23.07.2020,
robert89:
Das war sie! Unsere erste Fernfahrt von Dresden nach Budapest ging am letzten Wochenende zu Ende. Von Elbflorenz abenteuerten wir uns durch fünf Staaten bis in die berühmte Metropole an der Donau – „die schönste Stadt im Osten Europas“ - so steht auf der Reiseseite und wahrlich, wir fühlten uns wie die Helden bei der Tour de France auf der Champs-Élysées. Budapest statt Paris eben! Welch eindrucksvolle Stadtkulisse bei der Fahrt entlang der Donau war das! Reichlich freudige Emotionen kamen auf. Erleichterung dann endgültig auf dem Gellertberg mit Blick über Budapest, alle Gäste bei dieser Premiere nicht nur gesund und sturzfrei an das Ziel geführt zu haben, sondern uns allen eine unvergessliche und noch nie dagewesene Woche bereitet zu haben, von der wir noch lange zehren können. Und wie es sich bei unseren Ostpremieren so eingespielt hat, bleibt an einem gewöhnlichen Etappentag für das Orgateam um Alex und mich neben der täglichen Etappe und einer sorgfältigen Nach-, aber vor allem Vorbereitung des kommenden Tages wenig Zeit und Muse zum schreiben. Holen wir das also nun nach. Denn was manche vermutlich nicht wissen: unsere Radreise nach Budapest war nicht nur Neuland für unsere Gäste. Während die Landschaften der ersten vier Tage uns gut bekannt sind und die Sudeten mit dem Iser-, Riesen-, Adler- und Altvatergebirge praktisch erweiterte Heimat darstellen, gingen wir im Südosten Tschechiens, der Slowakei und Ungarn selber mit auf Entdeckungsreise. Zwar waren wir schon in Budapest, aber keiner von uns fuhr dort vorher mit dem Rennrad hin und schaute wie rennradtauglich die Straßen wirklich sind - wo denn die Schlaglöcher auf uns warten werden oder die LKWs über die Straßen donnern. Umso sorgfältiger also die Planungen im Vorfeld und lange Recherche. Persönliche Berichte von Radfahrern lesen, Emails schreiben und nachhaken, Studium diverser Karten und Höhenprofile, in Google Streetview Straße für Straße „abfahren“ und wenn das keine Auskunft über Straßenqualität gibt, dann hilft Strava :-) Die Heatmap zur ersten groben Inspektion und später die Segmentlisten und Aktivitäten für die Detailarbeit. Soviel zur Streckenvorbereitung. Gut zwei Wochen vor der Reise standen die finalen Etappen nach besten Gewissen fest. Denn nicht eher wussten wir, dass unsere gebuchten Hotels in Zeiten von Corona auch offen haben würden, die Etappenorte wie geplant bestehen bleiben können und wir keine kurzfristigen Änderung der Etappen mehr vornehmen müssen. Durchweg positive Rückmeldungen von allen Hotels ließen uns zuversichtlich in die Reise starten! In Zeiten von Corona und einer Pandemie eine Radreise durch fünf Staaten auszurichten, klang noch vor ein paar Monaten wenig wahrscheinlich.
