Halbzeit bei Freiburg-Nizza. Wir haben heute Italien durchquert, sind in Frankreich angekommen und melden uns aus dem savoyardischen Seez. Vier wunderschöne Etappen liegen hinter uns, vier hoffentlich genauso schöne Etappen noch vor uns. Bevor wir uns aber in erneuten Lobhudeleien über unsere eigene ebenso gelungene wie überlegene Streckenplanung ergießen, müssen wir einen riesengroßen Dank aussprechen. Ohne quäldich-User
droopy, der die entsprechende Passbeschreibung verfasst hat, wären wir wohl nie auf die Route des Salasses aufmerksam geworden, jene wunderschöne Hangstraße oberhalb des Aostatals, die unsere Reise heute um ein gigantisches Highlight bereichert hat. Vielen Dank auch an droopy für den direkten Kontakt und die Ermunterung, die Straße zu befahren. Alles weitere zu den Salassern findet sich in der
Passbeschreibung.
Nach all den langen Etappen der letzten Tage durch Schwarzwald, Jura, die Voralpen und auf den Grand Saint Bernard sind wir heute mal froh um eine etwas kürzere Etappe. 95 km sind es effektiv, wenn man die 25 km Abfahrt vom Bernard streicht, die wir dank der gestrigen Bergankunft heute ja geschenkt bekommen. Schönrechnen ist alles. Und so sausen wir im Morgengrauen hinab ins Aostatal, da schon die Sonne vom wolkenlosen Himmel scheint, ist es ganz und gar nicht so kalt wie befürchtet, und die Abfahrt durch herrliche Hochalpenlandschaft macht großen Spaß. Dennoch haben wir Moni und Erich an der Abzweigung auf die Route des Salasses postiert, damit Jacken und Beinlinge bei unserem treuen Helferduo abgeworfen werden können.
Und dann geht es ab auf die Höhenstraße. Herrliches Panorama hat droopy versprochen, hinab ins Tal und auf die gegenüberliegenden Berge. Mangels detaillierten Höhendaten ist die Hangstraße die große Unbekannte unserer Tour, und ein wenig mulmig ist mir schon. Doch als sich schon bald die sagenhaften Panoramen auf schneebedeckte Gipfel bis hin zum Montblanc-Massiv einstellen, sind die Restzweifel bald verflogen, und auch die Höhenmeter dank einiges auf und ab, die nicht im Profil enthalten waren, sind gut investiert. Sensationelle Route des Salasses - für mich bislang der Höhepunkt dieser Reise! Die spektakuläre Serpentinenabfahrt - landschaftlich eigentlich schöner als die bekannten
Lacets de Montvernier - tut dann ihr übriges. Breites Grinsen bei allen, als wir wieder im Tal ankommen.
Die zweite Tageshälfte kann da nicht so ganz mithalten. Das Aostatal hochcruisen bis Morgex, wo Moni wieder für uns an der Schnittchenfront schuftet, während Erich nur schwer davon abgehalten werden kann, seine Pistole auszupacken, um eine höchstens mäßg begabte Blasmusikkapelle zum Verstummen zu bringen, die direkt neben unserem Parkplatz Stellung bezogen haben. Danke an Moni und Erich!
Noch ein paar Kilometer im Aostatal fehlen, bis es in den Piccolo San Bernardo geht, den kleinen Bruder des Passes, auf dem wir heute gestartet sind. Auch er ist lang, breit ausgebaut und recht stark befahren, doch nur mäßig steil, und so finden wir einen guten Tritt für diese letzte Herausforderung des Tages. Teile der ausdauernden und der entspannten Gruppe legen noch einen Zwischenstopp in La Thuile bei Cappuccino, Cola und Eis ein, um noch ein wenig italienisches Flair zu tanken - schließlich sind wir heute Abend schon wieder in Frankreich angekommen.
Die zweite Hälfte des Passes erfordert dann Durchhaltevermögen. Da allerdings auch die Landschaft immer hochalpiner und schöner wird, und die Steigungen weiterhin eher moderat bleiben, können wir im Hybrid-Grupetto schön hochkurbeln. Auf den letzten drei dem Wind ausgesetzten Kilometern sind dann die Guide-Toms als Windbrecher gefordert, und schon stehen wir an der Passhöhe. 25 km Abfahrt bis Villard-Dessus (nicht Villard-Dessous). Halbzeit!
Weisheit des Tages:
"Wenn du ein enges Herz hast, was nützt dir die weite Welt?"
(armenisches Sprichwort, laut der Wand im Zimmer 401 auf dem Grand Saint Bernard)
Grüße des Tages:
... gehen nach Tiefencastel an Peter, Denny und Jens und alle Teilnehmer unserer Schweiz-Reise, die parallel stattfindet. Wir hoffen, ihr habt genauso schöne eindrucksvolle Tage wie wir!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Heute geht es hinab ins Aostatal und über den Col du Petit Saint Bernard nach Savoyen.
Nach der schweren Bergankunft gestern ist die heutige Etappe deutlich leichter. Sie ist zwar lang, aber die ersten etwa 25 km sind rauschende Abfahrt – am frühen Morgen natürlich entsprechend warm angezogen. Allzu unaufmerksam sollte man allerdings nicht ins Tal jagen, denn sonst verpasst man den Abzweig auf die Route des Salasses, die oberhalb des Aostatals am Hang entlang führt und uns einige Kilometer auf der viel befahrenen Hauptstraße erspart. Und zudem noch hübsche Ausblicke auf die umliegende Bergwelt serviert. Ein Stück Hauptstraße bis Pré-Saint-Didier bleibt uns dann jedoch nicht erspart. Ab hier allerdings geht es wieder in die Berge, der kleine Bruder des Grand Saint Bernard steht auf dem Programm. Auch der Col du Petit Saint Bernard ist lang, und man muss sich die Kräfte gut einteilen, dafür hat man von oben einen der schönsten Blicke auf den Montblanc. Die Abfahrt vom Pass führt uns bis ins savoyardische Seez, oberhalb von Bourg-Saint-Maurice gelegen, wo wir die Nacht verbringen.