07.09.2021,
tobsi:
Der Tag der Gegensätze beginnt am Morgen in Sort für die Gruppen 2 und 3 bereits um 8:30 Uhr, um ein wenig mehr Zeit für die Königsetappe zu haben. Gruppe 1 hat somit eine halbe Stunde Rückstand, da es hier zur gewohnten Zeit losgeht. Am Port del Cantó treffen sich alle Radler wieder. Bis dorthin mussten allerdings 20 Kilometer und etwas mehr als 1000 Hm bezwungen werden. Diese reinen Zahlen werden der Auffahrt aber nicht gerecht, denn sie wusste durchaus zu gefallen. Schöne Kurven, die hübschen Ausblicke in die Umgebung und die rote Felslandschaft machten die Auffahrt sehr kurzweilig. Dank der späten Startzeit konnte ich einige der Gruppe 3-Fahrer ablichten und zumindest mit den Nachzüglern einen kurzen Plausch halten. Oben traf sich nicht nur unsere komplette Gruppe, sondern auch Leonhard mit seinem Verpflegungscruiser machte kurz halt. Und dann waren noch der Begleitbus der amerikanischen Gruppe von gestern zu sehen, die wir ganz unten im Anstieg gesehen hatten. Ein weiteres Fahrzeug wartete wohl auf eine Gruppe Franzosen, die wir dann in der Abfahrt in ihrer Auffahrt in zersplitterten Gruppen sahen. Voll war es hier oben.
Die Abfahrt war auch ein Traum mit einem schön in die Landschaft hineingelegten Asphaltband. Auf gut ausgebauter Straße konnte man es richtig laufen lassen und nach unten cruisen oder zum Teil auch die Blicke in die Landschaft und hinunter ins Tal genießen.
Und im Tal begann dann der ach so herbeigesehnte Abschnitt in Richtung und dann durch Andorra. Zwar gab es auf der breit ausgebauten Straße meist einen Fahrradstreifen, dennoch wurde man gefühlt alle 5 Sekunden von einem Auto überholt, die aber doch sehr rücksichtsvoll waren. Während es bis zur Mittagsverpflegung vor Andorra la Vella auszuhalten war, ging es dann durch die Hauptstadt, die gefühlt aus nur einer Straße bestand, auf der der Verkehrsfluss zum Erliegen kam. So schlängelten wir uns bergauf durch den Verkehr. Nach rund 5 Kilometer war dieser hässliche Abschnitt mit dem Duft von Verbrennern vorbei und es ging gefühlt in die Einsamkeit der andorrianischen Bergwelt, was bedeutete das nur noch relativ selten Autos zum Überholen ansetzten. Mit jedem Kilometer näher an den Port d´Envalira heran, wurde es einsamer und schöner. Oben heraus nach dem Tunnel wusste der Pass mit seiner Hochgebirgswelt sehr zu gefallen. Doch es wurde auch zäh oben heraus, nach der langen Auffahrt und vor allem der Höhe. Ganz oben dann Pferde mit Glocken, die neben der Straße weiteten. Nach der Statur zu urteilen Typ Sprinter, denn da war ordentlich Muskelmasse vorhanden.
Oben angekommen blies der Wind ordentlich, der uns durch das Tal die ganze Zeit hinauf zum Pass in den Rücken wehte. Kurz oben ausharren, nochmals die frische Bergluft nach dem ganzen Feinstaub einatmen und schon konnte es in die traumhafte Abfahrt gehen. Kurz durch Pas del la Casa ohne nochmals Aufzutanken oder in einem der vielen Geschäfte billig einzukaufen, genossen wir den Abfahrtsrausch nach Ax les Thermes. Über 30 Kilometer hinunter auf der Jagd nach Wohnmobilen, die uns zum Teil ausbremsten.
Und jetzt sind wir im kleinen Thermalort und lassen es uns gutgehen. Die einhellige Meinung der Etappe war, dass die Hochgebirgsstimmung überwogen hatte und die Fahrt durch den Moloch aufgewogen hat. Für eine Wiederholung wäre allerdings auch keiner bereit. Dennoch muss man Andorra erlebt und gesehen haben, um zu diesem Urteil zu kommen. Wir haben es gewagt und nicht bereut.
Ursprüngliche Beschreibung:
Dritte Etappe, dritter Staat. Heute geht es nach Andorra, zwar keine Perle der Pyrenäen, aber unvermeidlich, will man den prestigeträchtigen, 2407 m hohen Port d'Envalira mitnehmen. Ab Sort geht es jedoch erstmal über den Port del Cantó, dessen Straße zwar breit ausgebaut ist, der aber trotzdem nur schwach befahren ist und mit seiner rötlichen Felslandschaft auch was fürs Auge bietet. Kurz fahren wir im Tal, dann erreichen wir La Seu d'Urgell, wo die Straße nach Andorra abzweigt. Nun ja, wir müssten lügen, wenn wir Andorra, die Straße dorthin und die Straße hindurch als landschaftliches Highlight anpreisen würden. Hier sind ein bisschen starke Nerven gefragt, denn der Schnäppchenjäger- und Durchgangsverkehr ist auf unserer gesamten Tour hier am dichtesten. Doch sobald man mal die ersten Kilometer des Port d'Envalira hinter sich gelassen hat, der direkt in Andorra-la-Vella beginnt, die klotzigen Skistationen hinter sich gelassen hat, wird der Pass auch richtig schön. Und 2400 m Höhe sind eben 2400 m Höhe, so hoch hinauf gelangt man nirgends sonst in den Pyrenäen, und die Passhöhe des Envalira ist mit Sicherheit der hochgebirgigste Punkt der Tour. Die lange Abfahrt überquert dann bald die französische Grenze, und am Ende eines harten Tages erreichen wir Ax-les-Thermes, wo wir für zwei Nächte Quartier beziehen.