03.08.2021,
Jan:
Nach einem sehr schönen Abend und einer ruhigen Nacht im Mini-Skigebiet Ancelle erwartet uns ein überzeugendes Frühstück im ohnehin sehr schönen Hotel. Das Wetter verheißt eine trockene, sogar warme Etappe, und so starten alle in kurz/kurz.
Gleich vom Hotel weg beginnt die kurze Steigung zum
Col de Moissière, den wir mit Leichtigkeit als zweites Frühstück nehmen. Alex ist mit Gruppe 3 vor uns oben, weil ich mir noch die Flaschen am Dorfbrunnen in Ancelle gefüllt habe. So starten wir mit Gruppe 2 mit 45 Sekunden Rückstand, der sich über den Tag immer stärker ausbauen soll.
Zum einen, weil wir mehr und länger Fotos machen. Oben am Moissière, der sicher keine Pflicht für dein Palmares ist, aber eben doch unaufgeregt schön. Dann in der Abfahrt zum Lac de Serre Poncons, der smaragdgrün unter uns mit dem blauen Himmel um die Wette strahlt. Und wieder oben an der Côte de St Appolinaire, wo der See erst richtig zur Geltung kommt.
Zum anderen, weil wir länger Pause machen. Oben an der Côte gebe ich Alex einen Café-Scoutingauftrag, den er auch kurz darauf erfolgreich abschließt. In Embrun hat er ein tolles Altstadtcafé gefunden, während wir noch auf dem Sonnenbalkon nördlich des Stausees das Auf und Ab genießen. Ich aber möchte nicht im Ort Pause machen, ich möchte ein süßes, schnuckeliges Café auf dem Balcon de la Durance ansteuern, der sich im östlichen Anschluss südlich der Durance erhebt, und dem wir nun folgen. Hier lohnt es sich, eine kleine geographische Randnotiz einzustreuen, denn mit der Durance-Querung haben wir den Dauphiné-Alpen den Rücken gekehrt und befinden uns nunmehr in den Cottischen Alpen.
Was Leider aber nicht darüber hinweg täuscht, dass der Sonnenbalkon, Cottische Alpen hin oder her, kein Wunschcafé hervorbringt, und so wächst der innere Druck auf den Reiseleiter, seine Boxenstopp-Strategie noch zum Erfolg zu bringen, bevor wir mit der N94 den stressigen Teil vor der Mittagspause einläuten. Glücklicherweise und sehr zu meiner Beruhigung befindet sich direkt an der Einmündung ein Rafting-Center mit Übungspool und Restaurant, in das wir heuschreckenartig, aber freundlich einfallen. Dass der Kaffee nicht alle Erwartungen erfüllt, trübt die Hochstimmung angesichts der gerade noch geglückten Einkehr kaum.
Die N94 stellt sich als stressfrei heraus. Die hat einen breiten Seitenstreifen, und wir biegen rechts von ihr ab, beides anders und beides besser als gestern auf der Route Napoleon kurz vor Ancelle. Kein Problem also.
Kaum haben wir zweimal das Knie gerade gemacht, schon stehen wir am Kreisverkehr in Guillestre bei Nataschas köstlicher Verpflegung, an der wir natürlich wieder auf Gruppe 3 treffen, die sich darüber freut, heute einmal
uns alles weg essen zu können. Wir gönnen ihnen den weiter ausgebauten Vorsprung und machen uns deutlich später auf in die Guil-Schlucht, durch die wir von einem unterstützenden Rückenwind geblasen werden. Julia spielt ihre Zeitfahrqualitäten aus und setzt sich von der Gruppe ab, Uwe setzt ihr hinterher. Da sind Denis und Thomas, die Bergkönige aus Gruppe 2, aber schon außer Reichweite. Thomas wartet sportlich am Abzweig und sorgt sich auch darum, dass auch die weiter hinten Fahrenden noch Pannenunterstützung bekommen, indem er mich ans Ende des Feldes kommandiert (letzteres stimmt nicht, ich habe seinen Hinweis aber entsprechend umgesetzt). Ab hier kommen uns ständig R4s entgegen, die bei der 4alpes2021-Trophy mitfahren. Mindest 170 R4s, das war die höchste von mir gesehene Startnummer. Offensichtlich haben Fahrer und Beifahrer stets Spaß dabei. Verbissen geht es dabei auf jeden Fall nicht zu, auch wenn sich der ein oder andere R4 in der Kurve bedenklich nach außen legt. Vermutlich auch eine vergleichbare Passion wie die unsere, und viel mehr Leistung haben die Piloten auch nicht unter dem Hintern.
Den
Col d'Izoard bin ich zuletzt vor 10 Jahren gefahren, bei der ersten Südalpen Tour. Mich hat er damals, nach
Colle dei Morti,
Colle di Sampeyre,
Col Agnel nicht restlos überzeugt, aber die Teilnehmer fanden ihn damals von allen am Schönsten. An den unteren Teil kann ich mich kaum erinnern, aber plötzlich erinnere ich mich an ein Bild, das ich damals von
Julia,
Jörg und
Jan gemacht habe.
Heute
einige Kehren weiter unten bei mir: Jana.
Wenn man einmal die drei Siedlungen hinter sich gelassen hat, wird der Izoard wirklich schön. Erst im Wald mit den Blicken zurück ins Tal, dann die Casse déserte, dann der hochalpine Schlussteil. In meine
Favoriten schafft er es auch heute nicht, aber schön ist der Izoard wirklich, wie dieses Bild von Robert zeigt:
Ein ganz ähnliches Bild von
dbeckel zierte übrigens das Titelbild des
quäldich-Kalenders 2013!
Leider zieht es sich oben zu, und ein kühler Wind pfeift über die Passhöhe, so dass alle so schnell sie können einzeln abfahren. Versprengt erreichen wir Briançon. Gruppenwiedervereinigung vor dem Gepäcklaster am Hotel, High Ellbows!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Heute schnuppern wir endgültig an der sich südlich an die Dauphiné anschließenden Hochprovence, haben jedoch schon einen Wendepunkt erreicht und fahren wieder in nördlicher Richtung. Von Ancelle fahren wir zunächst einmal ins Durance-Tal, wo wir auf den malerischen Stausee Lac de Serre-Poncon treffen - bei der zu erwartenden großen Hitze möglicherweise eine willkommene Gelegenheit zur Abkühlung. Doch wir wollen weiter, haben wir doch bis zum Fuß des Col d'Izoard in Guillestre eine lange Anfahrt im Tal vor uns. Leider muss hier auch mit ziemlich starkem Verkehr gerechnet werden. Ganz anders jedoch am Pass selbst - auf dieser Nebenstrecke sind höchstens ein paar Einheimische und Touristen unterwegs. Die Casse déserte, die Felsenlandschaft kurz vor der Passhöhe, bietet uns ein einzigartiges Tageshighlight, bevor es dann in rauschender Abfahrt hinab nach Briançon geht. Hier bleibt am Abend vielleicht noch etwas Zeit, die vom Baumeister Vauban errichteten Festungsanlagen zu besichtigen.