Sehr schön sind aber auch die Küstenstraßen, die hügelige Corniche d'Or in der sagenhaften Kulisse des Esterel, sowie die fast komplett flache Corniche des Maures, auf der man zwischen Saint-Tropez und Fréjus den Rennrad-Flow in der Gruppe genießen kann.
Sobald man mal die Küstenzone hinter sich gelassen hat, ändert sich das Bild schlagartig. Die wenigen Orte sind verschlafen wirkende provenzalische Dörfer. Praktisch verkehrsfreie Landstraßen führen durch blühende Garrigue-Landschaft, durch Weinberge, oder durch die typischen mediterranen Kiefernwälder. Eine Kaffeepause auf einem Dorfplatz unter Platanen gehört dazu.
Während die Höhenmeteranzahl, auf die man nach einer Woche rund um Saint-Raphaël kommt, vergleichsweise gering ist, sind auch mal längere Etappen dabei. Hier profitierst du auf den flacheren Passagen, im breiten Argens-Tal oder an den Küsten, von der Zusammenarbeit in der Gruppe.
Urlaubsfaktor: Hoch! Dafür sorgt allein schon die Lage des Hotels. Wenn du morgens das Fenster des Hotelzimmers öffnest und das Meer rauschen hören kannst, fühlt es sich nicht nur nach Rennrad-Training, sondern auch nach Rennrad-Urlaub an. Mit einem Stadtbummel am Nachmittag ist man im überschaubaren Saint-Raphaël zwar schnell durch, aber man kann sich ja auch Zeit lassen, mit einem Pain au chocolat vom Patissier, oder einem Café au lait, einem pression oder einem Orangina in einer der zahlreichen Bars.
Das Mittelmeer ist an der Côte d'Azur fester Bestandteil der Touren. Sei es die Abfahrt vom Col du Canadel im Maures-Gebirge ans Meer, der Blick vom Balkon im village perché Mons, oder aber der kurze Anstieg von der Esterel-Küstenstraße über den Rocher de Saint-Barthélemy ins Gebirge hinauf. Die Touren sind so geplant, dass auch die entspannte Gruppe immer gemütlich und ohne Zeitdruck fahren kann.
Das Hotel hat kein eigenes Restaurant, aber wir machen aus der Not eine Tugend und essen abends in verschiedenen Restaurants in Saint-Raphaël. Hier können wir kulinarisch aus dem Vollen schöpfen. Die Küche ist authentisch und traditionell, mit vor allem französisch-provenzalischem Einfluss, aber man spürt auch, dass Italien nicht weit ist. Da wir direkt am Mittelmeer sind, stehen natürlich auch Fisch und Meeresfrüchte auf dem Speiseplan. Legendär sind die geschmorte Lammkeule mit Gnocchi und pistou im Café Paradis, oder die Bourride Raphaëloise in der Strandbar Les Sablettes – eine Fischsuppenähnlich wie die berühmte Bouillabaisse aus Marseille.
Alle Infos zum Rennradfrühling an der Côte d'Azur
Im April geht es dann in die Seealpen rund um die Mittelmeer-Metropole Nizza.
Nizza ist fast schon eine Weltstadt – zumindest weltbekannt. Die Großstadt ist hier Fluch und Segen zugleich. Während wir in der Stadt natürlich mit stärkerem Verkehr konfrontiert sind, profitieren wir auch von einer guten Infrastruktur. Ein Einkaufszentrum liegt in unmittelbarer Nähe des Hotels, ebenso wie die Strandpromenade, und auch für einen eventuellen Ruhetag gibt es ausreichend Programm. Die Anbindung ist nicht zuletzt durch den internationalen Flughafen gegeben, und das Hotel bietet dir einen kostenlosen Shuttle-Service an.
Um aus der Stadt in die einsamen Berge zu kommen, bedienen wir uns einiger Tricks, um die Verkehrsbelastung so gering wie möglich zu halten. So haben wir ein Quartier am westlichen Rand von Nizza gewählt, in Saint-Laurent-du-Var. So haben wir das breite Var-Tal, in dem ein verkehrsfreier, breit ausgebauter Radweg verläuft, als Einflugschneise ins Gebirge. Und auch die Stadt ist nicht so schlimm, wie man vielleicht denken mag: hier wurde in den vergangenen Jahren viel in die Radwegs-Infrastruktur investiert. Entlang der berühmten Promenade des Anglais kann man jetzt ampelfrei auf einem schönen Radweg fahren, und auch im Paillon-Tal fahren wir vom Autoverkehr getrennt durch Nizza durch.