Alles war angerichtet. Am Samstag vor einer Woche begann also im Osten Deutschlands unsere Fernfahrt in den Osten Europas. Überpünktlich starteten wir nach der offiziellen Begrüßung vor 10 Uhr an der imposanten Frauenkirche am Dresdner Neumarkt in drei überschaubaren Gruppen. Irgendwie muss der Startort ein gutes Omen sein, egal ob wir hier bisher nach Osten Richtung Krakau gestartet sind oder nach Westen bei unserer letzten (H)Erzgebirgstour im Juni, wir hatten immer Rückenwind. Auch jetzt wehte der Wind uns Richtung Osten und zum Jested, dem heiligen Berg von Liberec mit dem Kegelturm, der den Gipfel noch einmal eindrucksvoller wirken lässt. Für viele Dresdner Radsportler ist das der schönste Berg, der im Zuge einer Tagestour erreichbar ist. Im fast unaussprechlichen Ort Chribska, das "r" mit Hatschek wird wie „rsch“ gesprochen, kredenzte uns Alex sein erstes Buffet der Reise. Leckere süße Teilchen, tschechische Hörnchen mit Käse oder Wurst, Nüsse, unzählige Riegel und natürlich: Kofola! Die Kultlimonade im Osten Europas, eine Art Cola, nur weniger süß und mit würzigen Geschmack, war mit von der Partie. Thomas meinte irgendwann, der Abgang erinnert an einen Becherovka – den 40%igen Kräuterschnaps aus Karlsbad. Keine Ahnung, denn mit alkoholischen Getränken haben weder Alex noch ich viel am Hut. Jedenfalls wusste die Kofola auf dieser Reise am Anfang noch nicht so zu überzeugen, wie wir das von früheren Reisen kannten. Geschmäcker sind verschieden… Bei Kilometer 100 blickten wir dann zum ersten Mal auf den Jested, der sich noch in weiter Entfernung zeigte, doch keine Stunde später waren wir schon mittendrin im Anstieg auf den über 1000 Meter hohen Berg. Die letzten drei Kilometer auf der Stichstraße, die im 360 Grad Modus und mit einem randlosen Panoramablick auf den Gipfel führt. Toll war die Sicht! Selten blickt man so klar auf den Erzgebirgskamm fast bis zum Keilberg in fast 200 Kilometer Entfernung. Wahrscheinlich lag es am Regen, der am Vormittag noch hier durchzog, aber von dem wir zum Glück nichts abbekommen haben. Nur etwas frisch war‘s doch für Juli – also in das Gipfelrestaurant einrücken und dank reichlich Zeit und wenigen Tagesrestkilometern eine kleinen Nachmittagsstopp einlegen. Nach Liberec in den Zielort der ersten Etappe rollte es bergab. 71 Prozent Rückenwind meinte die Spezialapp von Mathematiker Jan. Abends gab es – wir waren in Tschechien – Knödel mit Gulasch. Etwas spät, aber am Ende waren nach drei Gängen und böhmischen Bier doch alle satt.
Weckerklingeln 6:55 Uhr. Standard auf der Tour. Kurz nach 7 Uhr beim Frühstück und alle Gäste schon da. Scheinbar alles keine Langschläfer hier auf dieser Reise. Nach 8:30 Uhr das Gepäck verladen und 9 Uhr pünktlich starten. Ebenfalls Standardroutine und es hat wahnsinnig gut und reibungslos geklappt auf dieser Reise, sodass gegen 9 Uhr alle drei Gruppen angeführt von Detlef, Andre und mir weiter Richtung Osten rollten. Am Sonntagmorgen strahlte die Sonne zum Beginn der zweiten Etappe. Mit dem Isergebirge und Riesengebirge standen für mein Empfinden zwei der schönsten Gebirge überhaupt auf dem Tagesmenü. Und auch die anderen waren begeistert. Welch eine Ruhe und Natur im Isergebirge, welche böse Rampen im Riesengebirge. Dramaturgisch ist es vielleicht nicht ideal, wenn am Tag zwei schon die härteste Etappe wartet, aber während wir auf der Fernfahrt Dresden – Krakau traditionell zur Elbquelle fahren, hatten wir hier endlich wieder die Gelegenheit den gefürchteten Spindlerpass mit seinem rauen Asphalt und langen 20 Prozentrampen zu bezwingen. Einige Jahre lang war dieser Anstieg, der schwerste Pass Polens, nicht mehr im Programm auf quäldich.de-Reisen. Und leider sorgt die Kraft der Natur und die Zeit für eine gewisse beunruhigende Entwicklung. Das eh schon schmale Asphaltband war dieses Jahr noch holpriger, die Schlaglöcher noch breiter. Das größte Schlagloch lässt sich nun nicht mehr umfahren. Es ist so breit wie die Straße selbst. Es bleibt zu hoffen, das in Zukunft doch einige Ausbesserungen vorgenommen werden, damit auch in fünf Jahren dieser Anstieg noch rennradtauglich sein wird. Der Begeisterung tat der mäßige Asphaltzustand kein Abbruch. Stolz überwog in 1200 m Höhe! Alle waren froh mit Kette links den wilden Klassiker im Riesengebirge gezähmt zu haben und das trocken – die Wolken waren zwischenzeitlich doch bedrohlich dunkelgrau. Als Belohnung gab es auf der Passhöhe den wohl geschmacklosesten Palatschinken von ganz Tschechien. Das kann die Spindlerbaude doch besser. Dafür war der Kakao sehr lecker! Während die entspannte Gruppe und Teile von Gruppe 2 nun durch das Elbtal hinab und direkt weiter bis zum Hotel fuhren, nahmen die prozenthungrigen Pedaleure die Etappenplusvariante unter die Räder. Prazska Bouda ab Cerny Dul. Mit 25% noch steiler als der Spindlerpass, aber (leider oder zum Glück) nur für eine Kurve. Selber war ich einige Jahre lang nicht mehr hier hinten, schön war es wieder. Auch der Blick zur Schneekoppe. Das Riesengebirge ist und bleibt eines der reizvollsten Gebirge überhaupt – auch zum Rennradfahren.
