18.08.2022,
silvi:
Regentage schreiben die schönsten oder zumindest die nachhaltigsten Geschichten.
Ohne große Erwartungen - natürlich nur, was das Wetter betrifft - sind wir heute morgen pünktlich um 09:00 gestartet. Die Wettervorhersage hatte sich etwas gewandelt; das Gewitter war schon morgens um 6:00 durchgezogen.
Heute verlassen wir wieder Bella Italia. Unser Weg führt uns ins wunderschöne Tessin. Um dorthin zu kommen, müssen wir gleich vom Hotel weg den Passo della Spluga bezwingen. Mit Anfahrt erwarten uns 30km bergauf - und keinerlei Regen. Im Gegenteil, es rollt nicht nur wunderschön dahin, sondern es kommt auch noch die Sonne raus. Schnell sind Armlinge und Weste wieder verstaut, und unter meinen Regenüberschuhen wird es auch eher etwas warm.
Gruppe 2 kommt innerhalb weniger Minuten am Pass oben an. Dort ist es frisch, aber nicht zu unangenehm kalt. Nach der Abfahrt wartet auch schon Martin mit der Mittagsverpflegung auf uns. Es wird gegessen, als hätten wir drei Tage Hunger gelitten. Am Tag 5 sind die Speicher definitiv leer.
Gestärkt geht es dann nach 10km welliger Anfahrt in den Passo di San Bernadino. Traumhafte Serpentinen, tolle Kulisse, nicht zu steil, nur leider wird es nun doch nass. Anfangs sind es noch ein paar Tropfen, doch während wir hochkurbeln ist es richtiger Regen. Ob man nun die Regenjacke anzieht und darunter schwitzt oder ohne Regenjacke hochfährt, wir kommen alle pitschnass oben an. Die Gaststätte oben hat leider geschlossen. Wir ziehen schnell noch alles an, was wir haben.
4 Jungs schicken wir vor, damit sie nicht unnötig im Kalten herumstehen. Schnell ist es richtig kalt, auf der Straße steht das Wasser. Als wir nach einigen Kilometern an einer Tankstelle ankommen, steht da Jörg schon unter. - Wir beschließen kurzerhand, uns aufzuwärmen. Es gibt heißen Tee und Kaffee. Wir Mädels zittern um die Wette, und draußen legt der Regen nochmal eine Schippe drauf.
Stephen versucht sein Glück bei Taxiunternehmen; aber niemand möchte 6 Radfahrer und ihre Räder mitnehmen. Es sind noch 49km bis zum Etappenziel und davon ca. 20 Abfahrt (also arschkalt). Als wir gerade überlegen, doch wieder weiterzufahren, taucht Gruppe 3 auf. Die sind nur zu viert; die anderen sind mit dem Bus mitgefahren und mittlerweile fast am Hotel. Genau das ist auch unsere Rettung. Martin lädt den Bus mit Gruppe 1 aus und kommt mit leerem Bus wieder zu uns, um 10 Räder einzuladen. Dazu bestellen wir noch ein Großraumtaxi. Passt! Keiner muss mehr in die bitterkalte Abfahrt.
Improvisation ist manchmal alles! Spaß hatten wir heute trotzdem und die Etappe wird so schnell sicher niemand vergessen.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Die fünfte Etappe beschreibt einen großen Bogen nach Norden. Wir könnten ja auch einigermaßen höhenmeteroptimiert entlang von Comer und Luganer See nach Bellinzona fahren, aber kann man Nein sagen zu einem Monument wie dem Splügenpass? Ein langer Anstieg, hochalpine Kulisse, meist wenig Verkehr ? was will man mehr. An der Passhöhe beenden wir das Italien-Gastspiel und sind zurück in der Schweiz, in Splügen erreichen wir das Hinterrheintal. Und fahren über den San-Bernardino-Pass wieder auf die Alpensüdseite zurück. Ausrollen können wir mit einer langen Abfahrt ins Tessin nach Bellinzona.