Eins sei vorweg genommen: Eure guten Wünsche haben geholfen, heute sind alle Teilnehmer unserer Ligurischen Alpen-Reise wohlbehalten zum Hotel zurück gekehrt. Das ist natürlich bei allem, was wir machen, die Hauptsache.
An ersten Etappen versuchen wir auf quäldich-Reisen gerne einen raus zu hauen, und schon ein echtes Highlight der Region einzubauen. Schließlich sollen ja alle, so noch nicht vorhanden, Zuversicht schöpfen, mit der Buchung das Richtige getan zu haben. Dies wäre bei dieser Reisegruppe gar nicht nötig gewesen, denn es sind ausschließlich Wiederholungstäter dabei, und die sind ohnehin zuversichtlich genug. Sie wissen schon, dass am Ende alles gut wird. Dennoch nehmen auch sie das erste Highlight der Region gerne in Angriff: den monumentalen
Passo della Teglia, mit 1375 m der höchste aus dem Arrosciatal hinaus führende Pass. Da wir von Meereshöhe starten, liegt hier ein richtiger Brecher vor uns. Mehr Höhenmeter macht man auch an manch deutlich berühmteren Alpenriesen nicht.
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majortom hat diese Reise geschickt komponiert, nachdem er 2019 diese Reise das erste Mal gemeinsam mit @
Henner geleitet hat, auf dessen Initiative wir diese Region überhaupt nur in unser Programm aufgenommen haben. Er hatte die dafür nötige Ortskenntnis. Und Tom versteht sich aufs beste darauf, das in einem solchen Rahmen Erfahrene möglichst schlüssig zusammen zu fügen. Danke euch beiden dafür! Das Geschick des heutigen Tages liegt daran, dass man auf die Ortskenntnis des gestrigen Prologs aufbaut, ohne viel doppelt zu fahren. Wir fahren hoch nach Albenga, biegen in das Arrosciatal ein, und ziehen dann über den Teglia den nächstnächstgrößeren Kreis im Vergleich zur gestrigen Einrollrunde. Denn der Teglia führt über den gleichen Kamm wie der gestern gefahrene fast halb so hohe
Passo del Ginestro, nur deutlich weiter westlich. Überhaupt, die Täler. Das Arrosciatal ist nur eines der größten der unzähligen Täler, die diese Alpenregion so stark zerklüften. Alle Täler und Seitentäler sind untereinander mit Passstraßen verbunden, und auf all diesen Pässen klingelt der alpine Passjagdzähler. Jan im Glück!
Jan wäre aber auch ohne die alpine Passjagd hier im Glück, denn Jan mag Pässe einfach. Warum, wird am Teglia wieder deutlich. Absolute Einsamkeit nach dem letzten Außenposten der Zivilisation in Rezzo, den wir für einen knappen Kaffeestopp nutzen. Schade, hier könnten wir länger in der Sonne verweilen. Die Straße nur einspurig, die Blätter grün, Konversation und Gesellschaft bereichernd. Auf einigen Metern fehlt der Asphalt, kein Problem in der Auffahrt. Ein Brunnen steht im nirgendwo, aus dem kristallklares, wohlschmeckendes Bergwasser sprudelt. Die letzten vier Kilometer durch dichten Wald führen uns 400 Höhenmeter nach oben. Anspruchsvoll. Rüdiger quält sich. Aber er lacht. Und oben... oben ändert sich schlagartig die Szenerie. Statt Wald auf einmal freie Almen, ein Blick in die Ferne, heute leider diesig, aber dennoch wunderschön. Weit blicken wir auf die Trasse der Westanfahrt, die einen ganz anderen Charakter hat.
