Zoncolan - wenn dieser Passname beim Giro d'Italia auf dem Programm steht, weiß der Radsportfan, dass hier die Vorenscheidung im Kampf um das rosa Trikot fallen kann und der Tag wird rot (oder besser rosa) im Kalender markiert. Und wenn er im Roadbook einer Quäldich-Reise steht? Dann ist er wohl nicht selten ein Grund dafür, genau diese Reise zu buchen - und gleichzeitig erfüllt er aber jeden mit einer gehörigen Portion Ehrfurcht. Und so setzte sich die Befahrung der Westseite des Zoncolan auch in den Hinterköpfen der Gäste während der ganzen Reise fest und der heutige Tag war der Tag des Scharfrichters.
Durch die vorherigen Herausforderungen an steilen Rampen (Turrbacherhöhe, Wurzenpass und Altopiano del Montasio) konnte jeder wissen, was ihn oder sie hier erwartet: genau das, nur länger! Und so entschieden sich 16 tapfere Radelnde, sich dieser Herausforderung zu stellen, während die restlichen 9 auf die längere, höhenmeterreiche, aber weit wengier steile Alternative gegangen sind. Während es in der sportiven Gruppe im Wesentlichen darauf ankam, wer zuerst oben ankommt, ging es bei den 10 Gästen in der Gruppe "Zoncolan stressfrei" nur darum, das Monster zu bezwingen. Bei vielen nagten die Zweifel, ob sie es schaffen würden oder ob sie im Anstieg aufgeben und umdrehen müssten. So ging es mit einer gewissen Anspannung und weitaus weniger lockeren Gesprächen zum Anstieg.
Die 25km bis Ovaro rollten wir in lockerem Tempo - bloß keine Körner bei der Anreise verschwenden! Und dann ging es rechts weg. Ein Anstieg ja, aber nicht übermäßig steil, in Liariis gar etwas abschüssig. Alles ganz locker. Dann eine Linkskurve. Und der Blick auf eine Wand. Der schwerste Teil mit seinen 900hm auf 6km lag direkt vor uns. Von nun an galt es, die Kurbel in Schwung zu halten und das Rad aufrecht. Bei Temperaturen um die 30°C ersetzte der Schweiß den Angstschweiß und alle kämpften sich die Rampen mit ihren teils über 20% hinauf. Nach knapp 7km folgten (mittlerweile beleuchtete!) Tunnel, deren kühle Luft neue Kraft verlieh. Nach den Tunneln der Blick hinauf: Da ist ja bereits der Gipfel. Und oben warteten die, die bereits vorgefahren sind, um jeden einzelnen Helden des heutigen Tages gebührend zu begrüßen. Und ein unerwartetes Begrüßungskommando aus Alpakas.
Am Ende waren alle Sorgen unbegründet: Alle 16, die ausgezogen waren, den Zoncolan zu bezwingen, haben selbiges auch erfolgreich getan. Mit jedem Teilnehmer, der oben ankam, wurden die Anfeuerungsrufe der Teilnehmer, die bereits oben waren, lauter. Besonders emotional wurde es, als Andreas, der am ersten Tag noch Zweifel an seiner Form hegte, in den Kehren unterhalb des Gipfels auftauchte. Auch er hat den Angstgegner in die Knie gezwungen und das Gruppenfoto der stressfreien Gruppe oben am Zoncolan war vollzählig und die Freude allen Teilnehmern ins Gesicht geschrieben.
Nach der Abfahrt ging es dann noch für diejenigen, die Lust darauf hatten, noch auf eine Extrarunde über die Forcella die Lius, die hier nur deshalb sehr kurz kommt, weil das Erlebnis Zoncolan so grandios war. Der Anstieg selbst war eher unspektakulär und endete an einer Kurve im Wald. Auf der quasi komplett verkehrsfreien, leicht abschüssigen Straße ins But-Tal kam hingegen ein toller Flow durch die entlang des Berghangs gebaute Straße auf. Während links die Blicke auf die Karnsichen Alpen fielen, überraschte uns plötzlich ein beeindruckender Wasserfall auf der rechten Seite. Schließlich endete das Ausrollen in einer kleinen Bar in Arta Terme und einem wohlverdienten Mahl samt Gelato. Ein rundum gelungener Tag auf dem Rad!