So können wir beides kombinieren: das Flair einer lebhaften, einladenden Metropole mit all ihren Annehmlichkeiten mit dem Zugang zu den einsamen Pässen der Seealpen und der Provenzalischen Alpen – wo dann der Trubel an der Küste schlagartig vergessen ist.
Zum Rennradfahren sind die Seealpen fantastisch. Es liegt nicht nur an den Steuervorteilen von Monaco, dass sich zahlreiche Radprofis für ein Wahl-Domizil an der Riviera entschieden haben. Sondern auch an den wunderbaren Rennrad-Bedingungen. Sowohl die Provenzalischen Alpen westlich des Var-Tals als auch die Seealpen sind von einem dichten Netz an nahezu verkehrsfreien Passstraßen durchzogen. Dass sich zwischen den tief eingeschnittenen Flusstälern auf den zahlreichen Pässen die Höhenmeter schnell summieren, mag man als Vor- oder als Nachteil verbuchen. Fest steht jedoch: die Landschaft ist atemberaubend. Beeindruckende Serpentinenstraßen, die sich durch offenes Gelände ziehen, mit einer Aussicht über eine Hügellandschaft und bis zum Meer, sind hier eher die Regel als die Ausnahme.
Wir profitieren von einem milden Mikroklima. Durch die Hochalpen ist die Region nach Norden und Osten abgeschirmt, so dass kalter Nordwind oder Tiefdruckgebiete über dem ligurischen Meer abgehalten werden.
Die Seealpen sind wohl die sportlichste unserer Frankreich-Frühjahrsreisen. Am sagenumwobenen Col du Turini fahren wir mehr als 1000 Höhenmeter am Stück. Weitere Pass-Highlights sind das auf einem Bergsporn gelegene Madone-d'Utelle-Kloster, der von Lance Armstrong bekannt gemachte Col de la Madone, aber auch zahlreiche weitere kleine Passstraßen. Immer stehen auch aussichtsreiche Höhenstraßen oberhalb einer der vielen Schluchten auf dem Programm.
Angst vor den Höhenmetern brauchst du jedoch nicht zu haben. Auch hier sind die Touren so geplant, dass die entspannte Gruppe auch entspannt fahren kann. Und das besondere Flair der Seealpen beflügelt – schließlich ist die Tour de France hier Dauergast, schon 2020 beim Grand Départ, und nun auch 2024 wieder, wenn die Tour aufgrund der Olympischen Spiele ausnahmsweise nicht in Paris, sondern in Nizza endet.
Bei allen Strapazen auf den Passstraßen der Seealpen ist auch hier ein Urlaubsfaktor vorhanden. Dafür sorgt schon die Standpromenade in Saint-Laurent, wo wir unsere bevorzugte Bar für den Kaffee oder das Bier nach der Tour längst gefunden haben. Auch unterwegs können wir es uns aber gut gehen lassen – für eine Pause mit einer leckeren tourte aux blettes ist immer Zeit.
Ein großes Highlight der Reise ist das Abendessen. Im Hotel essen wir nur am Anreise-Abend; an den folgenden Tagen geht es dann in verschiedene Restaurants an der Strandpromenade. Aufgrund seiner Geschichte, wie natürlich auch aufgrund seiner Geografie, treffen in Nizza verschiedene kulinarische Einflüsse zusammen. Nochmal deutlicher als in Saint-Raphaël ist die Küche nicht nur provenzalisch, sondern auch italienisch geprägt. Die Restaurants in Saint-Laurent brauchen auch den Vergleich mit der von Jan (zurecht) hoch gelobten Küche in unseren ligurischen Reise-Standorten nicht scheuen. Wer die Daube provençale im Cocottes Françaises oder den gegrillten Tintenfisch im People gegessen hat, wird mir zustimmen!
Auf keinen Fall auslassen sollte man auch die Socca bei René am Rand der Altstadt von Nizza. Der knusprige Kichererbsen-Fladen erinnert stark an die ligurische farinata, und gehört als Auf-die-Hand-Snack in Nizza einfach dazu, beispielsweise im Anschluss an die Ruhetags-Runde!
Alle Infos zu den Seealpen rund um Nizza
Unser Provenzalischer Rennradfrühling findet schließlich Ende April in L'Isle-sur-la-Sorge statt.
Die Woche verbringen wir in einem schönen Hotel etwas außerhalb des malerischen Städtchens L'Isle-sur-la-Sorgue am Rand der Provenzalischen Alpen. L'Isle ist auch als „Venedig des Comtat“ bekannt, weil die Altstadt von zahlreichen Kanälen durchflossen wird. Die Alstadt ist recht charmant und auch mal für einen kleinen Stadtbummel am Nachmittag geeignet.
Das Hotel liegt ruhig in einer weitläufigen Parkanlage an den Ufern der Sorgue, wobei es wohl noch zu früh im Jahr ist für den Außenpool.
Vom Bahnhof zum Hotel sind es ca. 2 km, hier hält ein Regionalzug von Avignon, was der nächstgelegene Fernbahnhof ist. Mit dem Zug ist man auch an den Flughafen Marseille angebunden. Aufgrund der Nähe zur Rhonetal-Autobahn ist auch die Auto-Anreise problemlos möglich.
Über allem thront der Mont Ventoux. Den Giganten der Provence, der die ganze Region überragt, sieht man von fast überall her. Auch für unsere Rennradwoche ist er das unbestrittene Highlight, auf das die ganze Woche über hin gefiebert wird. Wo sonst kann man im Rahmen einer Rennradwoche im Frühjahr ein absolutes Radsport-Monument bezwingen?
Doch auch für die restliche Woche haben wir ein attraktives Programm. Die äußerst vielseitige Region mit einem dichten Netz an verkehrsarmen Straßen macht es möglich. Unmittelbar östlich von L'Isle erhebt sich das Plateau de Vaucluse, worunter man sich weniger eine Hochebene, als vielmehr eine zerklüftete und hügelige Region vorstellen sollte. Besonders schön sind die zahlreichen Schluchten, die sich hier ins Gebirge gegraben haben, von denen der Gorges de la Nesque nur der bekannteste ist. Südlich davon erhebt sich der Höhenzug des Lubéron, mit einer Provence-prototypischen Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Ein schönes Tagesziel ist auch immer der niedrige, aber sehr schöne Höhenzug der Alpilles im Südwesten.
Trotz der gebirgigen Topographie gibt es, insbesondere in der Ebene des Comtat, auch immer wieder flachere Passagen, wo in der Gruppe auch gut Kilometer gemacht werden können, um an der Grundlage für eine erfolgreiche Saison zu feilen.
Provence – das ist ja gewissermaßen schon ein Synonym für Urlaub.
In unserem schönen Hotel mit geräumigem Außenbereich lässt es sich auch nach der Tour aushalten. Möchte man nach der Tour noch etwas trinken, ist es sinnvoll, noch kurz vor dem Hotel in einer der schönen Bars im Zentrum von L'Isle zu halten.
Schon auf unseren Radtouren kommen wir an einigen touristischen Hotspots vorbei, die außerhalb der Sommersaison weitestgehend verwaist sind. Da ist die Fontaine de Vaucluse, die Sorgue-Quelle nahe L'Isle, die leuchtend gelben Ockerfelsen von Roussillon, die mittelalterliche Festung von Les Baux in den Alpilles. Entscheidet man sich für einen Ruhetag, findet man in der Provence sicher eine Beschäftigung, mit einem Ausflug nach Avignon, Nîmes oder Orange.
In L'Isle-sur-la-Sorgue genießen wir sowohl ein reichhaltiges Frühstücksbuffet als auch ein leckeres Abendessen – wir verzichten hier darauf, in Restaurants einzukehren, und vertrauen uns stattdessen der guten Küche des Hotel-Restaurants ein. Der seit Anfang 2022 neue Küchenchef hat hier inzwischen seine eigene Note herein gebracht und bietet uns eine moderne, abwechslungsreiche Küche, mit einer guten Mischung aus provenzalischen und französischen Gerichten, aber auch international inspiriert. Hier sind wir kulinarisch auf jeden Fall gut aufgehoben.
Alle Infos zum provenzalischen Rennradfrühling
Es ist absolut unmöglich für uns, hier einen Testsieger zu benennen, und es hängt vor allem von deinen persönlichen Vorlieben ab, welche Reise am besten zu dir passt. Riviera-Rennradfrühling an der Côte d'Azur, Pässe fahren in den Seealpen, oder eine Woche im Schatten des sagenhaften Mont Ventoux – wir sind von allen drei Destinationen überzeugt und freuen uns, wenn du uns für eine Frühjahrs-Reise in Frankeich dein Vertrauen schenkst.