Wir einigen uns auf die Pizzabestellung und bestellen für 9 Personen 5 Pizzen und eine Foccacia in Molini di Triora. Die Verpflegung ist etwas trickreich im dünn besiedelten, sich entleerenden Hinterland. Molini di Triora aber bietet einige Optionen, von denen wir die "Pizza d'Asporto Diva" wählen. Wo wir von der Passhöhe telefonisch vorbestellen. Das Ambiente an den Plastiktischen der Außenterrasse ist zwar fraglich, aber die Pizza sehr gut und schnell verfügbar. Italien! Sieben Tropfen Regen fallen auf das Zelt. Wir diskutieren die Abfahrt, die zwar schön, aber vom Belag her eine ziemliche Katastrophe war. Schade, die Schattenseite der unzähligen Straßen der Region ist natürlich, dass sie kaum zu unterhalten sind, und das versucht die Provinz Imperia offensichtlich schon seit geraumer Zeit nur noch an den breiteren und wichtigen Talstraßen. Aber wer fährt schon über den Teglia? Nur noch ein paar Jeeps, aber das merken wir erst jetzt.
Die entspannte Gruppe rauscht von hier aus höhenmeterfrei direkt hinunter zum Meer nach Arma di Taggia, wir streben nach zehn Kilometern schon wieder höheren Aufgaben zu: dem
Colle d'Oggia. Wieder überholt uns faktisch kein Auto, wieder liegt ein langer Anstieg von 900 Höhenmetern vor uns. In Gesprächen über die Alpen, die Walser, das Furkajoch, den Bregenzerwald und das kleine Walsertal führt mich Janina scheinbar mühelos zur Passhöhe, von der wir über das weit ausladende Vla Impero hinweg bis zum Mittelmeer blicken. Sven und Tom melden sich von hinten, die Ankunft verzögert sich aufgrund eines Plattens. Oh Mann! Wenn man den Guide einmal braucht. Immerhin kann ich Sven noch etwas Luft spendieren, als die beiden bestens gelaunt an der Passhöhe ankommen. Sie hätten aber einen guten Anwalt, sagt Rüdiger. Aber Rüdiger sagt auch, dass sein Licht an sei, weil er schon den ganzen Tag im Tunnel fahre.
Nun werden Höhenmeter vernichtet. Im ersten noch steilen Abfahrtsteil auf einmal hektisches Bremsen, aber es ist nur eine Kuhherde, die die Straße versperrt. Über den
Colle San Bartolomeo fahren wir weiter bergab, immer weiter bergab, kurz in den Impero-Talkessel hinein, den wir aber wenig später schon verlassen und über einen 140-Höhenmeter-Anstieg den
Ginestro erreichen, wo sich der Kreis zu gestern schließt Hier kamen wir gestern von links. Entsprechend kennen wir schon die ersten schlechten Meter der Abfahrt in Richtung Testico, entsprechend wissen wir schon, dass es in Testico eine belebte Bar gibt, die wir auf besonderen Kundenwunsch zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ansteuern, die da sind: caffè.
Diese fünf Kilometer sind aber die einzige Überschneidung zu gestern. Die Abfahrt ist nicht weniger schön als die gestern gewählte Höhenstraße. Durch lichtdurchflutete Olivenhaine fahren wir Richtung Meer. Unten raus fehlt leider etwas das Gefälle, so dass es doch noch einmal anstrengend wird in der Jagd auf die drei Ausreißer.
Nun springen wir nur noch ein drittes Mal über den heute schon zweimal gequerten Höhenrücken. Hier unten, kurz vpor dem Meer, bedeutet der Anstieg zur
Colla Micheri aber nur noch 160 Höhenmeter. Nach 130 km und 2700 Höhenmetern erreicht die ausdauernde Gruppe um 18:40 Uhr das Ziel.
Keinmal gestresst, ganz viel erlebt und alle heile angekommen!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wir kombinieren den Passo di Teglia mit dem Colle di Oggia und erleben so ein fantastisches Ligurisches Pässedouble. Bei der längeren Variante fahren wir also vom Teglia nicht bis zur Küste ab, sondern schließen den zweiten Pass an. Der Rückweg führt uns über den Passo del Ginestro und das Merula-Tal in den Badeort Andora, wo mit Colla Michieri noch eine allerletzte Bergwertung ansteht - wir erreichen Laigueglia heute also von oben!