24.07.2016,
majortom:
Sonntag Morgen in Seyssins bei Grenoble. Die Wolken hängen tief über dem Vercors (wo wir rauf wollen) und den anderen Bergen, die Grenoble umgeben (wo wir heute nicht rauf wollen). Gestern hat das Einchecken und gegenseitige Beschnuppern sehr gut funktioniert, viele alte Hasen dabei, die sich enthusiastisch begrüßt haben. Die ausschweifende Begrüßungsansprache des Chefguides hat zwar nicht direkt Jubelorgien geerntet, ich meine jedoch zu spüren, dass ich schon etwas Begeisterung für den heute auf dem Speiseplan stehenden Vercors erwecken konnte – falls das bei der Vorfreude auf die vor uns liegende Woche überhaupt noch nötig ist.
Wie auch immer. Wir starten in den Anstieg nach
Saint-Nizier, der direkt von der Kyriad-Luxusherberge aus startet, und dem wir somit die Gruppeneinteilung überlassen. Ein Plan, der nicht ganz aufgeht, denn es scheinen alle angestachelt zu sein, möglichst weit nach vorne zu fahren. Jan fährt als Sportivguide vorne weg, Peter sichert das Peloton nach hinten ab und schart Entspannte-Gruppe-Kandidaten um mich. Da ich zunächst als Humanwegweiser in einem Seyssinschen Kreisverkehr stehe, kann ich das Feld von hinten aufrollen und finde dann mit Marcel und Volker zwei Mitstreiter, mit denen ich denke, gutes Ausdauernde-Gruppe-Tempo zu fahren. Inzwischen sind wir in die Nebelsuppe eingetaucht, aber es ist nicht wirklich kalt, macht aber nichts.
An der Passhöhe eröffnen mit meine Mitstreiter dann, dass sie in der entspannten Gruppe fahren möchten, somit bin ich nun ein Guide ohne Gruppe und drücke alleine aufs Tempo, in der Hoffnung, auf dem Weg nach Villard-de-Lans ein paar Kandidaten aufzugabeln. Bald stößt Kordula dazu (die den Tiefstapel-Preis des Tages bekommt), später in der Abfahrt durch die herrliche Gorges de la Bourne dann Stefan. Immerhin bin ich nicht mehr alleine unterwegs. Die Gorges wird von Stefan als „Hammer!“ charakterisiert, was es ganz gut auf den Punkt bringt.
In Pont-en-Royans wächst meine Gruppe dann erneut, und wir nehmen das wellige Stück bis Saint-Jean in Angriff, wo wir die einzigartige Sille mit dem einzigartigen Mittagsbuffet erwarten. Eine SMS informiert uns, dass sie schon im Anstieg steht, was bei einigen Strava-Jüngern Stirnrunzeln hervorruft – macht ja die Segmentzeiten kaputt. Doch am Buffet angekommen, ist wohl jeder glücklich über das reichhaltige Angebot. Vielen Dank an Sille für diesen Extra-Service.
Es folgt der
Col de la Machine, zweigeteilt in den langweiligen steilen und den atemberaubenden flachen Teil, letzterer auch als Combe Laval bekannt. Ich hatte schon angedeutet, dass die Gorges de la Bourne noch übertroffen wird, und als wie hoch über dem Talkessel durch die Felstunnels fahren, stimmt mir wohl jeder zu. Sensationelle Combe Laval!
Dann kommt das als etwas zäh angekündigte Kackwellenstück bis zum
Col de Rousset, das wir in einem ausdauernden Grupetto aber in gemäßigt-ausdauerndem Tempo in Angriff nehmen. „Fahrt am Rousset gleich durch den Tunnel, da ist der Himmel blau“, kündige ich großspurig an und ernte skeptische Blicke aufgrund des bedeckten Himmels. Doch ich behalte recht, und wir sehen von oben herab auf das sonnendurchflutete Diois (das wir auf dieser Reise leider rechts liegen lassen müssen). Starker Wind drückt uns entgegen, aber die Abfahrt ist wie angekündigt äußerst schön, und am Ende der Abfahrt erwarten uns lila blühende Lavendelfelder. Wir sind im Süden angekommen.
Wie Sille inzwischen in Erfahrung gebracht hat, macht unser heutiges Domizil erst um 16 Uhr auf, weswegen die sportiven auf Café und Panaché eingekehrt sind. Meine Splittergruppe gesellt sich dazu, und wir genießen die ersten wirklichen Sonnenstrahlen der Tour du Dauphiné. Traumhafte Etappe habe ich da geplant... (da es mir einige Teilnehmer unaufgefordert und überschwänglich bestätigt haben, darf ich das schreiben, ohne als arrogante Fritte zu gelten.)
Oder um es in
Jans Berichterstattungsstil zu sagen:
Sensationeller Vercors! GEIL!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wir beginnen mit einer langen Etappe, die uns von unserem Startort Grenoble in die bekannten Schluchten des Vercors führt – allen voran Gorges de la Bourne und Combe Laval. Am Ende des eindrucksvollen Tages steht eine lange Abfahrt vom Col de Rousset in den Etappenort Die.
Ausgangspunkt der Reise ist Grenoble. Die Universitätsstadt im Isèretal ist günstig gelegen für unsere Zwecke, schließt sich der Vercors mit seinen schroffen Gipfeln doch unmittelbar südwestlich an. Und so starten wir direkt in den ersten Anstieg nach
Saint-Nizier-du-Moucheroutte, das nach ca. 18 km und 1000 Hm erreicht ist. Über die überraschend liebliche Hochebene des Vercors radeln wir bis Villard de Lans, von wo aus wir das erste landschaftliche Highlight abwärts in Angriff nehmen – die herrliche Schlucht
Gorges de la Bourne. So gelangen wir an den Ostrand des Massivs, und nach einigen Kilometern in südlicher Richtung geht es wieder bergauf. Zunächst recht unspektakulär bis zum Col Gaudissart, doch gleich im Anschluss wird die sensationelle
Combe Laval gefahren, wo die Straße in abenteuerlicher Weise an eine Steilwand gebaut wurde.
Auf den restlichen Kilometern ist dann Durchhaltevermögen angesagt. Über hügeliges Gebiet dringen wir weiter nach Süden vor bis zum
Col de Rousset, der uns eine tolle lange Abfahrt ins Drome-Tal beschert. In Die, einem putzigen kleinen Örtchen, können wir dann die Etappe mit einem Gläschen Clairette de Die ausklingen lassen.