Tagesbeschreibung vom 24. September 2015: Etwas mehr als geplant
Das war die Planung: Wir fahren diese Tour an Tag 6. Eine schöne und lange Runde die man relativ locker fahren kann da die Anstiege alle im gemässigten Bereich sind. Diese Runde lässt sich nicht abkürzen. An Tag 7 dann der Versuch, die 193km/4000Hm Runde zu fahren welche bei der Casa del Romano noch die Möglichkeit bietet, auf eine 130km/3000Hm Variante umzuschwenken.
Es beginnt auch alles planmässig. Start um 9, Roc schliesst sich unserer Gruppe an der zufälligerweise auch in Chiavari ist. Mehr oder weniger gemeinsam fahren wir den Passo del Bocco hoch. Angriffe werden keine gestartet und die Aussicht ist wieder mal überwältigend. Am Bocco wechseln 2 Teilnehmer in die Gruppe A die dort beim Kaffee sitzt.
Flott - bei nicht wenig Gegenwind und kühlen Temperaturen (es war eine kalte Nacht im Hinterland) - fahren wir durch das Tarotal bis Bedonia. Hier machen wir im netten Stadtzentrum recht ausgiebig Pause, geniessen die Sonne und kommen wieder auf Temperatur.
Es folgt der angekündigt langweilige Passo di Montevaca bevor wir Richtung Bardi ins Tal abbiegen. Hier kündigt ein Hinweis auf eine Strassensperrung für etwas Guideungemach, aber es lässt sich ausrechnen dass wir vor der Sperrung über den bis anhin unbekannten Passo di Pianazze abbiegen. Das Tal ist schön und einsam, einzig der rattige Belag macht uns etwas zu schaffen.
Der Passo di Pianazze ist äusserst angenehm zu fahren, eine angekündigte Strassensperrung kann geflissentlich ignoriert werden da die eine Strassenseite frei ist. Hüben wie drüben ein schöner und lieblicher pass, aber die Abfahrt erfordert viel Konzentration und Schlaglochumsteuerung.
So gelangen wir ins Val Nure, dessen unterer Teil vor 2 Wochen von einem äusserst heftigen Gewitter heimgesucht wurde. Dieses hat auch das Trebbia- und Avetotal betroffen. Wir fahren talaufwärts und machen die nächste Rast in der Sonne. Wir essen mehr als geplant, bezahlen aber auch deutlich mehr als geplant. Was solls, ein bisschen Entwicklungshilfe für das Hinterland muss sein.
Bisher liegen wir im Plan, aber nun gerät langsam aber sicher einiges aus dem Ruder. Nachdem die Pause schon länger gedauert hat als geplant bemerkt Bernie eine kaputte Speiche am quäldich Rad. Glücklicherweise ein klassisch eingespeichtes Laufrad. Diese drehen wir raus und zentrieren das Rad neu. Kostet natürlich wieder 15 Minuten.
So rollen wir mit recht vollem Bauch den Passo del Mercatello hoch und bemerken hier schon arge Schäden an der Strasse durch Hochwasser.
Ohne Stop treibe ich die Gruppe am Pass zur Weiterfahrt an weil wir hinter der Planung liegen. Wir nehmen eine kleine Strasse ins Avetotal. Ein paar Fotostopps müssen aber trotz der fortgeschrittenen Zeit drinliegen, die Ausblicke sind traumhaft.
Auf dieser kleinen Strasse offenbart sich nun, was hier vor 2 Wochen abgegangen sein muss. Ein eigentlich kleiner Bach hat eine riesige Schneise in den Wald gerissen und blöderweise kreuzt unsere Strasse diesen Bach mehrfach. Je tiefer wir ins Tal kommen umso mehr Crosseinlagen sind notwendig und dazwischen viel Geröll das auf der Strasse liegt. Wir verlieren viel Zeit.
Plötzlich stehen wir vor einem mehrere Meter langen Erdrutsch der die Strasse versperrt. Nicht gut. Die Strasse die hinter uns liegt war verdammt steil und wir sind schon recht weit unten im Tal. Auch wenn wir zurückkehren, die Alternative führt über den 1500 Meter hohen Passo del Zovallo. Wir entscheiden den Dreckhaufen zu «durchwaten» und hoffen, dass es nicht noch schlimmer wird. Grosses Lob hier an die Gruppe die unzimperlich mit dem teilweise sehr kostbaren Radmaterial umgeht. Nach der Fangopassage ist erstmal Schuhreinigung angesagt dass wir wieder in die Pedale einklicken können. Wobei - Kack würde es eher treffen als Fango denn das Dufterlebnis beim Auskratzen der Schuhe ist irgendwie nicht so vom Feinsten. Während der Auskratzaktion kommt uns ein Bagger entgegen der sich dem Dreckhaufen annehmen will. Das ist schon mal gute Kunde denn es bedeutet, dass der Weg nach unten geräumt wurde auch wenn wir sehr vorsichtig abfahren müssen da alles voller schmieriger Erde und Geröll ist.
