Die Anfahrt zum Col de la Madeleine rauscht im Tal dahin und wir an der entspannten Gruppe vorbei, die kurz vor uns gestartet sind. Kurzes Stocken im Anstieg, rechts geht es nach „Pussy“ (netterweise entgeht dem scharfen Auge von Patrick nichts) und links weiter den Col de la Madeleine hinauf. Glücklicherweise entscheiden sich die Jungs gegen den verlockenden „Abstecher“ und radeln weiter mit den Col de la Madeleine hinauf.
Schon bald haben wieder ein Stop, diesmal unfreiwillig. Für die bevorstehende Tour de France wird der Straßenbelag erneuert und ein Teil davon offenbar genau heute, also just in dem Moment, als wir den Pass hochfahren wollen. An einer Ampel warten wir eine halbe Stunde, führen hitzige Diskussionen mit der Dame, die uns nicht passieren lassen will, da sie Order hat, die LKWs durchzulassen. Als die entspannte Gruppe und mit ihr Chrissy - selbst Französin und von äußerst lebhaftem, sonnigen Gemüt - an der Baustelle ankommt, hegen wir Hoffnung, dass sie vielleicht den Drachen in orangener Warnweste besänftigen und mehr erfahren kann, wann es denn mal weiter geht. Die Antwort ist ernüchternd: „Es dauert, so lange es dauert.“
Als es dann endlich weitergeht, werden wir sogleich geteert und “gesteinigt” - ok, es sind nur kleine Steinchen vom Splitt. Den Rollwiderstand optimiert das jetzt nicht wirklich. Ich beruhige die Gruppe, dass das später in der Abfahrt wieder von den Reifen ab geht (ich sollte zum Glück Recht behalten).
Wir haben heute Zuwachs, Jörn ist zu uns gestoßen, er macht schon die zweite Woche Quäldich-Reise hintereinander und fährt den Pass in einem respektablen Tempo hoch.
Der Col de la Madeleine ist lang, aber bietet sehr schöne Ausblicke, nicht NUR auf den Mont Blanc. Ich fühle mich langsam verfolgt von diesem Berg.
Oben steht Heinz und wir hauen ordentlich rein. Auch hier treffen wir noch die ersten der entspannten Gruppe, bevor wir uns nach dem obligatorischen Gipfel-Foto in eine 20km lange Abfahrt stürzen. Man munkelt, wir hätten da tatsächlich ein paar Tropfen Regen erwischt, oder war es vielleicht doch nur der Schweiß vom Vordermann? Unten im Tal ist es auch nicht mehr weit bis zu den berühmten „Lacets de Montvernier“. Seitdem hier die Tour de France 2015 mal hochgefahren ist, sind sie bei Rennradfahrern eine Attraktion. So wahnsinnig „knuffig“ (O-Ton Wolfram) finden wir jetzt diese letzten 300 Höhenmeter des Tages bei über 40 Grad allerdings nicht mehr. Wir sind jedenfalls beruhigt, dass die Gruppe 3 entschieden hat, die Schnürsenkel nicht mehr zu fahren. Dafür rollt sie auf den Innenhof unseres Hotels, als wir gerade beim seit Tagen herbeigesehnten Schmutzbier sitzen und gesellen sich dazu. Ein perfekter Tag, der noch abgerundet wird, als die Nachwuchs-Nationalmannschaft aus Frankreich bei uns im Hotel absteigt. Na klar machen wir Fotos - mit Abstand natürlich!