Matterhorn-Umrundung

Es ist gar nicht so leicht, in den Hochalpen weitgehend unbekannte, aber dennoch monumentale Pässe zu finden. Die ersten beiden Etappen widmen wir daher den Entdeckungen im Wallis, dem Rhonetal mit den Berner Alpen im Norden und den Walliser Alpen im Süden. Hier finden wir gleich am ersten Tag einen Pass, der sogar ziemlich deutlich die magische Schallmauer von 2000 Meter durchbricht - den 2174 hohen Col de la Croix de C?ur. Hierfür fahren wir zunächst ein Stück auf der Grand-Saint-Bernard-Passstraße, verlassen aber dann die ausgetretenen Pfade und fahren den langen, schönen, einsamen Pass. Eine serpentinenreiche Abfahrt bringt uns ins Wallis zurück, und eigentlich haben wir nun nach 55 km unser Tagwerk fast schon vollbracht. Vom Tagesziel in Brig trennt uns nur noch die überwiegend flache Passage durchs Rhonetal - teils auf dem Radweg, teils auf wenig befahrenen Nebenstraßen.

Der zweite unbekannte 2000er-Pass in den Walliser Alpen ist die 2048 m hohe Moosalp. Abermals lohnt es sich wegen der ruhigen, abgelegenen Passstraße und den tollen Ausblicken auf die Berner und Walliser Alpen. Vielleicht bietet kein anderer Alpenpass Blicke auf so viele 4000er. Allein auf der Südseite soll man sieben 4000er der Walliser Alpen sehen können. Vor den langen Etappen der kommenden Tage kann man sich heute noch ein wenig mehr Entspannung gönnen und einfach nur die Moosalp als Rundtour ab Brig fahren.

Heute verlassen wir die Schweiz und fahren auf die Südseite der Walliser Alpen, über den Simplonpass Richtung Domodossola. Kurz: Nach Italien! Der Simplonpass, ebenfalls im illustren Club2K der 2000er-Alpenpässe, ist als Transitstrecke verschrien. Aber das ist nur die halbe Nachricht, denn mehr als die Hälfte des Passes kann man auf der praktisch verkehrsfreien alten Passstraße fahren. Nur für die letzten neun Kilometer müssen wir auf die Hauptroute einbiegen, aber dann trägt uns die Euphorie hinauf. Die Grenze nach Italien überfahren wir dann in der langen Abfahrt, an die sich eine flache Passage im Toce-Tal und dann entlang des wunderschönen Lago d'Orta anschließt. Die Etappe endet in Borgomanero am Südrand der Alpen.

Spätestens mit dieser vierten Etappe begeben wir uns in Gefilde, die nur wenige Rennradfahrer kennen: die Panoramastraßen am südlichen Alpensaum, die bei schönem Wetter hervorragende Aussichten in Richtung der Poebene und auch der Cottischen Alpen bieten. Nach hügeligem Auftakt führt uns der erste lange Anstieg über die wunderschöne Panoramica Zegna hinauf nach Bielmonte. Bei gutem Wetter genießen wir hier Weitblicke über die Poebene, die man nicht für möglich hält. Die Monte-Rosa-Südwand zeigt uns, wie klein wir sind. Dann fahren wir am Südrand der Alpen entlang, bis wir schließlich ins Tal der Dora Baltea, aus dem Aostatal kommend, abfahren. Etappenziel ist Rivarolo Canavese.

Heute ist es soweit. Wir bleiben noch eine Nacht in Rivarolo, aber diese Tour sollte, ihrer Länge zum Trotz, jeder mitmachen. Der Colle del Nivolet steht auf Rang eins in der Favoritenliste von quäldich-Gründer Jan, und das aus gutem Grund. Bis auf 2612 m Höhe klettern wir auf einer mehr als 50 km langen Auffahrt durch alle Vegetationszonen bis ins herrlich einsame Hochgebirge. Endlich im quäldich-Programm!

Im Grunde genommen geht es heute nur das Aostatal hinauf. Bis Aosta. Doch wir fahren einen Anstieg, auf den wir eigentlich verzichten könnten, der aber dennoch ein besonderer Moment unserer Reise wird. Von der Passhöhe des Col de Saint-Pathaléon sehen wir die italienische Südseite des Matterhorn am Gebirgskamm prangen. Im Tal weichen wir weitestgehend der stark befahrenen Staatsstraße aus und sind meist auf verkehrsarmen Nebesntrecken unterwegs.

Auf der letzten Etappe fahren wir vom Aostatal ins Wallis zurück, überqueren abermals das mächtige Massiv der Walliser Alpen. Wir tun dies über einen auch schon in Vorzeiten bedeutsamen Alpenpass: der Col du Grand Saint Bernard. Wie der Simplonpass ist auch er ein Transitpass, doch auf der Südseite kann man die Hauptstraße bis auf ein kurzes Stück komplett meiden und stattdessen nahezu verkehrsfrei fahren. Im oberen Teil genießt man dann die felsige Hochalpenlandschaft, wenn die Hauptstraße im Tunnel verschwunden ist. Und dann geht es in rauschender Abfahrt zurück nach Martigny.