Die Cape Town Cycle Tour ist das größte Radrennen der Welt, vielleicht auch das Radrennen mit der schönsten Strecke der Welt, vielleicht auch das mit der schönsten Stimmung der Welt. Auf jeden Fall ist die Veranstaltung herausragend organisiert, und die entspannte südafrikanische Mentalität omnipräsent. Alles ist leicht und selbstverständlich! Als Roberto 2020 hochkonzentriert und mit der Stirn in Furchen mit dem Rad zum Start ging, rief ihm eine junge Ordnerin zu: „Hey, relax! It’s your day today!“
Aufgrund all dessen stellt die Cape Town Cycle Tour, früher bekannt als Cape Argus, einen großen Magneten für Radsportler aus aller Welt dar. Bis zu 35.000 Radsportler:innen stehen am Start. Einmal im Leben die Cape Town Cycle Tour zu fahren ist für viele die Motivation, überhaupt nach Südafrika zu fahren, aber der weite Flug lohnt sich natürlich nur, wenn man die Veranstaltung mit einer Reise durch das Land kombiniert. Darum führt unsere einzige Rennrad-Fernreise nach Südafrika, nach Kapstadt. Unsere Reise bleibt in der Nähe der Mother City unterhalb des Tafelbergs und bereist das direkte Umland, die Cape Winelands, in einer Rundfahrt mit sieben Etappen, die durch vielfältige Kulturlandschaften ebenso wie durch karge Halbwüsten führt und auf engstem Raum einen kaleidoskopischen Einblick in das schillernde Land bietet. Es ist eine von zwei Reisen, die ich jedes Jahr wieder für quäldich begleite, und die mich immer wieder aufs Neue begeistert. Es ist eine Reise, die auch du zeitlebens nicht vergessen wirst.
Da wir häufig nach der Garden Route gefragt werden, möchte ich mit diesem Blogbeitrag erläutern, warum unsere Rennradreise in die Cape Winelands das passende Rahmenprogramm für die Cape Town Cycle Tour ist, und warum man die Garden Route lieber mit dem Auto macht.
Bild oben: Kommetjie vor der Hout Bay, auf unserer Einrollrunde in Kapstadt bei der quäldich-Rennradreise Südafrika und Cape Town Cycle Tour.
Beschäftigt man sich, etwa über eine Google-Suche nach „things to do around Cape Town“, mit einem möglichen Rahmenprogramm für die Cape Town Cycle Tour, so trifft man zwangsläufig auf das Schlagwort Garden Route. Die Garden Route ist nämlich eines der touristischen Aushängeschilder der Region. Sie führt von Port Elizabeth immer in Küstennähe über Knysna, Wilderness, Mossel Bay und Hermanus nach Kapstadt und passiert auf 750 Kilometern einige der bedeutensten Touristenattraktionen der Kapregion. Immer wieder werde ich von Interessierten gefragt: „Warum macht ihr nicht die Garden Route? Alle machen die Garden Route!“ Fragen, die ich selber nicht beantworten kann, gebe ich an unser Team vor Ort weiter, und Daneel, der für uns in Kapstadt die Fäden in der Hand hält, sagt dazu einfach ungläubig: „Garden Route? That’s something you do by car!“ Also antwortete ich bisher: „Die Garden Route macht man besser im Anschluss an unsere Tour mit dem Auto, sagt Daneel!“. Da die Interessierten es aber von mir wissen wollen, ist diese Argumentation etwas schwach – ein Selbstversuch musste her. Diesen Selbstversuch habe ich in den letzten Tagen durchgeführt und kann Daneels Überzeugung bestätigen.
Unten gehe ich auf den Selbstversuch an der Garden Route etwas näher ein. Zunächst möchte ich dir aber einen Einblick gewähren in unsere wunderschöne Rennradreise durch die Cape Winelands rund um Kapstadt, die du zeitlebens nicht vergessen wirst.
Nach dem Hinflug verbringen wir zwei Nächte im umtriebigen Stadtzentrum von Kapstadt, die uns Raum geben für eine mit Bedacht kurz gehaltene Einrollrunde am Kap der Guten Hoffnung. Sie ist kurz gehalten, um die Akklimatisierung zu erleichtern. Wir kommen mitten aus dem europäischen Winter, hier unten herrscht Spätsommer, der am Atlantik sehr angenehm ist, im Hinterland aber heiß werden kann.
