Was für ein Tag, und was für eine Woche... auch der heutige Ruhetag hätte von den Erlebnissen locker für zwei Ferientage gereicht. Dabei lassen wir es bewusst ruhig angehen, starten heute mal erst um elf. Also ein späteres, ausgiebigeres Frühstück, dann nochmal Beine hochlegen. Und ganz entspannt losfahren. Für die entspannte Gruppe hatte ich auf besonderen Wunsch noch einen Ruhetag light geplant, mit 42 Kilometern und 700 Höhenmetern, der auch auf mich einen gewissen Reiz ausübt. Ganz zum Schock von Jörg, der mich ungläubig anschaut.
Als wir auf die Via Aurelia einbiegen, ist der Ort schon für den Giro geschmückt. Gleich zu Beginn fahren wir durch den 5-Kilometer-Bogen, bevor wir zur
Colla Micheri abbiegen. Die 160 Höhenmeter sind schnell weg gedrückt, und schon sind wir im Merulatal, dem wir in Richtung Testico folgen. Der Talboden zieht sich hin, und der Anstieg will nicht so recht beginnen. Kurzentschlossen biegen wir noch vor Stellanello zum
Valico di Villalunga ab und verkürzen das Leiden im Flachstück somit etwas. Schließlich ist heute Ruhetag, und der Anstieg ist viel netter zu fahren als der Talboden. Dies ist Terra Inkognita für mich, aber glücklicherweise ist
Christian den Anstieg schon am Freitag zum Einrollen gefahren und konnte von ordentlichem Belag reden. Der ist zwar teils etwas rau, und der Anstieg auf den ersten Dreihundert Höhenmetern auch ziemlich hart, aber danach relativiert sich die Steigung, und alle stufen das Experiment als gelungen ein. Besonders Uwe, der uns im Steilstück in Villalunga fotografiert. Das wiederum Steffis Knie weniger behagt.
Auf der Kammstraße Richtung Testico schlagen wir ein humanes Tempo an, schließlich ist heute Ruhetag, und die Vorfreude auf die caffèpause lässt auch Stefan ein Einsehen mit uns haben. Dann der Schock: die Osteria da Lisa hat zu, und wir müssen erstmals in die Trattoria dei Cacciatori gegenüber einchecken. Die ich letztes Jahr noch gar nicht bemerkt hatte. Die aber, oh Freude, hausgemachte Ravioli anbieten. Denen Klaus, Jörg und ich mit Freude zusprechen. Mit den belebenden Ravioli bröselt auch mein Abkürzungsplan. Ich möchte auch Jörgs Weltbild nicht weiter erodieren und sehe von nun an vom Jammern ab. Am
Passo del Ginestro kommt doch tatsächlich die Sonne raus und beleuchtet das Imperotal vielversprechend, in das wir nun über einige Stufen und einige Dörfer hinabfahren. Herrlich glitzert Chiusanico in der Mittagssonne.
Der
Passo Grillarine entpuppte sich letztes Jahr als Scharfrichter des Ruhetags, wählten wir doch die Kniebrechervariante durch den Olivenhain. Mangels besseren Wissens. Damals fügte das dem Ruhetag einen Entsaftungsschleudergang hinzu, die heutige Hauptauffahrt von Pontedassio ist nicht nur sanfter (6,8 % im Schnitt laut Steffi) sondern auch schöner, mit tollen Tiefblicken über Imperia hinweg zum Mittelmeer und endlosen Olivenhainen. Die Straße wird immer schmaler, bevor sie im Scheitelbereich auf Fiat-Panda-Breite abfällt. Rasant fallen wir nach Diano Marina, nur noch Diano Gelato genannt, wegen der fantastischen Gelateria Fredda Tentazione. Der kalten Versuchung konnten wir nicht widerstehen. Wir vermissen Norberts Grinsen der Woche.
Nun liegt nur noch das Capo Cervo vor Andora, wo die Betriebsamkeit vor der Giroankunft keinen Einlass in die Strecke erlaubt. Also springen wir über den
Colla Micheri zurück nach Laigueglia. Nun geht alles Schlag auf Schlag. Natürlich dürften wir auf die Strecke, aber halt vorsichtig! Wenn die Autos kommen, müssen wir runter, denn die führen wie die Verrückten! Und so drücken wir unter den Anfeuerungsrufen der Zuschaer das Capo Mele hinauf. Auch unsere Mitstreiter:innen der anderen Gruppen stehen am Straßenrand (so sie nicht zur Etappenankunft mit dem Rad nach Andora gefahren sind), jubeln und filmen. Das macht aber Spaß!
Dann Autos, Hubschrauber, Ganna an der Spitze, das Hauptfeld knapp dahinter, die letzten Nachzügler, Mannschaftswagen,
Fine Gara. Sofort beginnt das Team die Banden abzubauen. Beeindruckend, diese logistische Meisterleistung einer nationalen Rundfahrt.
Kurz darauf beschließen wir die Etappe mit dem obligatorischen Sprint zum Hoteltor. Was für ein erfüllter Tag auf dem Rad!
Und wieder ein Regenruhetag ohne Regen.
Ursprüngliche Etappenplanung
Nach den teils doch recht schweren Etappen der vorigen Tage wollen wir es heute einmal etwas ruhiger angehen lassen. Wir fahren über Colla Michieri hinüber ins Merula-Tal und folgen diesem bis zum Passo del Ginestro. Eine schöne, fast schon etwas abenteurliche Höhenstraße oberhalb des Impera-Tals bringt uns dann über den Passo Grillarine an die Küste bei Diano Marina zurück.