02.08.2021,
Jan:
Mittlerweile liegt die zweite Etappe unserer Dauphiné-Reise hinter uns, auf der wir, zumindest aus meiner eingeschränkten Perspektive, sehr viel Spaß haben.
Die erste gestrige Etappe ist ohne Bericht geblieben, was angesichts spektakulärer Abschnitte in der Gorges de la Bourne und der Combe Laval schade ist. Die Combe Laval hatte ich am Vorabend als Weltklasse angekündigt, und dafür einiges Lächeln geerntet. Und später recht bekommen. Alle waren begeistert von diesem Abschnitt, auch ich, trotz Regentendenz und tief hängender Wolken. Aber der klaffende Abgrund, die Felswand gegenüber und die waghalsig in den Fels geschlagene Straße muss man gesehen haben, da waren sich alle einig.
Und für den heutigen Tag hatte ich eine überraschende Etappe angekündigt. Dem Papier nach war von der heutigen Etappe nichts zu erwarten, denn vom
Col de Menée und den
Col du Noyer hatte noch nie jemand gehört. Außer Denis, der die gleiche Reise vor 4 Jahren schon einmal gemacht hatte.
Bei bestem Wetter starten wir morgens in Die. Ich bin noch etwas müde von der gestrigen Nachtfahrt nach Grenoble. Einem Teilnehmer war der Gabelschaft gebrochen, zum Glück bergauf, und mit Markus' Auto hatten wir noch Charlys Ersatzrad von dort geholt. So bin ich froh, dass wir bis zum Col de Menée 20 km einrollen können, und der Pass mit 5 % nicht anspruchsvoll ist. Aber die dolomitesken Felsformationen überzeugen. "Wie die Sellraunde", höre ich unten. "Wie am Peyresourde", finde ich, und tatsächlich hätte der Pass in etwa seine Höhe, wenn nicht ein Scheiteltunnel die Höhe verknappen würde. Auf der anderen Seite ist es bitter kalt, und wir ziehen uns an, was geht. Unten im Tal, an der D1075, ist es zum Glück deutlich wärmer, die Sonne kommt raus, und wir stärken uns mit Café und Cola.
Es geht immer weiter runter und auf schmalen, abseitigen Wegen in die Schlucht der Souloise, der wir nach oben bis St Etienne en Devoluy folgen, Die Sonne ist raus gekommen, es macht richtig Spaß! Ich leiste mir sogar eine kleine Übermütigkeit in Form eines sinnlosen Angrifss bergab in die nächste Welle, die die aus Gruppe 1 eingekaufte Julia allerdings mühelos kontert. Hinter St Etienne wird es einfach nur traumhaft. Die massiven Felsformationen wechseln je nach Fahrtrichtung von rechts nach links, die Sgtraße wird schmal und biegt unvermittelt zunächst nach Norden, dann nach Osten ab, wo wir vorher gedacht haben, dass der Übergang im Südosten zu finden wäre.
"Wie der
Albulapass", sagt Jörg. "Wie am
Würzjoch", finde ich. Nur mit 1664 m deutlich niedriger, und dennoch sehr hochalpin. Bleibt noch zu erwähnen, dass uns Alex und Nicole aus Gruppe 3 mühelos gestellt und abgehängt haben. Und oben an der Passhöhe schon mit Uwe am Kaffee saßen, als wir kommen. Gruppe 2, dadurch irgendwie nervös geworden, verweigert die Kaffeeaufnahme und schiebt das auf "die Kälte an der Passhöhe", die ich allerdings nachempfinden kann.
Wir reißen uns also mit Mühe los von der Almfläche rund um den Noyer und entschließen uns zur Abfahrt. Wir beeilen uns noch, vor dem herannnahenden PKW abzufahren, damit er uns nicht ausbremst. Kurz darauf bremsen wir ihn aus, denn an dem sich nun eröffnenden Panorama kann man nicht ohne Fotostopp vorbeifahren. Unvermittelt öffnet sich rechs ein riesiger Talkessel, mit massiven Felsformationen am Horizont. Wahnsinn! Große Begeisterung!
Nun noch etwas zähes Pflichtprogramm hinauf nach Ancelle, dann im Ort gebrautes Bier der Brasserie d'Ancelle und ausschweifendes Abendessen. Fazit aus zwei Etappen durch die Dauphiné-Voralpen durch Vercors und Dévoluy lautet: nicht nur die Combe Laval muss man gesehen haben, sondern auch den
Col du Noyer! Wunderbar! Ein toller Tag. Und morgen warten die Hochalpen, morgen wartet der Izoard! Bis dann!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wieder haben wir mit über 130 km eine recht lange Etappe vor uns. Unser Weg führt uns von Die zunächst das Drome-Tal hinauf. Der Col de Menée im Anschluss ist zwar kein richtig harter Brocken, setzt mit über 700 Hm jedoch auch etwas Ausdauer voraus. Das schönste am Pass ist definitiv die Abfahrt mit schönen Ausblicken auf den markanten Mont Aiguille. Wir halten uns weiter ostwärts, bis wir das Soulouise-Tal erreichen, dem wir flussaufwärts folgen. Überraschend wildromantisch ist es hier in der engen Schlucht, und je weiter wir ins Dévoluy vordringen, desto einsamer scheint es zu werden. Am Ende des Tales erwartet uns mit dem Col du Noyer dann das Highlight der Etappe - ein schmales Asphaltband windet sich in die Höhe bis zum Übergang, dann führt uns ein spektakuläres Serpentinenstück wieder hinab. Wir queren die Route Napoleon, und haben dann nur noch wenige Kilometer bis in unseren Etappenort Ancelle vor uns.