15.08.2023,
majortom:
"Der Titel für den heutigen Etappenbericht müsste sein: 'Ein perfekter Tag'", sagt Peter heute zu mir, als wir vom Col de Néronne in Richtung Salers rollen.
Ich muss zugeben: meine Erwartungen an das Cantal und den Pas de Peyrol, den höchsten Pass im Zentralmassiv, sind gemischt. 2018 waren wir mit
Freiburg-Arcachon hier, auf einer traumhaft schönen Etappe quer durch das Vulkanland der Auvergne von Clermont-Ferrand nach Aurillac. Der Pas de Peyrol unterhalb des Gipfels Puy Mary war das unbestrittene Highlight der Etappe, aber er war auch ein abschreckendes Beispiel für
Overtourism. Stau auf einem Pass, eine Fahrspur von parkenden Autos blockiert, das haben wir bisher nur 2018 am Pas de Peyrol erlebt. Dementsprechend hatte ich gestern bei der Etappenansprache vor möglicherweise surrealistischen Szenen gewarnt.
"Vous croyez qu'il y a du monde demain?" habe ich gestern noch einen Elektromountainbiker gefragt, der den Puy Mary bestens kennt, und der im selben Hotel in Saint-Flour war wie wir. Il y a du monde - wörtlich übersetzt heißt das "Da ist die Welt", aber gemeint ist damit soviel wie "Da ist die Hölle los." Seine Antwort:
"Oui, peut-être il y a un petit monde" - Ja, vielleicht ist da eine kleine Welt. Wird schon nicht so schlimm werden.
Der Experte war also optimistisch, also sind wir es auch. Und tatsächlich waren auch einige Touristen dort, aber es war kein Vergleich zu 2018. Was damals schon sensationell beeindruckend war, ist heute megasensationell beeindruckend. Nachdem am Morgen noch eine Gewitterfront durchgezogen ist, ist die Sicht vom hoch empor ragenden Cantal-Massiv heute überragend. Die Monts Dore sehen wir im Norden, da wollen wir auch noch hin, das ist ja Standard. Wie Stephans PeakFinder-App später beweist, können wir aber auch noch deutlich niedrigere Hügelketten im Limousin, mehr als 70 km entfernt, gestochen scharf erkennen. Vergleiche mit anderen europäischen Gebirgen, die wir schon kennen, seien es die Eifel, der Schwarzwald oder die baskischen Pyrenäen, laufen ins Leere. Das hier ist einfach einzigartig. Hochgebirgsatmosphäre im Mittelgebirge, Weitblicke, ein wunderbarer Anstieg im strahlenden Sonnenschein der Auvergne.
Peter hat nicht übertrieben: das war ein perfekter Rennradtag.