Bergtraining auf Gran Canaria 2022
Gran Canaria, Kanarische Inseln
01.03.2022,
Pocatky:
Wir sind uns sicher, Timo und ich, zu Hause würden wir das Haus, das Zimmer, das Bett nicht verlassen. Es nieselt, Sicht aus dem Fenster beträgt weniger als 3 Meter, ein kurzer Aufenthalt auf der (Nicht-) Aussichtsterrasse des Hotels führt zu Erfrierungen, wir sind im tiefsten Winter angekommen. Auf Gran Canaria. Bereits beim Frühstück wird Thermounterwäsche getragen, die Laune nähert sich den doch sehr winterlichen Temperaturen und auch der Kaffee weckt nicht unsere Lebensgeister - bei seiner Stärke an sich verwunderlich. Aber wir sind zum Rennradfahren hier, versuchen den Temperaturen mit der Kleidertaktik ,,All you have with you" zu begegnen und stehen um 9.30 Uhr zur Abfahrt bereit. Zu spät kommen wird nicht gerne gesehen, unter den gefüllt 7 Schichten fängt man wartend in der Hotellobby doch sehr schnell an zu schwitzen. Aber ist es denn gut, dem Druck der Gruppenreise nachzugeben, was hätten wir verpasst? Und was hätte unsere Entscheidung bestätigt, wären wir doch im Hotel geblieben?
- wir hätten den wunderschönen kurzen Moment verpasst, nach 10 Kilometern mit Nieselregen, mit einer Sicht unter 10 Metern das erste Mal ein Stück vom blauen Himmel zu sehen.
- wir hätten den Moment verpasst, wenn nach 15 Kilometern nur noch der blaue Himmel zu sehen ist, Kathrin ihr erstes ,,Höschen" auszieht, es sollten noch mehrere kommen.
- den Beleg dafür, dass statistisch belegt werden kann, dass die Laune eines oder auch mehrerer Menschen mit steigenden Temperaturen nachhaltig und dauerhaft steigen kann.
- die Bestätigung dafür, dass es möglich ist, innerhalb von einer Stunde die Jahreszeiten zu wechseln, vom tiefsten Winter in den Hochsommer.
- die Blicke der uns entgegenkommenden ,,kurz, kurz" Rennradfahrer, die sich fragten, warum ohne vorliegende religiöse Gründe vollständig vermummte Menschen Rennrad fahren.
- eine schöne Pause an der Promenade mit dem ersten Eis des Jahres und der Überraschung darüber, dass Regenjacke, Beinlinge, Armlinge, Mütze, Buff, Überschuhe, Handschuhe, Windjacke in die Taschen des Trikos (eines einzigen) passen, die Temperaturen betragen inzwischen 26 Grad.
- den (leider erfolglosen) Versuch von Stefan, uns den belgischen Kreisel beizubringen, um kreiselnd die Pause bei Alex schneller zu erreichen.
- eine leckere, mit tollen Gesprächen begleitete Pause, die zu verlassen uns doch sehr schwerfiel, warteten doch noch 2.200 hm auf uns.
- den wunderschönen Anstieg nach Soria, mit dem der ,,Nachhauseanstieg" den Anfang nahm und uns auf schmaler, an einigen Stellen doch gravelartiger Straße zum Alto del Salto führte.
Wir hätten aber natürlich gerne auch auf einiges verzichtet:
- auf den ersten und hoffentlich auch letzten Sturz der Reise - gute Besserung weiterhin!
- die Entscheidung, alles o. g. aus den Taschen des Trikos bei der Pause bei Alex im Bus zu lassen.
- auf die Windböen, die auf den letzten 25 km im Anstieg diesen noch schwerer machten.
- die Bestätigung dafür, dass es möglich ist, innerhalb von 15 Minuten die Jahreszeiten zu wechseln, vom Hochsommer in den tiefsten Winter und dies auf den letzten 15 Kilometern.
- auf die Erkenntnis, dass alles, was uns vorm Erfrieren retten kann, im Bus liegt und man mit erfrorenen Fingern nicht gut schalten kann.
- auf die Bestätigung, dass man mit einer beschlagenen Brille nicht gut sehen kann, auch wenn in dieser Nebelsuppe die Sicht nur 5 Meter beträgt - aber die wären schon toll.
- auf den Wunsch, endlich, bitte, bitte, im Hotel zu sein, um die unteren und oberen Extremitäten wieder zu unserem Körper zugehörig zu spüren.
Und dann sind wir da, im Hotel, es nieselt immer noch, als wären wir nie weg, machen den einzigen Sprint des Tages Richtung Dusche, verbleiben dort einige Stunden und schwelgen beim Abendessen in Erinnerungen an unsere heutigen Heldentaten. Und so war unser Tag - eine einzige Heldentat auf dem Rad.
* ,,Buddy" aus Berlin und ,,DJ The Wave" aus Österreich.
ursprünglicher Etappenbericht
Über Ayacata und den Cruz Grande umkurven wir das Bergmassiv von Tirajana und nehmen in San Bartolomé Kurs nach Süden. Der Degollada de la Yeguas bietet einen vorerst letzten schönen Blick in die Berge. Wir rollen in den Ballungsraum der Playa del Inglés und von Maspalomas ein. Eine andere Welt, aber wir sind tapfer und schaffen es bis zum südlichsten Punkt Gran Canarias. Am Leuchtturm haben wir ein große Auswahl an Cafés. Dem Trubel an der Promenade lassen wir hinter uns und fahren an der Küstenstraße nach Westen, biegen nach 10 km wieder ins Hinterland ab und rollen annähernd flach zum Pausenpunkt. Aus dem Tal kommen wir nun nicht ohne eine Kletterpartie heraus. Der Anstieg nach Soria ist einer der bekanntesten auf der Insel. Mitten im Anstieg zweigen wir links nach Tejeda ab, um auf schmaler Straße hoch zum Alto del Salto del Perro zu gelangen. Der weitere Weg zieht sich bis Ayacata und über den Cruz de Los Llanos zurück zum Hotel. Doch ein Wunder, die letzten Kilometer führen sogar hinab!
Alle Bilder (quäldich-Portal)