Heute sehen wir schon einmal die Highlights der Cape Town Cycle Tour: der weltbekannte Chapman’s Peak Drive ist eine der schönsten Küstenstraßen der Welt. Fährt man die Cycle Tour als Rennen (was man kann, aber nicht muss), ist dieser vorletzte Anstieg brutal. Hier musste ich letztes Jahr die Spitzengruppe meiner Altersklasse ziehen lassen. Erstteilnehmenden rate ich aber dazu, sich Zeit zu lassen. Dann tritt die sportliche Herausforderung zugegebenermaßen in den Hintergrund: die Strecke ist zu schön für den Tunnelblick, und so sehen es auch 99 Prozent der Startenden.
Das Schöne: auf unserer Einrollrunde befahren wir Chapman’s Peak Drive ganz entspannt von beiden Seiten. Wer will, fährt dann noch zu den Misty Cliffs, der für mich schönsten Stelle des Rennens direkt am Atlantik, die durch ein beständiges Mikroklima und die anpeitschenden Wellen in ständige Gischt gehüllt wird. Suikerbossie, der letzte Anstieg des Rennens und dort für viele der Scharfrichter, ist auf unserer Einrollrunde nur ein Zwischenziel. Wir fahren noch sportlich zum Kloof Nek zwischen Lion’s Head und Tafelberg und betrachten Kapstadt, die Metropole am Kap der Guten Hoffnung von oben.
Anderntags geht es dann richtig los. Wir entfernen uns vom Tafelberg, den wir am Table View noch einmal durch einen Yellow Frame betrachten können. Nach dem obligatorischen Gruppenbild tauchen wir in die Cape Winelands ein, erreichen die sehenswerte Universitäts- und Weinstadt Stellenbosch mit holländischem Ursprung und jahrhundertealter Geschichte. Wir nehmen uns die Zeit für einen Café und genießen die Atmosphäre, bevor mit dem Helshoogte Pass der erste Pass der Rundfahrt ansteht, der uns nach Franschhoek führt, selbsternannte Perle der Cape Winelands und erster Etappenort, wunderbar eingebettet in ein dolomiteskes Felsatrium, das über die Weinberge wacht. Leider müssen wir uns am nächsten Morgen schon wieder losreißen von dieser Idylle, können sie aber nochmals in aller Ruhe im Anstieg zum Franschhoek Pass beobachten. Es ist der sportlich anspruchsvollste Anstieg der Tour und erreicht mit 700 Höhenmetern einen alpinen Charakter, in dem sich die Dolomiten mit Weinbergen vereinen.
Oben erreichen wir schlagartig die charakteristische Fynbos-Vegetation, die uns überall dort begleitet, wo Boden und Klima für die Landwirtschaft schwierig sind. Mit ganz viel Flow erreichen wir das weite, fruchtbare Tal des Breederiviers rund um Worcester, an dessen Hängen wir im Goudini Spa unterkommen. Die großartige Aussicht über das Tal gipfelt in einem fulminanten Sonnenaufgang am nächsten Morgen, den zu genießen uns unsere Gastgeber mit einem frühen Frühstück ermöglichen.
Solcherart gestärkt überbrücken wir die folgende verkehrsbelastete Passage geduldig. Wir haben einen breiten Seitenstreifen zu unserer Verfügung, und jede Gruppe ist nach hinten durch ein eigenes Begleitfahrzeug abgeschirmt. So ist die Fahrt sicher, und notwendig, um die weiteren Highlights zu erschließen, die heute und am Folgetag auf uns warten. Das schöne Bonnievale zum Beispiel, in dem Aprikosen und Wein üppig wachsen, und die schroffe Coghmanskloof, die uns nach Montagu führt. Montagu ist eine Blütenoase an der R62, einer unter Autotouristen berühmten Straße, die von hier weiter in die Halbwüste der kleinen Karoo führt, für uns aber wegen des fehlenden Seitenstreifens keine Option darstellt. Wir genießen die Oase für eine Nacht und stärken uns für die Königsetappe: die 193 Kilometer des Folgetages führen 160 Kilometer lang durch das absolute Nichts.
Auf den ersten 50 Kilometern zum Roihoogte Pass passieren wir noch einige Aprikosen-Farmen, danach wartet die Weite Afrikas, eine Erfahrung, die man nicht beschreiben, aber auf dieser Reise erleben kann. Eine Erfahrung, die uns über uns herauswachsen lässt. Nach 160 Kilometern der erste Ort, Ceres, dann Schaulaufen nach Tulbagh, einem weiteren wunderbar blühenden Ort inmitten von Felstürmen und Weinbergen. Was für ein fruchtbarer Kontrast zur kilometerlangen Halbwüstenerfahrung der Königsetappe. Ein weiteres tolles Abendessen wartet im Tulbagh Hotel auf uns. Überhaupt… die Küche Südafrikas… zum Träumen! Die fünfte Etappe unserer Rundfahrt führt nach Paarl und steht ganz im Zeichen eines meiner Lieblingspässe weltweit.
