07.08.2014,
axscoach:
Sonne empfängt uns in Liberec. Die illustre Reisegruppe begibt sich zum historischen Marktplatz mit dem Rathaus aus der Kaiserzeit zum Gruppenfoto.
Schnell haben wir Liberec verlassen und rollen in der kompletten Gruppe über zwei im Wald gelegene Anstiege nach Josefuv Dul, wo wir erstmals auf schmalste Straßen abbiegen, die sogleich rampig gen Himmel streben. Erstaunlich homogen zeigt die Gruppe keinerlei Anstalten, eine Einteilung in zwei Leistungsgruppen anzustreben. So haben wir nur
zweispaßbefreite Leistungstiere, die aber auch keine Fluchttendenzen entwickeln und die Gruppe geschlossen Richtung Klein Iser führen, wo bereits um kurz vor 12, nach knapp 2 Stunden Fahrzeit, die frühe Mittagsverpflegung in der Pyramiden-Baude ansteht, vor der ein pyramideneskes Bauwerk an den Besuch des Grafen von Liberec vor mehr als Einhundert Jahren erinnert.
Die zusätzlichen aufgenommenen Kilos ziehen uns herab nach Harrachov, dem mondän anmutenden tschechischen Skisprungzentrum. Hier biegen wir ins Mumlava-Tal ein, in dem die Straße wunderschön am namensgebenden Bach entlang führt, mit Stromschnellen, Wasserfällen, Felsformationen und vielen, vielen Wanderern. Sobald wir das Tal an der Abfahrts-Roller-Verleihstation links abbiegen, lassen wir die Touristenströme hinter uns und fahren herrlich einsam auf schmalster Straße in Richtung Vosecka-Baude, unterhalb derer wir die Gruppe sammeln. Weiter geht es durch nicht enden wollende Wälder, mit herrlichen Tal- und Jeschkenblicken auf der Hochebene tendenziell bergab. In der Abfahrt zum Neuweltpass dominiert zunehmend Rollsplit die Straße, so dass wir uns vorsichtig nach unten bewegen. Der Neuweltpass ist auf der Europastraße Richtung Stettin schnell erklommen. Ganz bis Stettin kommen wir heute nicht, auch wenn es sensationell rollt und uns ein weißer Renault Clio vorbildlich vom nachfolgenden LKW-Verkehr abschirmt. Kurz, bevor wir rechts abbiegen, überholt der LKW den Clio und unsere zwei letzten Teilnehmer, bevor er erkennt, dass das weitere Manöver nicht von Erfolg gekrönt sein kann und den Zappel beinahe vom Rad holt.
Flach geht es nach Podgórzyn, wo ich meinen
Mannschaftskapitän mit einem beherzten Paarzeitfahren in eine aussichtsreiche Position um die HC-Bergwertung auf dem Spindlerpass bringe. In Podgórzyn übernehme ich meine Gruppe wieder und schicke Robert hinter Tobias her. Jetzt darf er auch mal spielen.
Aber wie sensationell ist bitte der Spindlerpass? Sportlich anspruchsvoll geht es über zwei 20-Prozent-Passagen kilometerlang durch einsamsten Kiefernwald, bevor sich oben die sagenhaften Tiefblicke in die polnische Tiefebene eröffnen, die für mich die Hauptmotivation für den Besuch im Riesengebirge war. Oben warten Alex und Silvi mit dem Belohnungsbier. Selten hat ein Bier so gut geschmeckt wie hier, nie hat es so gut gewirkt wie hier, mit der Aussicht unter uns, dem legendären Anstieg hinter uns und dem Hochgefühl, die Etappe geschafft zu haben.
Lange sitzen wir noch in der Spindlerbaude bei einem nächsten Bier und fahren letztlich entspannt die 11 km ins Hotel nach Spindlermühle herab, wo wir uns beeilen müssen, um um 7 rechtzeitig zum Abendessen zu kommen.
Was für ein erfüllter Tag!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
In Liberec, Austragungsort der Nordischen Skiweltmeisterschaften 2009, wird die 1. quaeldich.de-Riesengebirgs-Rundfahrt starten. Von der beeindruckenden Kulisse des Jeschkens, der als Wahrzeichen über der Stadt thront, lassen wir uns noch nicht anziehen und nehmen vom Hauptbahnhof den schnellsten Weg aus der Stadt heraus, um dem Stadtverkehr zu entfliehen und das Isergebirge für uns zu entdecken.
Auf kurvenreicher Strecke werden die ersten Höhenmeter bei sehr angenehmer Steigung erklommen. Es rollt. Aber nicht mehr lange. Denn in Josefův Důl verlassen wir die Landstraße und machen zum ersten Mal Bekanntschaft mit den berüchtigten Forststraßen, die uns in den nächsten Tagen immer wieder begleiten werden. Über ein paar Rampen zum warm werden, gewinnen wir zügig an Höhe und befinden uns alsbald in 1000 m Höhe auf dem Hochplateau des Isergebirges, das wir nun nach Osten überqueren. Bei guter Sicht lockt in der Ferne mit dem Gipfel des Reifträgers schon der Riesengebirgshauptkamm. Bevor es soweit ist, durchqueren wir aber noch die Iserwiesen mit der höchst malerisch gelegenen Ortschaft Klein Iser (tschech. Jizerka). Nun lassen wir es rollen bis ins Tal der Iser. Hier, wo das Isergebirge aufhört, fängt das Riesengebirge an. In Harrachov begrüßt uns das Glasmuseum, wo noch heute traditionell Glas geblasen wird.
Im Tal der Mumlava lassen wir ein weiteres Mal den motorisierten Verkehr hinter uns. Am Tal-Ende biegen wir links ab und begeben uns auf eine hügelige Panoramastraße in luftiger Höhe. Der Neuwelt-Pass stellt keine große Herausforderung dar, aber er bringt uns in den polnischen Teil des Riesengebirges. Viele Kilometer geht es bergab. Unten angelangt, können wir uns mental vorbereiten auf den wohl schwersten Anstieg Polens. Podgórzyn heißt der Ort am Fuße des Spindlerpasses. Da, wo es über 12 km immer steiler werdend hinauf auf den Riesengebirgskamm geht. Am Anfang kann man noch mit flüssigem Tritt an Höhe gewinnen, doch spätestens nach der Schranke bekommt man das Riesengebirge mit voller Härte zu spüren. Immer gerade aus in Richtung des steilsten Gradienten, rauer Asphalt und Steigungen jenseits der 20% lassen jeden von uns leiden. Für manchen Teilnehmer werden es die langsamsten aber intensivsten 4 km auf dem Rennrad sein, doch wenn die letzte Rampe bezwungen ist, darf jeder stolz auf sein verbrachtes Tagewerk sein und die gigantische Aussicht in die polnische Tiefebene genießen. Zur Unterkunft geht es auf breiter Straße entspannt bergab nach Spindlermühle und Labská.