09.07.2020,
hagen306:
Heute nun gebe ich dem hartnäckigen Werben (oder besser: Provozieren?) des
quäldich-CEOs nach. Hatte ich doch von optional STEILEN, aber zwingend SCHÖNEN Bergen gesprochen. Natürlich
zog er sogleich den Gavia aus dem Köcher, meinte er doch, ich würde ihn schmähen. Dabei ordne ich ihn genau so wie er als steil UND schön ein.
Fast stündlich bloggt und fragt er die letzten beiden Tage nun nach den Monumenten der Rhön. Dann legen wir mal los – natürlich wie immer bierernst und ohne Ironie, denn das sind nun einmal die Grundvoraussetzungen eines jeden quäldich-Guides und Reiseleiters für das
Rhön-Bergglühen ;-)
(Wir machen es uns dabei nicht so einfach wie Marta, als sie gestern im fast schon prechtschen Stil im Abschluss von Paris-Nizza schwelgte, um dennoch - als verschämte Notlösung getarnt und frei nach dem Motto
„Avia statt Gavia“ - einen ordentlichen Seitenhieb aus Nizza hinüber in Richtung Rätische Alpen zu schicken: Eine feiste Bockwurst an der Tanke schlägt noch jede heiße Schokolade oder Gulaschsuppe am Gavia. Real Zockerstei!
Natürlich fällt einem bei der Rhön sofort die
Wasserkuppe ein – wohl das Radsport- und kulturelles Monument schlechthin: Panoramaschwangere Anstiege mit einer gewissen Länge vor allem von der Westseite. Oben dann der Segelflieger- und Paragliderzirkus. Pluspunkt: Auch im Winter zumeist noch befahrbar, da die Skifahrer ja rauf müssen auf Hessens höchsten Berg. Jedoch fällt er in der Zockerstei-Wertung leicht ab: Das hohe Besucheraufkommen hat das gastronomische Angebot doch etwas standardisiert. Umgekehrt führen die Besucherströme zu gewissem Bergwertungs-Feeling, so dass man oft auf dem großen Blatt über die Kuppe bügelt. Noch ein Pluspunkt: Oben im Radom, der Abhörkuppel aus längst vergangenen Tagen, darf geheiratet werden. Das tun die meisten von uns jedoch nicht so häufig und es taugt daher weniger als dauerhafter Reiseanlass.
Ebenso verneigen wir uns vor der
Hochrhönstraße auf der Langen Rhön. Wenn man mal vom Rennradfahren absieht, ist ihr Bau aus heutiger Sicht völlig sinnfrei (und wegen Naturschutz auch nicht mehr durchsetzbar): Einst sollte sie einst zwischen Fladungen und Bischofsheim die wenigen Höfe an die Welt anbinden und Entwicklung in der doch sehr rauhen Gegend hier oben ermöglichen. Auf dem Rennrad eröffnen sich nunmehr in der Kernzone des Biosphärenreservats wahrhaft königliche Optionen, nach dem (empfohlenen) Erstaufstieg von Bischofsheim immer wieder hinunter nach Osten abzubiegen und sich mit Schmackes hinaufzudrücken. Die Stiege von Ginolfs, Oberelsbach, Urspringen, Roth, 2 x Hausen, Fladungen oder Leubach pressen einem die Passion fürs Bergfahren aus jeder Schweißpore. Die meditative Nordrampe über den
Ellenbogen sowie der „Schwellenhügel“ ab Hilders komplettieren meinen liebsten „Klettergarten“. Abfahrtsempfehlung vom Dreiländereck nach Westen hinunter Richtung Seiferts: Highspeed seit neuestem wieder möglich – die Straße wird endlich neu asphaltiert.
Monument Nr. 3 – der
Kreuzberg? Hm, als hessischer Messerschdescher müsste ich ihn natürlich verleugnen. Jedoch bringt ihn das Klosterbier auf der Zockerstei-Skala wieder weit nach vorne. Ebenso schmackhaft sind die Optionen, ihn nach dem Gipfelschluck zu umfahren – die Dörfer auf der Ostseite bringen zudem Extrapunkte in der Verschlafenheits-Idylle-Wertung.
Bratwurst-Monument Nr.1 ist natürlich die
Hohe Geba: Sie ist zwar nicht so hoch, aber nach serpentinenreicher Auffahrt von Solz über Stepfershausen signalisiert einem der Holzkohle-Grill unmissverständlich, in welchem Bundesland man ist. Übrigens vor (und hoffentlich bald nach) Corona ein phänomenales Gipfelkuchenbuffet! 3 Doppelpunkte beim Zockerstei!
Aber all das ist nichts gegen das eigentliche Monument der Rhön: Den landschaftlich wohl schönsten und geschichtsträchtigsten Berg der Rhön – die
Milseburg. Egal ob man drüber fährt oder sich unten durch schummelt.
Für die Wattzähler unter uns: Die Westrampe ist ein idealer Trainingsberg, alles in allem keine 4 km Anstieg, aber hübsch unrhythmisch, an dem sich wirklich alle sinnfreien Ideen irgendwelcher Personal Coaches umsetzen lassen. