Eigentlich stünde heute die dritte Auffahrt auf den Teide auf dem Programm. Die Begeisterung der Gruppe, erneut die ersten gut 50km nur bergauf und anschliessend die letzten gut 50km nur bergab zu fahren, hält sich jedoch in Grenzen. Und so freuen sich alle, dass das Guide Team beschliesst, stattdessen die gestern ausgefallene fünfte Etappe in den Nordosten Teneriffas nachzuholen. Dies gilt erst recht, als Jan diese mit 117km in der «Standardvariante» längste Tour der Reise bereits vorgestern Abend als unvergessliche «Königsetappe» angepriesen hat, die wir natürlich nicht verpassen möchten.So finden sich pünktlich um 9:00 alle Teilnehmenden gut gelaunt – und vom gestrigen unverhofft bezogenem echten (!!!) Ruhetag gut erholt – zum Start ein. Melli kommt wie immer in Turnschuhen, womit sie sich definitiv den ersten Preis in der Kategorie «Ankommen unter schwersten Bedingungen» verdient!
Während der Fahrt bleibt die Stimmung beschwingt (abgesehen von den Momenten, in denen es erneut einige längere 20%-Rampen zu bewältigen gilt). Am Flughafen Teneriffa Nord schmettert Jürgen, passend zum sich laufend verbessernden Wetter, ein spontan inspiriertes «Flieger, grüss mir die Sonne». Seine Textsicherheit reicht zwar nur bis zum Ende der ersten Zeile, aber diese bleibt uns als Ohrwurm noch eine Weile erhalten. Trotz aller Warnungen bzgl. Verkehr und Ampeln wissen wir kurz darauf selbst die längere Durchfahrung von Santa Cruz zu schätzen, zeigt sich Teneriffa hier doch noch einmal von einer ganz anderen, auf sympathische Art urbanen Seite. Weiter geht’s runter an den Hafen von Santa Cruz, wo uns angesichts der gigantischen Kreuzfahrtschiffe kurz der Atem stockt. Wir sind uns einig, dass eine Radreise niemals so quälend werden kann, dass wir einer Kreuzfahrt den Vorzug geben würden!
Sechs Kilometer weiter entlang der hier industriell geprägten Küste haben wir uns einen Café-Besuch verdient und geniessen in San Andrés die entspannte Stimmung mit Blick aufs Meer bei angenehmen 24 Grad. Es folgt der längste Aufstieg des Tages, der sich leider als je länger je nebeliger und nasser darstellt. Gunnar steuert mit seiner Gruppe 2 trotzdem tapfer jeden Aussichtspunkt an. Bei einer Sichtweite von einem Meter ist das spektakulärste daran allerdings der Pfad zur Aussichtsplattform mit seinen knöcheltiefen Pfützen. Immerhin passt die Stimmung zum zu durchfahrenden Mercedeswald, dessen mystische Stimmung mit seinen bemoosten Baumstämmen uns alle in seinen Bann zieht.Mystik hin oder her, eines der Highlights des Tages bleibt bei km 72 wie gehabt der Anblick von Silvia. Die bricht am letzten Tag noch mal ihren eigenen, bereits sehr hoch liegenden Rekord, nachdem sie u. a. offensichtlich den besten Bäcker Teneriffas ausfindig gemacht hat! Zum Glück sind wir nach der Pause somit gut gestärkt, denn die anschliessende Abfahrt hält erneut Regen und Kälte mit abgestorbenen Händen und Füssen bereit (nur Marian scheint extraterrestrische Gene zu haben – ja nun, Leipziger Jung). Zurück an der Nordküste werden wir dafür mit spektakulären Ausblicken belohnt. Plötzlich ist es auch wieder sommerlich warm und sonnig, was Kristina zu einem erneuten ihrer allseits geliebten «mega!»-Ausrufe verleitet. Martin möchte ihn am liebsten aufnehmen, um sich damit ab Montag im Büro bei Bedarf einen Motivationsschub verabreichen zu können. Kristina, wir werden dich vermissen!
Am abschliessenden Hotelberg gibt es heute mal keine Kraftdemonstrationen, vielmehr bewältigen wir ihn in schönster geschlossener Formation. Nach gebührender Tour-Abschluss-Zeremonie vor dem Hotel heisst es «abtakeln» und Abschied nehmen von unseren Rädern, die uns über die Woche beste Dienste geleistet und ohne nennenswerte Defekte über die Insel transportiert haben.
Am Abend löst das Hotelbuffet auch zum Finale keine Begeisterungsstürme aus, aber was könnte heute unwichtiger sein. Dafür bringen wir später Leben in die Hotelbar, wo sich die erstaunlich tollen live Sängerinnen offensichtlich freuen, ein anderes Publikum als die in ihren Stühlen offensichtlich zu Statuen erstarrten All Inclusive Gästen unterhalten zu dürfen. Statt Drama-Balladen ertönen jedenfalls plötzlich «Dancing Queen» (der vor allem Kristina und Melli alle Ehre machen) und andere Dance Classics.
Gleichzeitig ist dieser Abend in der Bar leider auch die Abschiedsparty unserer mittelgrossen Familie, zu der wir hier gefühlt in der letzten Woche zusammengewachsen sind. Morgen früh heisst es «ade» sagen. Und wenn es den meisten auch mit Radfahren erst mal reichen dürfte (Zitat Christian: «Ich war überrascht, wie hart die Woche war!») - zuhause wird sich bei den meisten sicherlich ein gewisses Heimweh einstellen. Ja nun, die ersten privaten Verabredungen oder Pläne für die nächsten gemeinsamen Quäldich Reisen sind zum Glück schon getroffen.
Vielen Dank an Jan, der seine Premiere als Reiseleiter mit seiner unaufgeregten und angenehmen Art mit Bravour bestanden und seine Gruppe 1 jederzeit spielend im Griff hatte!
Vielen Dank an Gunnar, unserem stets um all seine Schäfchen besorgten und allzeit bestens vorbereiteten Navigationsgenie, der sich geduldig am Ende der Quasseleinheit der Gruppe 2 ein gereiht hat und niemals müde wurde, uns (erfolglos) zum Fahren unterhalb der Dreierreihe zu ermahnen.
Vielen Dank an Roberto, der uns dank seiner Landes- und Sprachkenntnisse so manchen Weg geebnet und auf der Suche nach Haralds Fahrrad unermüdlich selbst den hintersten Winkel des Flughafens Teneriffa Süd erkundet hat.
Und natürlich herzlichen Dank an Silvia, unserem täglichen Fixstern, die jeden unserer Wünsche auf ihrem sensationellen Buffet in die Tat umgesetzt hat!
Ursprünglicher Etappenbericht:
Die Nordostauffahrt Richtung Teide steht zum Abschluss unserer Reise auf dem Tagesmenü. Doch zunächst rollen wir durch Santa Ursula Richtung Osten. Bis nach Ravelo führt die Straße durchaus unrythmisch bergauf, die ganz steilen Rampen umfahren wir aber geschickt. Denn die Kräfte gilt es zu schonen - für die folgenden 1600 Höhenmeter! Ein gigantischer Anstieg durch grünen Nadelwald, der uns im oberen Bereich immer wieder mit tollen Aussichten auf die Nordküste Teneriffas belohnt. Unterhalb des Obseravtorium sind wir oberhalb der Baumgrenze und haben freien Blick in nahezu alle Richtungen. Die lange Abfahrt ab El Portillo hinab nach La Orotava kennen wir schon von der dritten Etappe. Voller Abfahrtsgenuss zum Abschluss der Reise!