30.07.2023,
H11i:
Gestern Abend traf sich eine kleine, feine Gruppe – Durchführungsgarantie! – von Leuten mit einer Vorliebe fürs Radfahren in Grenoble zum Abendessen. Da abends Regen angekündigt war, haben wir drinnen gespiesen, flankiert von zwei Flachbildschirmen. Tahiti Fashion Week oder wahlweise Carrera Cup konnte mit einem Auge mitverfolgt werden. Was es zu essen gab, weiss ich nicht mehr.
Da einige eine weite Anreise hatten, zeigte sich am Frühstücksbuffet. Verhalten wurde der Saal aufgesucht, erstmal richtig ausschlafen. Danach der gewohnte quäldich-Ablauf: Gepäck in den Bus, Strecke auf dem Garmin laden, Vorherfoto, einklicken, «habt eine gute Etappe», los. Erstmal gemächlich durch Grenoble. Geht auch nicht schneller, denn es kommt öfter mal eine Ampel. Vertieft in philosophische Gespräche verpasst Frank den ersten Abzweig, dann den zweiten, den dritten…die vereinte Kraft von 11 Navigationsgeräten führt uns schliesslich doch zum Anstieg zum Saint Nizier du Moucherotte. Am Berg das gegenseitige Beschnuppern, wer wie Rad fährt und das Weiterspinnen der philosophischen Gedanken. Werbetafeln am Strassenrand bewerben die Region des Blauschimmelkäses und langsam tut sich die Aussicht über Grenoble auf. Wattiert mit Wolkenresten, die sich durchs Panorama ziehen. Die Abfahrt nach 850 Hm Anstieg zeigt sich lieblich, leicht abfallend bis Villard de Lans. Ab da ist es nicht mehr weit und wir tauchen ein in die Schlucht «Gorges de la Bourne». Und mit uns ganz, ganz viel Verkehr. Dieser lichtet sich mehr und mehr und die Felswände um uns türmen sich in die Höhe, gigantisch. Von Pont-en-Royans noch 10km leicht bergan zur Mittagsverpflegung bei der Picknickbank. Diese ist allerdings durch einen umgefallenen Baum, verursacht durch das Unwetter der letzten Nacht, bereits besetzt. Halb so schlimm, unser Fokus liegt bei Nataschas und Anikos Buffet, mniammniam.
Nach dem Essen ist vor dem zweiten Teil der Etappe. Der begrüsst uns gleich mit leichten Steigungsprozenten hinauf zum Col de la Machine. Doch wir wissen, oben gibt es ein Kaffee. Wir machen Slalom zwischen Steinen und Ästen. Mal sind sie kleiner, mal grösser, mal mehr, mal weniger. Oben eröffnet sich uns das nächste Panorama. Was kann das diese Woche denn noch toppen?
Wir lernen die französische Kaffeekultur kennen und stellen fest, dass diese eine andere ist als die unsere. Aber Hauptsache Koffein, denn es geht noch weiter. Weiter über den Col de Lachau, Col de St. Alexis und den Col de Rousset (hier schlägt das Defekt-Monster zum ersten Mal zu, es hat einen Schaltzug durchgebissen). Dann 20km Abfahrt nach Die. Nochmals ein überwältigender Ausblick und eine nicht enden wollende Abfahrt zum Hotel des Alpes, wo unsere beiden guten Seelen einen Snack bereitgestellt haben.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Der Vercors. Er steht im Schatten der nahen Dauphiné-Hochalpen, ist aber das bekannteste und wohl auch spektakulärste der Voralpenmassive Frankreichs. Das liegt natürlich an den atemberaubenden Schluchtenlandschaften, die wir auf der ersten Etappe unserer Tour du Dauphiné kennenlernen möchten. Wir starten direkt in den ersten Anstieg nach Saint-Nizier-du-Moucheroutte, das nach ca. 18 km und 1000 Hm erreicht ist. Über die überraschend liebliche Hochebene des Vercors fahren wir bis Villard de Lans, von wo aus es die herrliche Schlucht Gorges de la Bourne hinab geht. So gelangen wir an den Ostrand des Massivs, und nach einigen Kilometern in südlicher Richtung geht es wieder bergauf. Zunächst recht unspektakulär bis zum Col Gaudissart, doch gleich im Anschluss wird die sensationelle Combe Laval gefahren, wo die Straße in abenteuerlicher Weise in die senkrechte Steilwand gebaut wurde. Auf den restlichen Kilometern ist dann Durchhaltevermögen angesagt. Über hügeliges Gebiet dringen wir weiter nach Süden vor bis zum Col de Rousset, der uns eine tolle lange Abfahrt ins Drome-Tal beschert.