01.08.2023,
H11i:
Es ist immer gut, Freunde beim Hotelpersonal zu haben. In meinem Fall war es Martine im Les Autanes. Eine Dame mittleren Alters. Bei der Etappenbesprechung waren die Gemüter gemischt, ob der Col d’Izoard gefahren werden soll oder nicht. Erst mal darüber schlafen.
Am nächsten Morgen sind die Leute so heiss auf die 127km, dass ich um 09.00 Uhr der letzte bin, der vom Hotel wegkommt. Dass ich die Kabelschlösser im Fahrradraum habe liegen lassen, kommt mir erst auf dem Mini-Gipfel Col de Moissiere in den Sinn. Bis dahin fahre ich in träumerischen Gedanken und ein bisschen in Wehmut, dass ich Martine nicht verabschieden konnte, den ersten Anstieg, gleich von Ancelle weg, hoch. Oben die Nachricht ans Helferinnen-Duo, die glücklicherweise noch nicht weit weg waren.
In der Abfahrt nach Chorges treffe ich meine Gruppe wieder. Gesammelt fahren wir die wellige Strasse bis nach Embrun. Die quäldich-Routenplanung – wie immer nach bester Manier – gewährt uns nach Saint-Apollinare einen Panoramaausblick zum Stausee Lac de Serre-Ponçon. Die Höhenstrasse endet mit einer top asphaltierten Strasse runter nach Embrun.
Die Route führt auf die andere Talseite. Da sind ab und zu Zahlen – 130km, 140km – auf dem Boden zu lesen. Wir folgen den Spuren des Embrunman, einem Triathlon mit 3.8km Schwimmen, 188km mit 5000 Hm Radfahren und einem flachen Marathon mit 400 Hm, um die Sache abzurunden. Hoch, runter, links, rechts, schlängelt sich der Weg bis kurz vor Guillestre. Nach knapp 3h erreichen wir die Mittagsverpflegung. Die sportive Gruppe ist schon da, wir gesellen uns zu ihnen.
Ob mit oder ohne Izoard, das musste jetzt entschieden werden. 10/11 der Gruppe nehmen das Tour Monument in Angriff. Denn bis heute waren es nur Höhenmeter, jetzt kommt ein Berg.
Dieser lässt noch auf sich warten. Zuerst erwartet uns die 10km lange Guil-Schlucht, immer leicht ansteigend, ein gutes Warm Up nach der Pause. Endlich kommt der Abzweig zum Col d’Izoard. Es wird etwas übermütig angetreten. Das geht erstmal gut. Aber 14km mit 1000 Hm sind nach 20min nicht vorbei. Langsam wird die Wattzahl auf dem Garmin weniger und weniger, der Puls fädelt sich wieder im Grundlagenbereich ein. Cola in Brunissard.
Die Distanzangaben zur Passhöhe ziehen an uns vorbei, die Luft wird dünner und das Wolkengebilde stellt sich als wohlwollender Schattenspender heraus. «Bitte lächeln!» Kamera hier, Kamera dort, in manch einer Kurve werden wir fotografiert, sodass wir beinahe das Coppi-Bobet-Denkmal verpassen.
Das Ambiente auf dem Col d’Izoard ist wenig einladend. Viel Verkehr, viele Abgase. Die Abfahrt nach Briançon entschädigt das Leiden im Anstieg. Rush Hour im Ort, Baustellen, schwierige Ausgangslage als Radfahrer. Mit volle Kanne Gegenwind noch 10km nach La Salle les Alpes. 10km näher am Col du Lautaret, Galibier, Alpe d’Huez.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Ein Hauch von Süden, ein Hauch von Provence liegt heute in der Luft, wenn wir am Südrand des Ecrins-Massivs oberhalb des Durance-Tals entlang fahren. Wir schnuppern an der sich südlich an die Dauphiné anschließenden Hochprovence. Von Ancelle fahren wir zunächst einmal hinab ins Tal, dann auf einer schönen Höhenstraße oberhalb des Stausees Lac de Serre-Ponçon fahren. Doch wir wollen weiter, haben wir doch bis zum Fuß des Col d'Izoard in Guillestre eine lange Anfahrt im Tal vor uns, die uns unter anderem durch die schöne, wildromantische Guil-Schlucht führt. Hier treffen wir dann auch erstmals auf die sagenumwobene Route des Grandes Alpes, jene Fernstraße, die die französischen Alpen vom Genfersee bis zum Mittelmeer durchquert. Die Casse déserte, die verwitterte Felsenlandschaft kurz vor der Passhöhe des Izoard, bietet uns ein einzigartiges Tageshighlight, bevor es dann in rauschender Abfahrt hinab nach Briançon geht. Hier bleibt am Abend vielleicht noch etwas Zeit, die vom Baumeister Vauban errichteten Festungsanlagen zu besichtigen.