07.03.2023,
Jan:
Haha! Der heutige ist der Tag, vor dem wir die Teilnehmer jährlich warnen. Wir müssen 44 von 100 km auf der R60 fahren, einer autobahnähnlichen Schnellstraße, auf der ein Radfahrerleben nicht viel zählt. Kein Problem für uns, weil wir die Fahrzeuge hinter uns haben. Dennoch langweilig, weil sich die Szenerie nie ändert. Also malen wir die Etappe in den schwärzesten Farben aus, dann sind hoffentlich alle positiv überrascht. Expectation Management also, für das ich im Laufe der Etappe von verschiedenen Seiten gelobt werde. quäldich-Reisende sind clever, natürlich verstehen sie die Mechanismen.
Niemand ist enttäuscht, dass wir den Sonnenaufgang heute morgen nicht sehen, auch wenn wir extra dafür um 5 Uhr aufstehen und um 5.30 Uhr frühstücken. Hier ist mal wieder ein Vergleichsbild angezeigt.
Realität 2023:
Erwartung aus 2020:
Dafür kommen wir um 7.30 Uhr los, und das wird sich später noch als gut erweisen. Um 7.30 Uhr bläst der Gegenwind schon ordentlich aus Richtung Robertson. Wilmar und ich schwören Gruppe 2, in der ich heute wieder fahre, aufs Speeddating an, und solcherart wechselnd kommen wir konzentriert und flüssig fahrend schnell voran. Gruppe 1 vor uns kann sich nicht richtig absetzen. Nach 30 km ist unser Fahrzeug noch nicht bei uns, und so warten wir am gestrigen Pausenpunkt auf André. Stattdessen kommt Ernst, der Fahrer von Gruppe 1, den wir kurzerhand kapern und hinter uns setzen. Denn die R60 ist hier nur noch 6 km entfernt, und ein Fahrzeug wie oben erwähnt dort lebensnotwendig.
Aber kurz darauf überholt uns Ernst schon wieder, denn André ist da. Das Einfädeln auf die R60 gelingt problemlos, und wir kreiseln gekonnt im Wind. Dann steht Gruppe 1 am Straßenrand, da gab's einen Crash, wie wir kurz darauf von Daneel erfahren, der zu uns aufschließt. Also integrieren wir Gruppe 1 in unser präzise arbeitendes Uhrwerk, und so kommen wir kraftschonend, wenn auch gegen den zunehmenden, starken Wind gut voran.
Starker Gegenwind heute... das bedeutet starker Rückenwind morgen auf der Königsetappe, das ist, was eigentlich zu erwarten ist. Was in den letzten Jahren aber nicht eintraf. Wenn der Wind nur nicht dreht!
Kurz darauf biegen wir schon zum Red Chair ein, dem größten roten Stuhl Afrikas. Drinnen im Café ist es angenehm warm, wir bestellen Scones und Café. Der kommt zwar schleppend, quasi tröpfchenweise, aber egal. Wir genießen den Augenblick.
Heikos Bremse braucht Wartung, und in Robertson gibt es den einzigen Radladen in weitem Umkreis. Die fehlenden 12 km dorthin sind schnell weggekreiselt, wir verabschieden Heiko und biegen von der R60 ab in Richtung Bonnievale. Endlich! Diese Ruhe. Und diese liebliche Kulturlandschaft. Wo eben noch die Fynbos-Bodenlegertristesse herrschte, herrscht nun Reichtum aus Weinreben, Obstbäumen, Palmen und Blumen. Auch der Wind ist hier deutlich angenehmer.
Einen Platten später sind wir schon in Bonnievale, wo wir uns gegen einen zweiten Stopp entscheiden. Wir wollen ankommen, schließlich sind ab 15 Uhr heftige Regenfälle für unser Etappenziel Montagu gemeldet. Aber erstmal fahren wir sanft hinauf zum Skilpadhoogte Pass, wo wir im November auf der Vorabfahrt noch bei 48 Grad an den Rand der CPU-Überhitzung geführt wurden. Die heutigen 23 Grad sind da angenehmer, die Bilder bei bedecktem Himmel natürlich längst nicht so spektakulär.
Schon sind wir wieder auf der R60, entgegen der vorherigen Fahrtrichtung. Eine rasante Abfahrt führt uns nach Ashton, von wo aus es keine acht Kilometer mehr nach Montagu sind. Durch die fantastische Coghmanskloof, in der die steil aufragenden tektonischen Platten mehr als sehenswert sind.
Und dann reiten wir nach Montagu ein. Die paar Regentropfen, die wir jetzt doch noch abbekommen, stören uns nicht. Was für eine tolle Etappe!
Drei Minuten nach uns kommt Gruppe 3 an. Und kurz nach deren Ankunft öffnet der Himmel seine Schleusen. Alles richtig gemacht.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
25 km länger, und nur 38,8 km R60 statt 56 km mit Umweg durch das vom Weinbau geprägte, liebliche Bonnievale.
Empfehlenswert! Empfehlenswert aber auch: vor der Königsetappe Kräfte sammeln!
Das Bild zeigt den Sonnenaufgang am Startort, aufgenommen im Jahr 2020.