Stubenrein, technisch korrekt und (zumeist) unbekannt lauten die Namen der gestrigen und heutigen Pässe so: San Glorio, Pandetrave, Panderrueda, Pontón, Tarna, Senales, San Isidro. Cordal und Angliru. Endorphinschwanger nach zwei harten Tagen liest sich die Reihe wie folgt: Thron, Gott der Einsamkeit, Hitzebiest, Verar***, mieser Schleicher, Buckelpiste, letzte Rille. Vorselektor und Entsafter (wahlweise: Koloss, Monster, Bestie, Unsinn...)
Sind wir gestern nach dem 7-Pässe-Ritt (jaja, natürlich schon wieder so eine Königsetappe) südlich um die Picos de Europa herum endlich in Asturien angelangt, so genießen wir es heute in vollen Zügen, besser gesagt: wirklich und wahrhaftigen Prozenten, wie sie das Titelbild hier anzeigt. Wir widmen uns dem wohl überflüssigsten und daher auch ausreichend legendären Anstieg der Vuelta: dem Angliru. Die pure Vernunft ist heute definitiv nicht an Bord, sonst wären wir gleich ins vibrierende Oviedo gefahren. - Lassen wir Euch also einfach mal an den Zitaten des Pelotons teilhaben:
Manfred: "Ich versuche es. Und ich bleibe vernünftig" - aaah, ja...heißt Vernunft etwa, vorn doch das kleine Blatt aufzulegen. Severin: "Das Härteste, was ich je gefahren bin" (ich hätte ihn sofort zu unserer Baskenland-Rundfahrt 2023 einladen sollen - da lockt ja schließlich der Oiz - Angliru und Oiz sind der Club 2 hier. Club 2K bei Quäldich...äähh, egal!). Wolfgang: "Der Mortirolo ist einfach ein Witz" (oder so ähnlich; jedenfalls staunen wir nicht schlecht, als wir auf den Schildern unten in Riosa sehen, dass Mortirolo in Pässe-/Städtpartnerschaft mit unserem Unsinn hier verwandt ist). Uwe: "Ich fahre nur bis zur 23%-Rampe." (Warum wusste ich vorher, dass es dabei nciht bleiben würde ;-)? Sebastian: "Kann man den nicht auch zwei Mal fahren?" (Kein Kommentar, er hat wohl zu viel Sonne gekriegt.) Stefan: "Ja, das war heute schon eine gewisse Kraftanstrengung" (Dachte ich mir auch mit meiner dicken Übersetzungsmühle). Torsten: "Die letzten 5km hättest Du Dir schenken können" (meinte er jetzt die rauf zum Angliru oder die zum Schluss nach Oviedo - die ich mit meiner Gruppe zwar flacher, aber auf der Nacional umfahren hatte). Alex: "So, das eine Mal hab ich den jetzt gemacht und dabei bleibt es". Andrea: "We are the champions" (tönte es aus ihrem Motivationshandy). Paul: Leider hab ich den englischen Fluch nicht verstanden, als er an mir vorbeizischt ;-). Christian: "Ich hab heute leider geschummelt" (aber mal im Ernst, bei 23% auch mal mit den Radschuh-Stilettos ein paar Schritte zu gehen, ist nicht verwerflich). Hagen: "WARUM??" (mache ich das jetzt schon zum zweiten Mal?? - Weil das erste Mal verregnet war und es bei 30 Grad doch soo viel schöner ist...)
Und so ließe sich die Liste fortsetzen. Der Angliru ist wie sein Schild auf dem Foto gefallen - die Zahlen lügen dennoch nicht ;-). Und deshalb zieht esdie Meute nun auch hübsch in die Sidrerias und Bars dieses so unaufgeregt lebendigen und altehrwürdigen Oviedo. Salud, Ihr Helden! Die Lagos de Covadonga morgen sind ja noch weiiit weg...
Ursprüngliches Werbetextlein:
Zeit für die Vuelta: Heute haben wir den Angliru auf dem Speiseplan (man kann ihn auch auslassen - aber darüber wollen wir gar nicht erst nachdenken!). Genüsslich rollen wir am Morgen das Tal des Rio Ayer (der "Gestern-Fluss" - sind das unsere Tränen und Schweißtropfen von gestern??). So langsam nähern wir uns Oviedo und rücken damit auch in den industriegeprägten Küstenbereich ein. Stört uns aber nicht, denn alsbald stellen sich uns unsere beiden Finalgegner in den Weg. Ehrlich und hart geht es zunächst mit meist strammen 10% zum Alto Cordal hinauf. Nicht provozieren lassen von den locals - denn die haben meist nicht noch den Angliru danach auf dem Programm. Diese eigentlich völlig überflüssige und in den 1990ern von der Vuelta entdeckten Stichstraße hinauf auf 1570m darf getrost als "Koloss", "Bestie" oder "Miststück" liebkost werden. Die berüchtigte 500m lange 23%-Rampe ganz oben ist ein regelrechter Entsafter. Daher werden wir uns heute abend auch in Oviedo bei vergorenem Apfelsaft (sidra - ein Hoch auf die Kelten!), wahlweise auch Gerstensaft feiern. Einzig erlaubtes 0%-Getränk: asturische Milch, denn die wir hier auf den saftigen - da regelmäßig natürlich beregneten - Bergwiesen erzeugt.