03.07.2023,
Jan:
Herzlich Willkommen zur Berichterstattung des quäldich-Lombardei-Giro. Nachdem die erste Etappe im Begleitfahrzeugs-Sicherungs-, Begleitfahrzeugs-Navi-, Sturz-, Talleggio-Kauf und Garmin-Akku-Chaos versunken war, nehmen wir die Berichterstattung erst heute morgen in San Pellegrino Terme auf.
San Pellegrino Terme ist weltbekannt für sein Mineralwasser. Gunther berichtet von einem eineinhalb Kilometer langen Logistikgebäude. Von hier verschifft Nestlé die Flaschen in alle Welt.
Etwas erbaulicher ist im direkten Vergleich die auch architektonisch sehr sehenswerte Therme. San Pellegrino changiert spannend zwischen Verfall und Modernisierung, gestern Abend vibrierte der Ort fast vor italienischer Lebensfreude. Nett!
Nicht ganz so nett empfängt uns das Wetter heute morgen. Ein kräftiger Regenschauer rauscht exakt bis 9 Uhr durch, danach ist es trocken, und auch die Straßen trocknen schon ab, als wir in Richtung
Passo della Crocetta starten, dem ersten von vier Bergamasker Alpenpässen des heutigen Tages. Ich bin überrascht über den hohen Wiesenanteil der Befahrung, ich hätte mehr Wald erwartet. Der Anstieg entpuppt sich als erfreulich schön. Auch die erste Herausforderung des Tages meistern wir gekonnt, alle finden den Abzweig zum
Passo di Zambla. Hier ziehen sich die Wolken wieder bedrohlich zusammen, so dass wir uns nach Gruppensammlung möchlichst schnell in die Abfahrt stürzen. Natürlich erst nach Passschild-Foto mit Eseln.
Die folgende Abfahrt wäre bei trockenen Bedingungen sicher ein Träumchen, heute aber haben wir mit der kuriosen Situation zu kämpfen, dass die in Richtung Süden gerichteten Kehren-Abschnitt in den Regen, in Gegenrichtung aber in die Sonne führen. Unten im Val Seriana ist es wieder mollig warm und trocken, auch unser ursprünglicher Pausenparkplatz. Dieser lacht uns inmitten des Gewerbegebiets neben der Schnellstraße an. Hier sind wir noch froh, dass wir ihn verschoben haben, 14 km weiter hoch Richtung Presolana. Hunger haben wir wirklich noch nicht, nach 42 Kilometern.
Aber der Verkehr auf der Staatsstraße ist erheblich, und vor uns baut sich die nächste Regenwand auf. Der Wind kommt von hinten, also entscheide ich mich für einen Caféstopp in Clusone. Da wird's schon eine Bar geben. Und der Wind soll uns den Regen mal wegblasen, auf eine Mittagspause im Regen steht mir gerade nicht der Sinn. Nach einigem Gekurve durch den Ort finden wir (oh Glück!) eine wunderschöne Bar, die alte
Osteria de Gepe. Fantastischer
caffè, ein Dach über dem Kopf, das Wirtsehepaar äußerst interessiert an unserer Tour. Zwei Regenfronten ziehen durch. Die Wassertropfen hüpfen auf der Straße.
Zum Abschied empfiehlt uns der Wirt noch einen Ausflug zum Uhrenturm. "Wo wir schon einmal hier sind". Es handelt sich um die
Orologio Planetario Fanzago, aus dem Jahr 1583, die neben der Uhrzeit auch die Mondphase und das Sternzeichen anzeigt. Mit nur einem Zeiger. Wir irren etwas durch den pittoresken Ort und verlieren einige Gruppenmitglieder, bevor wir
das nicht-Gesuchte finden. Schön.
Kurz darauf haben wir auch die Gruppe wieder vereint und streben Sylvia mit dem Mittagsbuffet zu. Die neue Mittagspausen-Platzwahl erweist sich als voller Erfolg (Glück gehabt!), und auch der Regen hat sich verzogen (noch mehr Glück gehabt!). Die Betreiber des Alpenvereins-Rifugio am Parkplatz haben Sylvia sogar die Nutzung ihres Pavillons gestattet. So viel Glück.
Nun ist der Presolana nur noch ein Katzensprung von 5 km entfernt. Aus Richtung West zieht sich die Bebauung erst 3 Kilometer vor der Passhöhe zurück. Umso grandioser aber ist die Abfahrt ins quasi menschenleere Val di Scalve. Hier könnten wir es auch laufen lassen... bei trockener Straße. Aber der Regen kommt für uns heute den ganzen Tag nur von der Straße.
Im Val di Scalve gibt es dann auch keine zwei Meinungen: der
Croce di Sálven wird natürlich noch gefahren, unser Glückstag ist noch nicht vorbei. Die Auffahrt entpuppt sich als felsig-grandios, straßenbaulich schmal und äußerst einsam, Thomas' Platten entpuppt sich als schnell behoben. Toll! Die Abfahrt ist dann deutlich breiter, und auch eine etwas erstaunliche Streckenführung durch Borno kann uns unser Lächeln nicht entziehen. Mit dem wir nur kurze Zeit später in unser Etappenziel in Darfo Boario Terme einziehen.
So eine schöne Etappe durch die einsamen Bergamasker Alpen, die wir mit einem opulenten Mahl beschließen.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Ein Pässequadrupel in den südlichen Bergamasker Alpen erwartet uns. Heute bist du Entdecker, denn hierhin verirrt sich kaum ein Rad- oder sonstiger Tourist. Es beginnt mit dem Passo della Crocetta und dem Passo di Zambla, die uns ins Serio-Tal bei Clusone führen. Hier beginnt der lange, schöne Passo della Presolana mit einer fast noch schöneren Abfahrt auf der Ostseite. Der Croce di Salven komplettiert das Quartett.