05.09.2014,
Jan:
Leichter Nieselregen empfängt uns am Morgen in Saint-Girons. Das Frühstück im Eychenne ist erstklassig. Überhaupt ist das Hotel sehr empfehlenswert. Daher fällt es umso leichter, die Abfahrt auf halb 10 zu verlegen, wo der Regen tatsächlich aufgehört hat. So starten wir auf nassen Straßen, durchqueren die im Morgentrubel befindliche Kleinstadt Saint Girons in Richtung Portet d'Aspet. Der ist im Höhenprofil blutrot eingezeichnet, und gespannte Erwartung und das hohe Gruppentempo lassen die Gespräche verstummen. Die Strecke führt uns durch Kulturlandschaften und schöne, ursprünglich wirkende Dörfer, die unter einer mystischen Nebeldecke liegen: Orgibet, Saint Lary und Portet d'Aspet. Hier macht der Anstieg ernst. Ernst, aber weitaus weniger ernst als erwartet. Oben verpflegt uns die Sille mit einem zweiten Frühstück. Wir entschließen, heute einmal früher im Hotel sein zu wollen und die Mittagspause zu streichen. Dennoch nehmen wir uns natürlich die Zeit, am Fabio-Casartelli-Denkmal in der Abfahrt innezuhalten. Tragisch ist ja, dass nur wenige Hundert Meter nach der Unfallstelle die Abfahrt endet und sofort in den Anstieg zum Menté übergeht. Das Feld ist unruhig. Immer wieder gibt es Vorstöße und Tempowechsel. Ich entscheide mich, mir die Unruhe von vorne anzuschauen und genieße die schöne, voralpin anmutende Landschaft. Mittlerweile ist es wieder sonnig, die Wolken hängen noch halb hoch an den Hängen – wie viel Glück haben wir bitte?
Noch mehr, denn wir sind vor Sille oben, die wir anhalten können und so sogar noch etwas zu essen bekommen. Die Abfahrt vom Menté ist herrlich, mit tollen Blicken in das obere Garonne-Tal und die darüber liegenden Felsformationen.
Interessanterweise zieht keiner die Option, nochmals von hinten über den Balès zu fahren, also donnern wir wie schon am ersten Tag hinunter nach Bagnères-de-Luchon und nehmen den letzten Anstieg und damit den dritten Klassiker des Tages in Angriff. Ein beherzter Antritt erzeugt Schmerzen aller Orten, aber dafür sind wir noch früher, als in unseren kühnsten Szenarien am Peyresourde, nämlich alle schnelle-Gruppe-Teilnehmer vor drei Uhr, wo es Cola und Crêpes gibt.
Immer noch brät die Sonne. Wir genießen das Gipfel- und Wetterglück.
Ursprünglicher Etappenbeschreibung
Klassiker-Stimmung liegt in der Luft. Die sechste Etappe führt uns über den
Col de Portet d'Aspet, den
Col de Menté und den
Col de Peyresourde, den wir auf der
ersten Etappe in der Gegenrichtung befahren haben.
Der Portet d'Aspet ist der kürzeste, aber anspruchsvollste von den dreien. In der Abfahrt vom Portet d'Aspet heißt es langsam zu fahren, um am Denkmal für den 1995 tödlich gestürzten Fabio Casartelli an- und innezuhalten.
Auch die Auffahrt zum Col de Menté liegt komplett im Wald. Die 20 km lange Talpassage entlang der Pique nach Bagnères de Luchon ist etwas eintönig und schon von der
ersten Etappe bekannt, aber für die meisten sicherlich der landschaftlich äußerst reizvollen Befahrung des
Port de Balès vorzuziehen (plus 33 km / 1.100 Hm) – diese Option kennen wir zudem schon in der Gegenrichtung vom ersten Tag.
In Bagnères steht nun der sehr gut fahrbare Peyresourde an, mit dem wir den dritten Pyrenäenklassiker des Tages in unser Palmarès einschreiben können.