Tag zwei auf dem Weg von Dresden nach Krakau. Auf Etappe eins, der Schweiz-Rundfahrt durch Sachsen und Böhmen, sind wir den Bericht leider schuldig geblieben, weswegen wir heute doppelt motiviert sind, euch an unseren Erlebnissen im Iser- und im Riesengebirge teilhaben zu lassen.
Seit gestern Abend scheint klar: die Lebensqualität östlich der Elbe lässt sich mit einem Wort zusammenfassen. Gulasch. Mit Knödel. Was streng genommen drei Worte sind, aber natürlich nehmen wir es nicht so genau - wie im übrigen auch der Nationalpark-Ranger, der drei Gesetzesübertretungen gnädigerweise zum Preis von einer geahndet hat. Was für den Schweizer Delinquenten, über starke Devisen verfügend, umgerechnet zu einer Belastung von schätzungsweise 12 Schweizer Franken führt.
Den ganzen Tag also arbeiten wir auf den Restaurantbesuch am Fuße der
Vrbatova bouda hin, in der Erwartung der nächsten Gulasch-Portion. Nach dem Start in Liberec geht es ohne nennenswerte Einrollphase hinauf ins Isergebirge, über
Rudolfov und den Bedrichovskse Sedlo. Was schon hübsch ist, aber so richtig schön wird es erst auf der Forststraße, über die wir uns hinauf in die Hochmoorlandschaft schrauben (wie mir von der mitreisenden Hochmoorexpertin souffliert wird), wo wir nahe der Passhöhe mit dem sensationellen Namen Na Kneipy den höchsten Punkt erhalten. In der Abfahrt erreicht mich ein Anruf von Alex - er kann nicht am eigentlich vorgesehenen Verpflegungspunkt stehen, wir sollen einfach weiter dem Track folgen.
In der Hitze des Vormittags ist die Verpflegung unterhalb des
Rezek heiß ersehnt. Der Kaffeekocher glüht schon, die Schnittchen sind geschmiert, und bis auf Gulasch lässt das Angebot natürlich nichts zu wünschen übrig. In Gedanken sind wir jedoch schon ein wenig beim Scharfrichter des Tages, der
Vrbatova bouda im Riesengebirge. Bis auf 1400 m Höhe geht es hinauf, jenseits der Baumgrenze, mit herrlichen Blicken auf den Riesengebirgs-Hauptkamm.
Nach der ersten Hälfte des Anstiegs winkt Alex schon wieder vom Restaurant, in dem die Gulasch-Einkehr in der Abfahrt geplant ist, wovon wir uns natürlich nicht beeindrucken lassen und stoisch weiter hinauf pedalieren. Es ist ein hartes Stück Arbeit, aber schließlich stehen wir oben. Weitblicke nach Süden, Berge im Norden, nur die Schneekoppe scheint schon von den heraufziehenden dunklen Wolken verschlungen. Was verschmerzbar ist, denn die Ausblicke vom Aussichtspunkt nahe des Vaclav Vrbata und seinem Kumpel gewidmeten Denkmals ist gigantisch.
Ein kleiner Einschub zu Vrbata - denn ich bin natürlich mindestens genauso gut vorbereitet wie Günther Sahner* a.k.a.
I follow my track. Hierbei handelt es sich um den Teilnehmer eines Skilanglauf-Events, der in einem plötzlich aufziehenden Schneesturm selbstlose Versuche unternahm, seinen Konkurrenten vor dem Kältetod zu retten. Leider waren diese nicht von Erfolg gekrönt, denn beide ließen im Riesengebirge ihr Leben. Somit kommt Vaclav Vrbata auf der Rangliste der Riesengebirgs-Berühmtheiten gleich nach Rübezahl. (Letzter war in seiner Eigenschaft als Naturschützer vielleicht auch insgeheim beteiligt an der Sanktionierung der Abordnung, die noch der nahen Elbquelle einen Besuch abgestattet hat.
Dann endlich ist es soweit. Gulasch (oder wahlweise Liwanze) bei der Restaurant-Einkehr. Womit wir diesen Bericht auch schließen, da auf den abschließenden 50 Kilometern außer eines Gewitterstopps nichts hochspektakuläres mehr passierte. Und so geben wir aus dem Schnitzel- und Minigolfresort zurück in die angeschlossenen Funkhäuser.
*Name von der Redaktion geändert.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Dobré ráno! Heute erwarten uns mit dem Riesengebirge und Isergebirge gleich zwei Gebirgszüge. Vom Liberecer Stadtverkehr bekommen wir zum Glück nicht viel mit, schnell sind wir aus der Stadt heraus und fahren mit Blick zum Jested in das Isergebirge hinein. Natur pur! Wir als Radfahrer nehmen auf den Waldstraßen und zum Sonntag bitte auch besondere Rücksicht auf Wanderer. Entlang von Hochmooren rollt es gut ins Tal der Iser hinab. Fließend ist der Übergang ins Riesengebirge. Nach einer kulinarischen Stärkung am Ortsende von Rokytnice sammeln wir weiter Höhenmeter. Erst hinauf zum Gasthaus Rezek und dann folgt unser Tageshighlight auf die Goldhöhe zur Vrbatova Bouda. In Serpentinen windet sich hier die Straße bis auf 1400 m Höhe. Zum Etappenziel in Mlade Buky sind es nun noch 56 km. Zum Glück überwiegend bergab und in der Gruppe sollten wir das auch noch schaffen.