06.06.2015,
paelzman:
Über uns grollt der Gewitterdonner, wir sitzen trocken unter dem Dach der Hotelterrasse, auf das haselnussgroße Hagelkörner niedergehen, ein kühler Wind und ein ebenso kühles Panaché vertreiben die Strapazen des Tages.
Gestern war der Pétit Ballon das Highlight des Tages, heute befahren wir den Grand Ballon von Soultz über den Col Amic, der seinem kleinen Bruder in Sachen landschaftlicher Schönheit nur ein wenig nachsteht, dafür aber mit noch besseren Tiefblicken in die Rheinebene aufwartet, die hier zum Greifen nahe scheint.
Nach 1100 Höhenmetern kehren wir am Grand Ballon in der Hütte des Vogesenvereins ein, in dem Heidelbeerkuchen und Cola zu erschwinglichen Preisen feilgeboten werden. Zwar ist diese Pause noch sehr früh, aber die gestrige Erfahrung lehrt uns frühe Nahrungsaufnahme, um ein ähnlich spaßbefreites Auftreten wie gestern am Col du Calvaire zu verhindern. Schließlich ist vor dem Col de la Schlucht kein adäquates Restaurant mehr bekannt. Am Markstein biegen wir nach links in Richtung Lac du Wildenstein ab, zu dem uns eine rasante Abfahrt führt. Seliges Lächeln am Lac du Wildenstein. Die nicht Baden wollen fahren rechts (zwei Personen), der Rest springt (aus sozialen Gründen mit Radhose) in den See. Wunderbare Beiaktivierung.
Mit vorher nicht abrufbaren Kräften streben wir in kompakter Zweierreihe dem Col du Bramont zu, dessen wiederum rasante Abfahrt uns hinunter bis kurz vor La Bresse führt. Auf breiter Straße mit wenig Verkehr drosseln wir leicht das Tempo, da die fortschreitende Strecke langsam ihren Tribut zollt. Am Col de la Schlucht treffen wir auf die Gruppe drei, die hier am Rande des größten Parkplatzes der Vogesen Cola zu vorher ungekannten Preisen konsumiert. Geheimdienstinformationen weisen weiterhin darauf hin, dass es sich mangels Rhabarberkuchen hier nicht um eine
Rhabarberbarbarabar handelt, was uns dazu veranlasst, das Heulen der Motoren gegen die Stille am Hohneck zu tauschen. Somit fahren wir zügig auf die Route des Crêtes ein, die bis unterhalb Hohneck noch relativ unspektakulär ist. Dies ändert sich schlagartig mit dem Einbiegen in die Stichstraße zum Hohneck, die großartige Tiefblicke auf den Lac de Gerardmer preis gibt.
Herrlich geht es durch die Wiesen zum höchsten mit dem Rad anfahrbaren Punkt der Vogesen, von dem sich ein herrlicher Rundumblick ergibt, unter anderem auf Pétit und Grand Ballon, Munster im Osten und Gerardmer im Westen – wunderbar.
Die Hütte bietet nicht die höchste Esskultur, auch keinen Rhabarberkuchen, aber immerhin Heidelbeerkuchen, Elsasscola und Omelette zu vertretbaren Preisen. Satt werden wir auch, und so kehrt langsam die Farbe in unsere Gesichter zurück, die wir auf der Weiterfahrt zum Markstein durch hohes Tempo wieder zu verdrängen versuchen – erfolglos.
Am Markstein biegen wir links nach Linthal ab. Für die letzte rasante Abfahrt des Tages geben wir größte Vorsicht aus, die sich aber im Flow der Abfahrt erübrigt. Jetzt trennt uns nur noch der flüssig zu fahrende Col de Bannstein vom Ziel im Wintzfelden, wo sich mittlerweile wolkenbruchartige Regenfälle über uns ergießen.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Bei der anspruchsvolleren Variante gönnen wir uns noch ein wenig mehr von der Route des Crêtes, bis wir den Col de la Schlucht erneut, diesmal aber von Süden, erreichen. Auf der bereits bekannten Abfahrt nach Munster biegen wir heute aber ab in Richtung des Col du Wettstein, den wir heute aber aus Süden über eine mit Kehren gespickte Straße in Angriff nehmen. Über Collet du Linge folgt eine lange Abfahrt an den östlichen Rand des Munstertal, und einige letzte Höhenmeter über den Col du Firstplan führen uns zurück zu unserer Unterkunft.