12.08.2018,
majortom:
Wir sind im Departement Ain angekommen. Da gestern meine Aussprache dieses Begiffes große Heiterkeit hervor gerufen hat, suche ich mir heute Abend dann beim Abendessen einen Freiwilligen, der den Bericht vorlesen darf, und verwende das Wort "Ain" dabei so häufig wie möglich.
Der Tag beginnt mit einem explodierenden Wasserhahn im Zimmer der Toms relativ unentspannt. Binnen Minuten steht das gesamte Chambre 45 unter Wasser, was den unterbezahlten Mitarbeiter an der Rezeption jedoch nur geringfügig aus der Ruhe bringt. Erst als er sich nach einiger Diskussion die Bescherung ansieht, wir er doch etwas weiß um die Nase (inzwischen läuft das Wasser schon aus dem Zimmer raus) und macht sich auf die Suche nach dem Haupthahn. Tatsächlich gelingt es nach einer Weile, und wir kommen sogar noch pünktlich zum Start im Nachbarhotel.
Es ist recht kühl auf 900 m Höhe in Pontarlier, aber blauer Himmel verspricht einen heißen Tag. Es herrscht eine schöne Morgenstimmung auf der Hochebene, die letzten Nebelschwaden über den Seen im jungen Doubs-Tal verziehen sich gerade, und wir cruisen noch gemütlich dahin. Ein wenig geht es zwar schon bergauf, aber meist nur ganz sanft, so dass alle Gruppen ordentlich Tempo aufnehmen können, und auch eine die Straße querende Kuhherde kann uns nur kurz aufhalten. Und schon geht es in rasanter Abfahrt hinab zu Pascal und Verpflegung Nummer eins.
Auf dem zweiten Etappenviertel wird es ein wenig welliger, aber noch immer kommen wir gut voran. Besonders die schmale Straße kurz vor der Mittagspause in Moirans-en-Montagne ruft Begeisterung hervor, ist sie doch mit schönen Ausblicken auf den Jura-Hauptkamm an der Grenze zur Schweiz garniert. Auf dem Speisezettel heute: Putensteak. Nun haben wir bald alle Varianten des menu sportif durch.
Das Highlight der Etappe erwartet uns kurz darauf nach zwei recht harmlosen Wellen. Hinter Montcusel geht es steil bergab ins Ain-Tal, wo der Ain zu einem Stausee aufgestaut ist. Am Aussichtspunkt genießen wir die herrlichen Blicke auf den Zusammenfluss von Ain und Bienne, die umliegenden steilen Felswände und die bewaldeten Hügel, sowie natürlich den in der Mittagssonne glitzernden See. Inzwischen ist es richtig heiß geworden. Der Hochsommer ist zurück. Die Abfahrt ist schmal, aber wunderschön, und auf der folgenden Passage am Ain-Stausee entlang quetscht Tom souverän an der Spitze des Feldes gegen den Wind. Abkühlung verschaffen uns kurz darauf die gut gelaunten Sille und Pascal mit Wasserpistolen.
So richtig anstrengend wird es nochmal am einzigen klassifizierten Anstieg des Tages, der Côte de Corveissat. Nicht wegen des Anstiegs - der ist eher moderat - sondern wegen der Hitze. Jetzt läuft der Schweiß in Strömen. Die Gruppe dagegen ist kaum zu halten voller Vorfreude auf den absoluten Höhepunkt des Tages. Den Pass schlechthin in Frankreich. Den Col de France!
Hammeranstieg. Ain, Ain, Ain. Schöne Grüße aus Bourg-en-Bresse.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Spätestens am dritten Tag sind wir in La France Profonde, dem ,,tiefen" Frankreich angekommen. Hier ist es einsam und ländlich auf den rauen Hochebenen des Jura. Nach dem Start in Pontarlier fahren wir eine ganze Zeit lang quasi parallel zur Schweizer Grenze entlang des jungen Doubs, wiederum parallel zu den Jurafalten, so dass nicht allzu viele Höhenmeter zu erwarten sind. Saftig grüner Wald und Weideflächen erwarten uns, Hochmoorlandschaften und einsame Landstraßen. Schließlich erreichen wir den Fluss Ain, der zu einer ganzen Reihe malerischer Seen angestaut ist. Ein letzter Anstieg zwischen Corveissat und Dhuys, und wir verlassen den Jura so langsam, gelangen in die Bresse, Heimat der bekannten Bresse-Hühner, und machen heute Quartier in dessen Hauptort Bourg-en-Bresse.