05.09.2023,
Jan:
Auf den letzten Etappen haben wir uns im Pyrenäen-Niemandsland aufgehalten, mit unerwarteten, entrückten, wunderschönen Eindrücken. Heute der erste doppelte Paukenschlag: Der
Col d'Aubisque erwartet uns, natürlich mit dem klassischen Vorglühen der Tour de France am
Col de Marie-Blanque. Die vorhergesagten 34 Grad sind fast eingetreten, nicht aber meine Ankündigung klarster Sicht am Aubisque: den ganzen Tag waren wir wie in einer Suppenküche unterwegs, bei schwülwarmen Temperaturen und einem Dunst, wie ich ihn selten erlebt habe.
Basti erwartet uns erst am Aubisque, nach 2300 Höhenmetern. Zu spät für mich, so dass wir eine Pause in Eaux-Bonne einplanen, beim lokalen Supermarkt, der Baguettes mit lokalen produkten belegt. Leider nicht montags, so dass wir in die Crêpe-Bude einreiten. Meinhard will Crêpe, also bestellen wir, was das Zeug hält. Michaels Galette kommt sofort, aber dann rührt die französische Schönheit hinter dem Tresen erstmal Teig an. Ohje! Was für eine Demonstration der Vorteile unserer Mittagsverpflegung am Bus. Gefühlt 90 Minuten später geht es mit hohem Zuckerspiegel in die restlichen 12 Kilometer zum Pass. Schnell sind wir in Gourette, wo sich normalerweise der wunderschöne Cirque de Gourette hinter dem Skiort erhebt. Heute auch, aber kaum sichtbar im dichten Dunst. Schön ist es trotzdem.
Vor dem alten Hotel, zwei Kilometer vor der Passhöhe, weist mich Meinhard auf drei Gänsegeier hin, die unterhalb auf einem Fels sitzen.
Wenig später laben wir uns bei Basti, der auf der Passhöhe wieder auffährt. Dank unserer überlangen Pause konnte er heute wieder einiges vorbereiten: Hummus-Rote-Bete, Ziegenkäse-Aprikosen-Pinien und Salat-Rindersalami-Remoulade gibt's in üppiger Auswahl. Ich muss zu Kreuze kriechen. Meine beiden Crêpes-Sucré lassen kaum Spielraum für weitere Nahrungsaufnahme. Entschuldige, Basti!
Es folgt eines der längsten quäldich-Shootings meiner Karriere an den drei überdimensionierten Rädern an der Aubisque-Passhöhe.
Nun trennt uns nur noch eine Triumphfahrt durch den wunderbaren Cirque de Litor vom
Col du Soulor, und eine lange Abfahrt in das Tal der Gave de Pau, dem wir bis in den Etappenort Luz St Sauveur folgen. Wir befahren hier eine der verkehrsreichsten Straßen der Pyrenäen! ...faktisch ohne Verkehr.
Wäschewaschen, Abendessen, alle sind rechtschaffen müde nach einer fordernden, schwülwarmen Etappe. Aber 20 Meter vom Hotel entfernt verläuft der Nullmeridian. Dem statten wir nach dem Abendessen gemeinsam noch einen Besuch ab. Fast blind tasten wir uns über einige Weidezäune. Wir erreichen den Nullmeridian. Jubel brandet auf!
Im Anschluss sitzen wir noch lange alle zusammen bei tropischen Temperaturen auf der Hotelveranda und besprechen zurückliegende und kommende Taten.