Auf unseren Fernfahrten in den Osten haben wir uns der Neugier verpflichtet und entdecken quasi jeden Tag ein neues Gebirge. Etappe drei brachte uns das Adlergebirge näher, das in Deutschland wohl kaum jemand kennt. Die Sudetenstraße durch das Adlergebirge bringt jedes Jahr aufs neue uns und unsere Gäste zum schwärmen. Wir wählten dieses Jahr die etwas welligere Variante, die recht schnell von polnischer auf tschechische Seite wechselt. Traumhaft ursprünglich und mit Worten kaum zu beschreiben. Man muss es einfach mal erleben. Ein Hase rannte uns fast in die Gruppe hinein. Ob es der gleiche war, der uns schon drei Stunden vorher begrüßte? Nein wir waren nicht langsam unterwegs. Dafür sorgte Bertrand, unser französischer Schnellzug mit schweizer Pünktlichkeit. Bei der zweiten Pause des Tages hatten wir deswegen wieder viel Zeit in der Kneipe in Kraliky. „Viermal die Suppe des Tages bitte“. Nur was wird es sein? Die Kellnerin sprach gut deutsch, aber sie konnte nicht beschreiben, was das für eine Suppe ist. „Knoblauchsuppe, Kartoffelsuppe?“ - „Nein, nein“. Hätten hier nicht schon erste Zweifel aufkommen müssen!? Neugier also auch beim Essen im Osten. Schließlich mehr oder weniger schockierte Gesichter, als die dunkebraune Brühe mit reichlich Fettanteil auf dem Tisch stand und der Löffel gröbere Stücke von Kuhmagen hervorbrachte. Jan, Raimund und Thomas machten gute Miene zum bösen Spiel und aßen brav ihre Suppe auf. Bertrand konnte beim besten Willen nicht an diese „Delikatesse“ heran. Ich konnte das nur zu gut nachvollziehen und war froh mit Fisch und Kartoffeln keine kulinarischen Experimente gewagt zu haben, aber eben auch kein Highlight erhalten zu haben. Thomas unterdessen gewöhnte sich seine fast tägliche Routine an: Gulasch mit Knödel – eine gute Wahl in dieser Kneipe!
Unser Etappenziel, ein Hotel im tiefen Wald, lag am Fuße des Altvatergebirges, dessen rennradsportlichen Highlights sich uns aber erst auf der nächsten Etappe präsentieren sollten. Nur Reiseleiter Alex, der mit dem Bus unser Gepäck fuhr, den täglichen Einkauf erledigte und die Buffets vorbereitete, gab sich am dritten Abend bereits den langen Anstieg zum Oberbecken von Dlouhé Stráne; und für uns zu später Stunde das OK für den nächsten Tag.
