04.08.2023,
H11i:
Quäldich-Reisen bieten nebst dem Radfahren auch das Erlebnis der örtlichen Kulinarik. Tartiflette zum Zweiten gestern Abend. Nochmals mächtig, nochmals lecker. Die Ansage der heutigen Etappe in Kombination mit der kalten Wettervorhersage wirft eine zentrale Frage auf: was ziehe ich denn an?
Valloire liegt auf 1414 m.ü.M., der Galibier auf 2646 m.ü.M. (Dach der Tour), der Col du Lautaret auf 2058 m.ü.M., der Lac Chambon auf 847 m.ü.M., der Col de Sarenne auf 1999 m.ü.M. und die Alpe d’Huez auf 1815 m.ü.M. Temperaturspanne von 5 bis 25 Grad, Regenwahrscheinlichkeit ab 14.00 Uhr bei 50 Prozent. Als Guide denke ich: «praktisch, so ein Rucksack.» Genügend Stauraum für alle Eventualitäten.
Das Aufwärmprogramm ist kurz, 10m über den Hotelparkplatz und gleich in den Anstieg. Die ersten 10km sind sehr annehmlich, gemässigt steil. Murmeltiere, die einzigen Zuschauer an der Strecke, feuern uns mit ihren Pfiffen an. Das Angebot, Käse für 20 Euro/Kilo zu erwerben, lassen wir schweren Herzens links liegen. Der Guiderucksack ist schon voll. Die Pinkelpause in einer mystischen Stimmung mit tiefhängenden Wolken. Es beginnen sich Atemwolken in der Luft abzuzeichnen. Ein Hinweis dafür, dass die Temperatur in den einstelligen Bereich fällt. Auf der Passhöhe wechseln wir vom Lee ins Luv und vom Anstieg in die Abfahrt. Jacke an, Stirnband an, Handschuhe an und in Gedanken ans warme «Au Montagnard» düsen wir zum Col du Lautaret, einem alten Bekannten. Aniko und Natascha heissen uns zur letzten Verpflegung herzlich willkommen. Aufgrund der kalten Temperatur und den steif werdenden Gliedmassen verweilen wir nicht allzu lange. Ruckzuck, zackzack. Die Abfahrt Richtung Oisan kennen wir vom Mittwoch und mit jedem Meter Höhenverlust wird es etwas wärmer. Die Strecke unterscheidet sich von der von Vorgestern. Es gilt, nach dem Grand Tunnel du Chambon den angekündigten Abzweig nach Mizeon zu erwischen und nicht bis zum Stausee abzufahren. Herausforderung angenommen. Im Rausche der Geschwindigkeit und im Frohsein, die Finger wieder zu spüren, verpasst ein Schäfchen den Rank. Der Hirtenguide sprintet engagiert hinterher und bringt den Ausgebüxten zurück zur Herde.
Über den Col de Sarenne zur Alpe d’Huez erlebt man das komplette Kontrastprogramm zur Südauffahrt. Wenig los, schmales Strässchen, viel Grün, wenig Verkehr. Die Zeit ist bereits fortgeschritten und es beginnen sich die dunklen Wolken zu formieren, Petrus’ Drohfinger. Wir ernten kritische Ziegenblicke während des Schiessens des Gipfelfotos. Die Hoffnung, dass wir trocken zum Hotel kommen, wird doch noch zerschlagen. Im letzten Gegenanstieg zum Etappenziel pieselt eine Wolke während eines Abschnitts von ca. 1km auf uns herab. Danach wieder trockene Strasse. Absperrgitter am Strassenrand kündigen das Fête le l’Air, das morgen stattfindet, an. Noch etwas Sight Seeing durch die Bergbahnanlagen von Alpe d’Huez, dann ins Le Dôme. Home sweet home.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Das große Monument der Französischen Alpen steht auf dem Programm: mit 2645 m ist der Col du Galibier das
Souvenir Jan Sahner, das Dach unserer Tour. Ein Großteil der Kletterarbeit zum Galibier ist schon getan, wenn wir in Valloire zur sechsten Etappe starten - bereits gestern sind wir bis auf ca. 1400 m Höhe gekommen, so dass noch etwa 1200 Hm für heute übrig bleiben. Der Galibier ist auch landschaftlich einzigartig. Hochalpine Kulisse, felsige Mondlandschaft und sensationelle Blicke, im Süden ins vergletscherte Ecrins-Massiv mit den südlichsten Viertausendern der Alpen, im Norden bis zum Luftlinie etwa 70 km entfernten Montblanc-Massiv. Auf der Abfahrt treffen wir mit dem Col du Lautaret einen alten Bekannten - schon vorgestern sind wir von Briançon kommend hier drüber. Wiederum fahren wir Richtung Oisans ab, wählen jedoch schon früher den Abzweig in die Berge. Der Col de Sarenne - einsame, schmale Straße – ist gewissermaßen die Antithese zur mythenumrankten Hauptauffahrt nach Alpe d'Huez, für Conaisseure natürlich die weitaus schönere. Zumal man nirgendwo sonst die vergletscherte Meije im Süden so schön sehen kann!