18.07.2023,
H11i:
Am Frühstückstisch wird rege über die anstehendende Etappe spekuliert, v.a. wie wohl der Anstieg zum Doppelpass Goletto di Cadino (Hochpunkt)/Corce Domini (eigentliche Passhöhe) wohl wird. Denn mit 29 km und 1640 zu bezwingenden Höhenmetern kommt endlich ein Berg. Die Gespräche werden von zwei sich überlagernden Musikstücken, die aus den Lautsprechern trällern, begleitet. Der Pegelregler steht anfangs noch auf 10, die Einstellung der gestrigen Discoveranstaltung.
Die Sonne heizt auf 1500m gut ein, es ist wärmer als erwartet. Bereits beim Verladen des Gepäcks fliessen die ersten Schweisstropfen.
Die ersten 61km werden gemäss Roadbook keine grosse Herausforderung darstellen: Abfahrt bis Carisolo, Warm Up mit Flow bis Tione via Bono, ab Ponte Caffro am Seeufer, Verpflegung mit hübscher Aussicht über den Lago I’Idro. Einzige Herausforderung, beim Ortsausgang von Madonna di Campiglio den Abzweig Richtung Brescia/Trento zu erwischen.
Die Verpflegung befindet sich heute am Beginn des Anstiegs, d.h. essen mit Bedacht. Gruppe 3 löst Gruppe 1 am Buffet ab, auf geht’s!
Der Anstieg zeigt sich erstmals von der lieblichen Seite. Mit einstelligen Steigungsprozenten tasten wir uns an den Berg. Doch das Höhenprofil hat auch rot eingefärbte Passagen. Die Rampen wechseln sich glücklicherweise immer wieder mit Flachpassagen ab, sodass etwas entspannt und durchgeatmet werden kann. Die Distanz zum Pass wird kleiner, die Höhenmeter schmelzen, die Zeit vergeht ruckzuck. Schmucke schlängelt sich die Passstrasse durch bewaldetet Passagen und bietet beim Goletto di Cadino eine atemberaubende Aussicht. Hier werden fleissig Fotos mit dem Gipfelkreuz geschossen, bevor wir zum Refugio weiterfahren. Da herrscht emsiges Treiben, viele Motorradfahrer belegen die Tische auf der Terrasse und wir stürzen uns in die Abfahrt. Was für ein (fas nicht enden wollendes) Ding! Unten im Ort, in Bienno, finden wir an einer Tankstelle den versteckten Trinkbrunnen, um nochmals die leeren Flaschen zu füllen. Denn ja, es ist wieder heissheissheiss.
An der Tour de France steht das Zeitfahren an. Davon inspiriert führt uns Florian in einem Affenzahn die letzten 12km nach Boario Terme, wo Thomas uns auf dem Hotelparkplatz mit einem Wasserschlauch in Empfang nimmt.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Am dritten Tag dringen wir noch weiter nach Süden in die Bergamasker Alpen vor, wo mit dem Goletto di Cadino ein alpines Juwel auf dem Plan steht. Madonna di Campiglio liegt auf etwa 1500 m Höhe - für uns geht es am Morgen also erstmal bergab. 60 km Abfahrt durch das Sarcatal bis Tione, hier sollten wir vorübergehend einen hohen Schnitt hinlegen können. Die dazwischen liegende Auffahrt nach Bondo ist zwar eine kleine Welle, kann aber den Flow zerstören, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Bei Ponte Caffaro am schönen Idrosee biegen wir rechts ab auf eine schmale Provinzialstraße in Richtung Bagolino. Hier beginnt der wunderbare, herrlich einsame Goletto di Cadino / Croce Domini, ein Pässedouble, das alles bereit hält, was wir Rennradfahrer in den Alpen lieben. Schmale Straße, einsame Berglandschaften, schöne Panoramen. Am Ende der Abfahrt beziehen wir Quartier in Boario Terme.