Dlouhé Stráne. Das ist das größte Pumpspeicherwerk von Tschechien, dessen Oberbecken in 1300 m Höhe auf dem Bergrücken des Altvatergebirges in ein riesigen Betonbecken eingefasst ist. Ähnlichkeiten zu einem Velodrom sind nicht zu übersehen. Fast 900 Höhenmeter misst der Anstieg – ein ganz schöner Kracher von Berg für ein Mittelgebirge. Gegen 11 Uhr hatten alle diesen Anstieg bewältigt und verabschiedeten sich in einer rasanten Abfahrt durch den dichten und saftig grünen Wald von den hohen Bergen des Altvatergebirges. Unsere Reise setzte sich im Gegensatz zur Krakau-Fernfahrt nun weiter südlich fort. Schließlich liegt unser großes Ziel der Reise in Ungarn, weiter im Süden. Durch die abwechslungsreiche Hügellandschaft Mährens steuerten wir bis nach Prerau. Auf schlechter Straße gab die Garminhalterung von Benjamin den Erschütterungen nach. Zum Glück blieb das Gerät ganz. Nicht besonders einladend war dann auch der Blick auf den Zielort. Schornsteine und große Wohnblöcke dominierten das Stadtbild von Prerau. Aber auch das ist der Charme des Ostens und so hatte unser Hotel noch einen der moderneren Anstriche im Ort. Siglinde, die Etappe vier mit Hans zusammen fuhr, erzählte am nächste Morgen, dass sie tatsächlich im Hotel gleich nebenan einchecken wollte, wo nur noch der Aufdruck auf der stark bröckelnden Fassade des grauen Plattenbaus überhaupt offenbarte, das dies mal ein Hotel war oder vielleicht noch ist. Aber das ist dann doch nicht unser Anspruch bei quäldich, auch nicht im Osten, wo viele Hotels sehr modern und stilvoll sind.
Es war Halbzeit auf unserer Fernfahrt von Dresden nach Budapest. Nun wurde es auch für uns Organisatoren abenteuerlicher und die verbliebene Strecke war zum Großteil Neuland. Unsere fünfte Etappe führte uns einmal durch die mährisch-schlesischen Beskiden. Über kleine Pässe, durch Wälder, über Wiesen und kleine Dörfer. Raimund meinte nach zehn Kilometern, dass er vermutlich sein Ladekabel im Hotel vergessen haben könnte. Schnell mit Alex telefoniert, der extra nochmal zurück fuhr und nachschaute. Nichts da, das Kabel war im Gepäck. Etwas anderes lag jedoch noch im Hotel, doch später dazu mehr… Zur Pause gab es das gewohnt umfangreiche Buffet und alkoholfreies Radler. Kirschradler! Was so einige verschmähten, kippte ich mir mit Apfelsaft in die Trinkflaschen. Der Tageshöhepunkt stand bevor. Der Anstieg hoch in die Ortschaft Pustevny unterhalb des Berges Radhoscht. Da wo angeblich die mährischen Walachen in schönen verschnörkelten Holzhäusern leb(t)en. Heute waren nur Touristen zu sehen. Ein paar zuviele. Der Anstieg war gut, den Hochpunkt hätten wir uns auch schenken können. Letztlich stand es so ähnlich auch schon in der quäldich-Passbeschreibung. Bei Bertrand wurden nun Verschleißerscheinungen sichtbar. Nein, nicht am Körper. Sein Rad wollte nur nicht mehr so präzise schalten und öfters verweigerte die Kette auf das 11er Ritzel zu springen. Zur zweiten Pause schalteten wir noch ein paar mal hin und her bis die Kette auf dem 11er Ritzel war und dann gar nichts mehr ging. Vermutlich Schaltzugriss im Hebel, der zu allem Leid auch noch blockierte. Ich selber habe durch eine abgefetzten und die Mechanik blockierenden Nippel im Hebel schon einen Shimano Ultegra STI entsorgen müssen. Naja, Bertrand wusste wohl noch nicht ganz, wie brenzlig die Lage ist - er kämpfte sich mit dem großen Gang noch über einen kleine Pass bis zum exquisiten Hotel. Nun wurde geschraubt. Bei Jan waren die Bremsbeläge durch. Bertrand kümmerte sich um dessen Hobel, während ich mich an Bertrands Trek Emonda wagte und versuchte den tatsächlich abgerissenen Nippel aus dem Hebel zu bekommen. Schlimmste Befürchtungen hatte ich wegen meinen schlechten Erfahrungen. Doch die aktuelle 8000er Version der Schalthebel hat ein kleines Fach, wo der Nippel reinfällt. Nach 15 Minuten Gefriemel und mit dem neuen Werkzeugset von quäldich war der Eingriff geschafft und der Nippel draußen. Nun den neuen Zug im Rahmen zu verlegen war die nächste Hürde, aber auch nicht schwieriger wie die erste. Die „Arbeit“ des Tages endlich geschafft könnte man meinen. Check In im Hotel. Beim Griff ins Portemonnaie Entsetzen. Mein Personalausweis fehlt… und liegt noch im Hotel in Prerau, da wo Alex früh extra nochmal hingefahren ist, um das Kabel für Raimund zu besorgen. Danke digitaler Ausweiskopie konnte ich dennoch einchecken. Ohne Ausweis die nächsten Tage durch die Slowakei und Ungarn zu reisen, war kein so beruhigender Gedanke, aber nochmal zurück fahren, irgendwie auch keine Option für mich und zu viel Aufwand, wenn zumindest auf dem Telefon eine Kopie des Ausweises vorhanden ist. Lieber per Post zurück nach Dresden schicken lassen. Reiseleiter Alex entschied sich dann doch, es war bereits nach 22 Uhr, nochmal in das Hotel zurück zu fahren. Voller Einsatz und eine dreistündige Autofahrt bis nachts 1 Uhr bedeutete dies. DANKE Alex!
