21.08.2016,
Jan:
Herzlich Willkommen zur Berichterstattung der Pyrenäen-Geheimtipps, die heute morgen in Tarbes gestartet sind. Gestern hat es hier noch geregnet, ab heute soll es trocken sein, ab morgen die Sonne scheinen. Was für ein Glück!
Nach dem obligatorischen Gruppenfoto zum Start brechen wir auf, direkt Richtung Süden, genau auf den Pic du Midi zu – Richtung Tourmalet, unserem ersten Pass. Heute stehen mit ihm und dem Aspin zwei große Tour-de-France-Klassiker an, und erst morgen wenden wir uns den Geheimtipps zu.
Gleich 300 m hinter dem Hotel biegen wir schon auf die äußerst schmale D7 ein, die uns durch Felder und Wälder und an kleinen Gehöften vorbei fast vollkommen verkehrsfrei bis nach Bourréac, und von dort auf einer schönen Abfahrt hinunter nach Lézignan führt. Diese Abfahrt können wir uns merken, denn auf dem Rückweg müssen wir hier wieder hoch. Hier sind wir schon sehr nah an den Pyrenäen und die Gipfel scheinen zum Greifen nahe.
Lourdes erreichen wir über eine etwas stärker befahrene Straße. Ich kenne sie von der letzten Etappe der Pyrenäen-Klassiker 2014, die noch in Lannemezan geendet hat. Unter der Hitze der damaligen, sehr harten, eigentlich zu harten Abschlussetappe haben wir heute nicht zu leiden. Es hat sich wieder zugezogen, und ich ziehe mir meine Ärmlinge an, weil es frisch ist, und weil ich schon krank genug bin. Seit Donnerstag bin ich erkältet, und ich werde in Luz-St-Sauveur in das Begleitfahrzeug steigen. Erstmals.
Ab Lourdes befahren wir für einige Kilometer den Voie Verte des Gaves, einen Radweg auf einer ehemaligen Radtrasse. Natürlich haben wir mit ein paar Pollern zu kämpfen, aber mir gefällt die Streckenführung entlang der Gave de Pau dennoch gut. For Boô wechseln wir für einige Kilometer auf die äußerst schmale D13. Kurz vor La Lanne ist es dann mit der Ruhe vorbei, denn die letzten Kilometer bis Luz-Saint-Sauveur müssen wir auf die D 913, auf der der Verkehr deutlich stärker ist und uns vom Genuss der schönen Schluchtstrecke abhält.
Ich erinnere mich an 2014, als ich in der rasant absolvierten Gegenrichtung noch dachte: "gut, dass wir hier runter fahren". Aber auch dieser Abschnitt ist letztlich problemlos absolviert. Und
jetzt befinden wir uns auch wirklich mitten in den Pyrenäen. Die plötzlich massiv auftretenden "Non à l'ours"-Schriftzüge an den Häusern und auf den Straßen beweisen es.
Tja, und hier endet mein aktiver Part für heute. Schon bis hier war ich schon gedopt unterwegs: Christoph hatte mich mit Pseudo-Ephidrin ausgestattet, und die 1400 Höhenmeter auf 18 km möchte ich mir in dem Zustand nicht antun. Schließlich muss ich noch ein paar Tage durchhalten. Kaum haben wir uns am Straßenrand postiert, um mich ausscheren zu lassen, kommt auch schon Thomas mit dem Begleitfahrzeug vorgefahren. Perfektes Timing!
Im Begleitfahrzeug ist die monumentale Westrampe des Tourmalet erstaunlicherweise ein Kinderspiel. Thomas drückt aufs Gas, und schon sind wir (nach zwei Fotostopps) auf der Passhöhe, wo nach und nach die Recken eintreffen: Stefan hat ordentlich Druck gemacht und die sportive Gruppe gesprengt, und so zieht sich der Einmarsch der Gladiatoren über eineinhalb Stunden hin. Es ist empflindlich kalt hier oben, und so wird der Mittagsstopp kurzerhand ins Tal verlegt. Reini schreibt noch eine SMS aus der Abfahrt, dass sich alle ordentlich anziehen sollen - es sei arschkalt, auch wenns auf der Passhöhe mit 12 Grad noch völlig in Ordnung ist. Und so zieht sich der Rest alles an was geht. In Ste-Marie-de-Campan halten Thomas und ich nochmals an, um die überschüssige Kleidung wieder aufzunehmen, und dann machen wir uns (fast) auf dem schnellsten Weg nach Saint Lary de Soulan, unserem Etappenziel. Über den Aspin fahren wir aber, denn die Abfahrt gehört wirklich zu den schönsten der gesamten Pyrenäen, und die lassen wir uns nicht von der Abkürzung über den (auch sehr netten) Hourquette d'Ancizan nehmen.
Das Hotel in Saint Lary erreichen wir drei Minuten nach der sportiven Gruppe - nochmals perfekt getimet.
Mittlerweile ist auch die entspannte Gruppe eingetroffen. Jetzt Wellness und aufs Abendessen warten.
Hoffentlich bin ich morgen fit genug, wenigstens den
Alto de Fanlo zu fahren. Denn der ist der Anlass der Reise. Drückt mir die Daumen. Und den Teilnehmern, dass sie morgen wieder zwei Guides haben.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Dass in dieser Reise neben den Pyrenäen-Geheimtipps auch die Klassiker nicht zu kurz kommen, beweisen wir gleich auf der ersten Etappe: mit dem Col du Tourmalet und dem Col d'Aspin werden gleich zwei der größten Tour-de-France-Klassiker befahren. Erst morgen verlassen wir die "ausgetretenen" Pfade der Pyrenäen und wenden uns den Geheimtipps zu. Der heutige Tag bietet sich also an, sich ein gewisses Klassiker-Polster anzufressen, was wir in den nächsten vier Tagen aufbrauchen können. Erst an Tag Sechs erreichen wir mit dem Col du Marie-Blanque und dem Col d'Aubisque wieder Klassiker-Terrain.
Der Tourmalet wird dabei erstmals im Rahmen einer quaeldich-Reise über die schönere und anspruchsvollere Westseite befahren, so dass wir durch den wenig anheimelnden Ski-Retortenort La Mongie auf der Ostseite in der Abfahrt hindurch rauschen können. Nach der herrlichen Abfahrt vom Aspin steigen wir noch sanft 13 km im Tal an, um hernach in Saint-Lary-Soulan in unser Vier-Sterne-Hotel einchecken zu können.