Endlich im Avetotal abgekommen präsentiert sich ein Bild der Verwüstung. Einige kennen vielleicht die gerne gefahrene Flussrunde durchs Trebbia- und Avetotal. Das Avetotal ist vom Hochwasser komplett entstellt und der schöne, klare Fluss nur eine Drecksbrühe.
Traurig, aber wir müssen weiter. Im nächsten Ort (Salsominore) dann der GAU: Das Avetotal Richtung Küste ist gesperrt. Es kurven Radfahrer herum, LKWs die Richtung Baustelle fahren und ein paar Bewohner des Ortes. Ein paar Gespräche später ist klar, dass die Fahrt zurück unmöglich ist. Uns verbleiben noch 3 Stunden Tageslicht. Wir haben bisher 130km hinter uns,
Der einfachste Weg führt aus dem Avetotal raus nach Marsaglia, das ganze Trebbiatal hoch, über den Passo della Scoffera und durch das komplette Val Fontanabuona nach Chiavari. Die bange Frage der Teilnehmer «Wieviel?» muss ich leider mit 100km beantworten.
Es gibt keinen sinnvolleren Weg und nun müssen wir erstens keine Zeit mehr verlieren und zweitens zügig fahren. Erneutes Lob an die Truppe: die Stimmung ist gut, es kommt Abenteuerlust auf. Wir fahren einen ersten Teil bis ca. einen Drittel des Trebbiatals. Dort ist glücklicherweise mein Frau in den Ferien. unterwegs kann ich organisieren dass sie an der Strecke eine Cola-, Kuchen- und Paninostop organisiert. Vielen Dank an dieser Stelle für diese super organisierte Aktion. Wir konnten in 10 Minuten Standzeit genug Energie tanken um den Rest der Streclke durchzuziehen. Bei dem Stop organisieren wir den "Zug". Dieser fährt nun - glücklicherweise angeschoben von Rückenwind - bei konstantem und recht hohem Tempo Richtung Chiavari. Guide vornweg, Hilfsguide hinten, 8 Leute Einerreihe. Die Steigung zum Passo della Scoffera nehmen wir erstaunlich leicht und ich bin schon sehr erleichtert als wir die Abfahrt vom Scoffera bei einigermassen Tageslicht runterfahren können.
Das Val Fontanabuona dann noch hohes Tempo mit dem letzten Tageslicht und die letzten 15km bewältigen wir mit mulmigem Gefühl und Strassenbeleuchtung.
Um 20:05 treffen wir erleichtert in Chiavari ein, um eine unvergessliche Tour reicher. um 20:45 sitzen wir schon in der Pizzeria, bestellen viel zu viel weil dann doch zu viele Körner liegen geblieben sind um sich noch richtig den Magen vollzuschlagen.
Kaum ein Garmin hat durchgehalten, zum Schluss waren es dann 230km und 3350Hm. Die 4000er Tour von morgen verschieben wir auf ein anderes Jahr ...
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Eine tolle Abschlussrunde um die letzten Körner der Radsaison zu verbrennen. Wie Tour A fahren wir über den Passo del Bocco und das Tarotal nach Bedonia, zweigen aber nicht Richtung Segalino ab sondern fahren noch ein Stück tiefer ins Hinterland. Der Passo di Montevaca ist weder ein grosses Hindernis noch ein grosser Hingucker, danach geht es aber wellig und sehr einsam in ein Flusstal. Dieses verlassen wir über den bis anhin nie gefahrenen Passo di Pianazze der uns an den Fluss Nure bringt. Diesem folgen wir bis Ferriere wo ein schöner und angenehmer Anstieg zum Passo del Mercatello ansteht. Eine steile Abfahrt bringt uns ins landschaftlich imposante Val d'Aveto, das wir bis zum Passo la Forcella hochfahren. Auf der berüchtigten Holperstrecke vor Rezzoaglio werden dann die letzten Körner sicher fällig ...