6:55 Uhr klingelte wieder der Wecker. Der von Alex immer ein paar Sekunden eher wie meiner. Frühstück und erstmals nicht ganz so motivierte Gesichter. Es regnete draußen und die Vorhersage für den sechsten Tag war auch nicht besonders. Dabei sollte es doch die Königsetappe mit einem unbekannten Schlussanstieg werden. Spannend! Nie zuvor war jemand von quäldich.de auf der Martinske Hole in der Mala Fatra. Ein 1000 Höhenmeter-Anstieg auf 12 Kilometern. Als Plusoption war dieser Anstieg optional am Ende der Etappe. Entgegen der Vorhersage blieben wir praktisch ab 9 Uhr trocken von oben. Über einen kurz und knackigen Grenzpass wechselten wir das Staatsgebiet und verabschiedeten uns nach fünf Etappen von Tschechien. Entlang der Waag, dem längsten Fluss in der Slowakei rollten wir höhenmeterarm und machten Strecke. Auch das sind unsere Fernfahrten im Osten. Zum Mittagessen öffnete der Himmel seine Schleusen. Besser hätten wir nicht planen können. Nach dem Essen, bei Thomas gab es mal wieder Gulasch mit Knödel, nur noch nass von unten. Nach zwei kleineren Pässen waren mitten in einem weiten Talkessel, umgeben von hohen Bergen der Karpaten. Groß die Ähnlichkeiten mit den Waldkarpaten auf unserer Rumänienreise, bei der wir noch deutlich weiter im Osten und Süden unterwegs sind. Die dunklen Wolken am Himmel wirkten dramatisch. Alle erstmal zum Hotel. Bereits am Vorabend sagte ich bei der Besprechung, dass ich auf jeden Fall auf die Martinske Hole fahren werden, auch wenn es regnet. So war es nun und es war nur noch eine Frage von Minuten bis der nächste starke Schauer durchzieht. Der Check des Wetterradars war dann gar nicht so ernüchternd: „Wenn wir die 1000 Höhenmeter geschafft haben und auf der Martinske Hole sind, wird es nicht mehr regnen“. Man muss es positiv sehen. Trotz des eigentlich miesen Wetters machten sich immerhin noch neun von uns und Alex auf zur Martinske Hole und auf die 36 km Zusatzschleife. Pünktlich zu Anstiegsbeginn schüttete es und die Temperaturen sanken auf um die 10 Grad. Zweimal wartete ich im Anstieg bis alle durchgefahren waren und fragte noch respektvoll, ob jemand umdrehen möchte. Keiner machte Anstalten – alle waren hart im Kopf. Der Anstieg zur Martinske Hole ist eine Stichstraße. Wenn man hochfährt, sieht man also auch gleich, was einen bergab erwarten wird. Und das war vom Asphaltzustand schon eine ziemliche Katastrophe und sehr grenzwertig für die schmalen Reifen. Alle fuhren weiter und alle fanden den Weg zum Gifel im Nebel, wo es tatsächlich nicht mehr regnete. Den Weg hoch zu finden, war gar nicht so leicht, zweigen im Skiort, einige hundert Höhenmeter unterhalb des Gipfels, mehrere Straßen ab, die alle ziemlich zerstört aussehen. Keine davon lädt zur Befahrung ein. Umso bemerkenswerter, das wir alle bis hoch fuhren, selbst Adriana meisterte die Martinske Hole. Großartig! Gegen 19:30 Uhr und mit zwei Platten in der Abfahrt, waren wir endlich im Hotel angekommen. Bertrand haute zum Abendessen heraus: „der Spindlerpass hatte dagegen Flüsterasphalt“. Welch treffende Aussage.
