04.09.2021,
B-Schraube:
Es gibt Dinge, über die redet man erst wenn sie nicht gut sind (sogenannte «Hygienefaktoren»). Dazu gehört auch das Wetter. Und deshalb soll an dieser Stelle fairerweise mal gesagt sein: Bisher war das Wetter grösstenteils gut bis hervorragend. Am Vorabend zur heutigen Etappe waren die Prognosen mittelmässig bis schlecht - die Frage schien nicht ob, sondern wann wir geduscht würden. Keine tollen Aussichten, zumal das Dach der Tour, die über 2800 Meter hohe Cime de la Bonette, auf dem Programm stand. Deshalb, und auch aufgrund des gleich nebenan stattfindenden Motoradfestivals, wurde entschieden, den Start eine halbe Stunde vorzuverlegen.
Durch einige Regentropfen begleitet fahren wir erst nach Jausiers hoch, um dann die 1500 Höhenmeter an Anstieg zum Col de la Bonette in Angriff zu nehmen. Mittlerweile zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen, welche den noch nassen Asphalt glänzen lassen - eine traumhafte Kulisse. Das Wetter hält, und die düsteren Befürchtungen von einstelligen Temperaturen bei Regen auf 2800 Metern über Meer sind in weite Ferne gerückt, so dass sich die Strecke gleich leichter fährt. Oben angekommen ist es dann doch etwas frisch, so dass sich die meisten mit einer kurzen Pause begnügen und alles anziehen, was die Rückentaschen hergeben. Sehr willkommen ist auch das spontan eingerichtete Zeitungsdepot - kleine Sache, grosse Wirkung! Die Abfahrt ist eine der schönsten der Alpen, wird sie doch von weiten Kurven anstatt engen Serpentinen geprägt und ist nicht allzu steil. Dazu kommt der nahezu perfekte Belag, so dass man es wunderbar rollen lassen kann.
In Saint-Etienne-de-Tinée wartet bereits die Verpflegungsstelle auf uns, welche auch fleissig zum Kleidungswechsel genutzt wird. Danach geht es mehrheitlich bergab (und wieder einmal gegen den Wind) ins Ziel. Für alle? Nein, einige Unbeugsame hängen noch tausend Höhenmeter dran und bezwingen den wunderbar einsamen Col de la Sinne, an welchem man die übrigen Verkehrsteilnehmer an einer Hand abzählen kann. Belohnt werden in Puget-Théniers alle mit einer herrlichen Paella, welche bereits auf dem Heimweg zum Hotel als legendär bezeichnet wird.
Checkliste:
- Schier unfassbares Wetterglück: Check
- Legendäre Paella zum Abendessen: Check
- Rennradfranzösisch für Anfänger: der Motoradfahrer (in der Schweiz «Töfffahrer») - le motard
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Wir sind schon wieder zurück auf dem Weg nach Nizza. Die Verkehrsschilder weisen darauf hin: eigentlich müssten wir nur noch über den Col de la Bonette und dann das Var-Tal hinab, um zu unserem Ausgangspunkt an der Côte d'Azur zurückzukommen. Nur noch der Col de la Bonette? Das ist natürlich untertrieben, denn der Pass - von dem man noch die auf über 2000 m Höhe hinauf führende Zusatzschleife Cime de la Bonette fahren sollte - ist allein schon aufgrund seiner Länge ein harter Brocken. Oben dann wieder: Ausschilderung nach Nizza. Doch wir sind noch nicht fertig, und es wäre viel zu schade, die Schönheiten links und rechts des Var-Tals auszulassen. Wie beispielsweise den einsamen Col de la Sinne auf dem Weg in den Etappenort Puget-Théniers.