12.05.2023,
Jan:
Gestern Abend habe ich mit Matthias und Matthias noch eine Alternativrunde nach Finale Ligure über den
Pian dei Corsi diskutiert und entschieden, weil der Regen heute über Sanremo runterkommen sollte, und so die Etappe über
Cipressa und
Poggio di San Remo arg viel Selbstkasteiung bedeutet hätte. Heute lag die Reisegruppe aber in Laigueglia wach, weil das Wetter schneller war als erwartet und in Form von Gewitter auf uns nieder ging. Schlafend oder eben nicht mehr schlafend.
Aufgrundddessen heute Planänderungsänderung und: wir fahren doch nach Sanremo. Der Regen sitzt jetzt über Finale Ligure. Und der Wind kommt von hinten bis Sanremo. Auf der Cipressa gehe ich zwangsläufig all-in: meine Schaltung schaltet nicht mehr, und ich kette 52:16. Geht. Recht schnell sogar, ich habe gut geschlafen nach dem Gewitter. Blut, Schweiß und Tränen zurückliegender Rennradprofi-Generationen. Hier motivieren sie auch mich! Oben caffè.
Am Poggio geht die Schaltung wieder, und ich kann noch schneller fahren. Leider wird am Poggio, genauer an der Bar Olimpia, wo wir Panini essen, dann mein Rad von einer Windböe umgeschmissen. Nach der ausschweifenden Fotosession an DER Telefonzelle zieht es uns Richtung
Passo Ghimbegna. Leider geht meine Schaltung jetzt gar nicht mehr, besser gesagt: der linke Schaltgriff will keine Kommunikation mit der Schaltung aufnehmen. Elektronik :-[ Aber ich programmiere die Schaltung zweimal um, schalte so aufs kleine Blatt und kann nun allein mit dem rechten Schalthebel hinten schalten, wie es laut Werkseinstellungen auch vorgesehen ist. Das dauert aber, währenddessen meine Gruppe bei Nieselregentendenz auf mich wartet.
Nieselregentendenz ist dabei eine gute Nachricht, denn als wir in Ceriana einrollen, sehen wir die Regenwand vor uns. Italiener kommen uns entgegen und warnen uns vor Regen. Glücklicherweise fragt uns Marc, ob wir uns das antun wollen, und schon drehen wir um, um uns in Ceriana ein Bild vom Wetterradar zu machen. Der Regen zieht ab, also fahren wir bald weiter. Nass werden wir nur von unten.
Der
Passo Ghimbegna ist sehr nett, und die Auffahrt im Nebel direkt kontemplativ. Die B-Variante ziehen wir lieber nicht, da wir von Gruppe 1 schon wissen, dass der
Monte Ceppo in der Abfahrt fast nicht mehr fahrbar ist. So genießen wir die Auffahrt, und ich kann dank meines langen Mechaniker-Eingriffs ein wenig Gruppe 3 vor die Linse bringen, und auch einige Wort mit Matthias, dem Guide von Gruppe 3 wechseln.
Die Abfahrt hinunter ins Argentina-Tal ist aber auch ziemlich abenteuerlich. Schlaglöcher und Tannennadeln machen die Abfahrt zu einem langen, schleichenden Vergnügen. Dafür rollt's im Argentinatal um so besser. In Arma di Taggia kommt es wie es kommen musste: auf dem Radweg empfängt uns ein Gegensturm der unfreundlichen Sorte. Aber der Radweg ist toll!
Und vierzig Kilometer, Capo Berta, Capo Cervo, und Capo Mela später, sind wir wieder in Laigueglia beim hochverdienten Schmutzbier nach einer tollen Woche, bei der man überhaupt nicht (wie anderswo diskutiert) von Wetterpech reden kann. Kaum nass geworden, alles gemacht, was ging! Sehr empfehlenswert!
Ursprünlcihe Etappenbeschreibung
Was wären die Ponente ohne Mailand-Sanremo!
La Primavera, einer der ganz großen Klassiker, eines der fünf Monumente des Radsports. Die Dramaturgie des Rennens: Nach fast 300 Kilometern entscheidet sich an zwei Hügeln kurz vor dem Ziel, Cipressa und Poggio, ob auf der Via Roma in San Remo die Sprinter den Sieg unter sich ausmachen, oder ob ein Puncheur jubeln kann, der in den letzten beiden Anstiegen das Feld mit einer Attacke entscheidend distanzieren kann. Wie dem auch sein, spätestens am Poggio muss man
all in gehen, das Taktieren hat ein Ende und die Beine müssen sprechen.
Die heutigen Etappe haben wir also Mailand-Sanremo gewidmet und wollen den finalen Abschnitt des Rennens selbst erleben. Die Strecke trifft, von Mailand über den Apennin kommend, westlich von Genua auf die ligurische Küste, und folgt dann der Via Aurelia. Sie führt also auch durch Laigueglia, und wir können direkt vom Hotel aus auf der Originalroute einsteigen. Mehr noch: von Laigueglia geht es hinauf zum Capo Mele, das den hügeligen Schlussabschnitt einläutet. Es folgen Capo Cervo und Capo Berta, bis es dann von San Lorenzo di Mare aus hinauf zur Cipressa und anschließend in den Poggio geht. Spätestens hier kann man sich der Faszination wohl nicht mehr entziehen. Gänsehaut-Feeling ist vorprogrammiert.
Am Poggio verlassen wir dann die Originalroute, verzichten auf die letzte Abfahrt nach San Remo - auf uns warten ja auch keine jubelnden Fans. Wer möchte, kann den Abstecher natürlich gerne noch machen - eine Kaffeepause auf der Via Roma ist sicher auch schön. Was kaum jemand weiß: der Poggio ist eigentlich nur der Aufgalopp zum schönen Passo Ghimbegna. Hier sind wir dann schon wieder im einsamen Hinterland angekommen. Dann fahren wir ab nach Arma di Taggia. Auf dem Rückweg verzichten wir lieber auf die Cipressa und nehmen stattdessen den tollen Bahntrassenradweg entlang der Küste.