Tag 7. Endspurt auf unserer Fernfahrt und Budapest fast schon greifbar. Zwischen der Großen und Kleine Fatra wellte sich die Strecke mit teils fiesen Rampen und weiten Panoramablicken durch die Slowakei nach Süden. Die hohen Berge ließen wir hinter uns – im slowakischen Erzgebirge stand gemäßigtes Terrain an. Dazwischen die Mittagspause und was gab es für Thomas? Richtig. Knödel mit Gulasch! „Immer ein bisschen anders und jedes mal ein bisschen leckerer“, sein Fazit nach sieben Tage Gulaschtour.
Blieben wir auf den ersten fünf Etappen stets trocken, erwischte uns auch auf der siebten Etappe noch ein kräftiger Gewitterguss, der uns die letzte Stunde bis ins Hotel nach Dudince begleitete. Hier in der Unterkunft schien mindestens 20 Jahre lang die Zeit stehen geblieben zu sein, doch machte das nette Personal den verstaubten Eindruck wieder weg. Die Freude groß aufs Abendessen. Der Schrecken noch größer, nachdem jeder nur einen Teller bekam und die Küche nichts, gar nichts (!), mehr servieren konnte. Keine Vorspeise, kein Dessert. Nichtmal Pommes oder Kartoffeln. Hungrige Radsportler, die 1000 Kilometer in den Beinen haben und abends nicht satt werden. Das ist ein No-Go für unsere Reisen. Den Fauxpas mussten wir ausbügeln, möglichst schnell. Der arme Kellner musste einiges an Gegenwind aushalten, aber wir fanden dann doch noch gemeinsam eine unkonventionelle Lösung. Auf unseren Wunsch wurden 21 Pizzen bestellt und angeliefert. Schlussendlich waren alle zufrieden und bei der nächsten Austragung von Dresden - Budapest wird dieses Hotel mit Sicherheit nicht mehr zu wenig Essen auftischen.
Eine ganze Woche waren wir bereits unterwegs, eine letzte Etappe mit reichlich 100 km trennte uns noch von Budapest – dem Ziel unserer Fernfahrt. Es regnete die ganze Nacht. Erfreulicherweise hörte es wieder genau 9 Uhr zum Start auf und wir setzten uns ein letztes mal in Bewegung – unterwegs auf den Straßen des Ostens. Teils perfekt asphaltiert, teils rau und ruppig, selten auch mit größeren Schlaglöchern, wo man den Asphalt suchen muss. Die Kilometer bis nach Gran, in die alte Hauptstadt Ungarns zeigten uns nochmal die ganze Bandbreite an Straßenqualitäten. Bein Anblick der breiten und imposanten Donau vor der eindrucksvoll großen Kathedrale von Gran kamen bei wohl allen erste triumphale Gefühle auf. Wir waren fast am Ziel unserer Reise und nach Fahrt über die Maria-Valeria-Brücke endlich in Ungarn. Noch ein Berg trennte uns von Budapest. Durch fast schon giftgrünen Wald schlängelte sich das raue, schwarze Asphaltband. Eine letzte Verpflegung bei Alex. Eine lange Abfahrt, durch die Vororte von Budapest, das Budapester Ortseingangsschild in rauschender Fahrt, wenige Ampeln, entlang der Donau, die Margareteninsel, das Parlamentsgebäude, die Fischerbastei, die Kettenbrücke. Wir waren da! Nach einer Woche Abenteuer durch den Osten Europas am Ziel unserer Reise inmitten einer fast zwei Millionen großen Metropole. Komplett sturzfrei und nahezu ohne Komplikationen sind alle gesund und glücklich in Budapest angekommen. Es war ein Erlebnis und ein würdiger Abschluss. Noch etwas Erholung ohne Rad für alle auf der Donau bei einer kleinen Schifffahrt am Nachmittag und das gemeinsame Abendessen in der Stadt als runder Abschluss der Reise. Was gab es beim letzten Abendessen für Thomas? Ungarischen Gulasch!