Der wunderbare Bainskloof Pass ist mit seinen bizarren Felsformationen landschaftlich einzigartig. Und schon müssen wir Abschied nehmen von den Cape Winelands. 2023 wurden wir auf der letzten Etappe von der Polizei zurück nach Kapstadt begleitet. Was für ein Gefühl, nach sechs Etappen wieder nach Kapstadt zurück zu kommen, auf den Tafelberg zu zu fahren, der vor uns immer größer wird. Die Rundfahrt beschließen wir mit einem Sprung in den Infinity-Pool des Radisson-Hotels an der Waterfront.
Nach einem Tag zur eigenen Verfügung in Kapstadt wartet dann die Cape Town Cycle Tour, das vielleicht schönste Radrennen der Welt, als Krone dieser wunderschönen Rundfahrt.
Ich würde mich freuen, sie dir im März 2024 zeigen zu können!
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Angetrieben von meiner Fragestellung, ob die Garden Route mit dem Rennrad machbar ist, fuhren wir also gemeinsam mit Daneel und seiner Familie nach Oudtshoorn, was etwas innerhalb des Landes an einer alternativen Parallelstrecke zur Garden Route liegt. Oudtshoorn ist ein umtriebiges Landwirtschaftszentrum mit Straußenweiden und Weizenfeldern so weit das Auge reicht. Nach einem sehr guten abendlichen Straußensteak im Nostalgie-Restaurant führt uns der erste Tag unseres Scoutings über den Robinson Pass nach Mossel Bay am Indischen Ozean und weiter auf Nebenstraßen nach George, dem größten Ort an der Garden Route mit eigenem Regionalflughafen. Der Weg nach Mosselbay führt durch steppenartige Wildnis, die typischen Fynbos-Bodendecker, vereinzelt durchsetzt mit den berühmten Protea-Pflanzen lösen die fruchtbare Kulturlandschaft ab. Der Verkehr ist gering, und das Erlebnis vergleichbar mit dem ersten Drittel unserer Königsetappe von Montagu nach Tulbagh. Die Weiterfahrt nach George erfolgt unspektakulär auf einer Nebenstraße, der R102. Ende der ersten Etappe. Am nächsten Morgen befahren wir den spektakulären, 800 m hohen Outeniqua Pass. Oben müssen wir umdrehen, weil die theoretisch mögliche Weiterfahrt zurück in Richtung Oudtshoorn zu gefährlich ist: viel Verkehr und kein Seitenstreifen, eine in Südafrika unmögliche Kombination. Also drehen wir um, erleben eine rasante Abfahrt und fahren über die sehenswerte Seven-Passes-Road nach Wilderness. Wir erleben nur drei der sieben Pässe, weil die Weiterfahrt nicht asphaltiert ist. In Wilderness haben wir dann, nach eineinhalb Etappen, das Ende dessen erreicht, was man entlang der Garden Route mit dem Rennrad machen kann. Denn ansonsten gibt es hier nur die N2, eine in Teilen als Autobahn ausgebaute Schnellstraße, die zwar mit dem Rennrad befahren werden darf, aber nicht überall einen Seitenstreifen aufweist. Die 47 Kilometer von Wilderness nach Knysna erweisen sich als Nervenprobe und wir entschließen uns, die eigentlich für den Folgetag geplante Fortsetzung des Scoutings nach Plettenberg Bay zu unterlassen. Wir haben genug von der N2. Genug vom Rennradfahren auf Autobahnen. Auch die oben angesprochene Alternativroute über Oudtshoorn ist wegen fehlender Seitenstreifen und vieler Trucks nicht machbar. Dieser Teil des Landes ist den Autos und Motorrädern vorbehalten. Es ist nicht das passende Terrain für eine Rennradreise.
Für mich waren diese Tage eine schwierige Investition. Einerseits bin ich froh über die gewonnenen Erkenntnisse, andererseits verbringen wir hier unten auch gerade unseren stark herbeigesehnten Urlaub. Und den stelle ich mir nicht auf Autobahnen vor.
Anstatt mit dem Rennrad nach Plettenberg Bay fahren wir also mit dem Auto zurück nach Kapstadt. Zum Abschluss fahren wir ab Paarl noch die Runde über DuToitskloof Pass und meinen geliebten Bainskloof Pass, bevor wir zurück nach Europa müssen. Endlich zurück in den Cape Winelands! Endlich Rennradfahren auf entlegenen, gering befahrenen Straßen. Zwischen Weinbergen und Bergmassiven.
Endlich Rennrad-Urlaub!
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