02.08.2023,
H11i:
Aus diversen Gründen, der Hotelmanager hat es mir gestern ausführlich erklärt, auf französisch, kann erst ab 07.30 Uhr gefrühstückt werden. Die Andeutung, dass die Etappe vielleicht erst um 09.30 Uhr gestartet wird, wird gekonnt überhört. Die fehlende halbe Stunde bringt somit manche Morgenroutine durcheinander.
Heute ist quasi Ruhetag, Ziel: Alpe d’Huez. Die Empfehlung, die Variante mit Anfahrt über les balcons d’Auris zu machen, überzeugt alle. Wer will, kann auf dem Weg dahin den Col du Galibier als Stich mitnehmen, sodass zu den geplanten 73km mit 2100Hm 16km und 800 Hm dazukommen.
Vor dem Start singen wir inbrünstig «Happy birthday to you…» für unser Geburtstagskind. Naja, eher Geburtstagsmann.
Der Col du Lautaret kann im Fachjargon als «Rollerberg» bezeichnet werden. Kette rechts, das kleine Kettenblatt schonen. Aus kalten Hosen gestartet sind die Beine jetzt gut durchblutet. Wir geniessen die morgendliche Kühle auf Rund 2000 m. ü. M. Wenige entschieden sich dazu, dem Galibier einen ersten Besuch abzustatten. Das Spielchen mit Gegen- und Rückenwind kennen wir bereits. Oben erwartet uns ein regelrechtes Gewusel von Autos, Motorrad- und Radfahrern. Schlange stehen für ein Foto mit dem Passschild. Same way back, erstmal 600 Hm in die Tiefe bis zum Col du Lautaret, weiter in Richtung La Grave. Die Mittagsverpflegung ist in der Regelplanung bei Km25, eher früh und mitten in der Abfahrt. Niemand rauscht vorbei. Das Hungergefühl nicht so gross wie in den letzten Tagen, reicht ein kleiner Imbiss. Nochmals 20km immer leicht bergab bis Le Freney d’Oisans, was für ein Ding. Dann ändert sich das Profil rasant, eine 2,5km lange, rot eingefärbte Passage im Roadbook. Die verkehrsfreie Auffahrt im zweistelligen Prozentbereich fordert ihren Tribut. Es braucht Körner, die für die Alpe d’Huez nötig sind. Es lohnt sich jeder Schweisstropfen, denn ab Balcon d’Auris geniessen wir im Tourimodus die Höhenstrasse mit Aussicht nach La Garde und kreuzen die Route de l’Alpe d’Huez in der 6 Kehre. Gleich da, im Restaurant mit dem passenden Namen «Le Virage 16» - d.h., es bleiben noch 16 Kehren bis ganz oben – gönnen wir uns eine letzte Stärkung. Wieder wenige entscheiden sich, die komplette Auffahrt zu fahren, kann man machen. 5 Kehren (2,5km/240Hm) runter zum Start der Zeitmessung, allez, allez! Die Sonne klatscht jeden in diesem Südhang auf den Asphalt und es zeichnen sich Salzränder auf den Trikots, die der Zebramusterung sehr ähnlich sind. Auf den Spuren der Tour fahren wir wie in echt durch den Ort bis zum Zielbogen. Dann zum Hotel, high five.
Die frühe Ankunft lässt Zeit, der Crêperie einen Besuch abzustatten, lecker.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Der vierte Tag steht ganz im Zeichen der bekanntesten Bergankunft der Tour de France. Alpe d'Huez mit seinen mythischen 21 Kehren. Wir sind nun endgültig in den Hochalpen angekommen. Von der Vauban-Stadt Briançon wenden wir uns wieder in nordwestlicher Richtung, auf die lange, nur sanft ansteigende Anfahrt zum Col du Lautaret. Diesen Pass kennt man eigentlich nur als Vorpass zum Col du Galibier, doch dieser steht bei uns erst später auf dem Programm, und wir überqueren die 2058 m hohe Lautaret-Passhöhe hinüber ins Oisans. Ein weiterer Zweitausender also, den wir dem Palmarès hinzufügen können. Eine überraschend schöne Abfahrt führt uns dann hinab nach Bourg d'Oisans, von wo aus sich die Bergankunft der Bergankünfte anschließt. Purer Mainstream natürlich, aber wenn man mal in der Gegend ist, will man es auch gemacht haben! Den Profis nachfiebern, die 21 Kehren herunterzählen und schließlich im Skiort den imaginären Zielbogen durchfahren. Über Nacht bleiben wir in Alpe d'Huez - eine echte Bergankunft also.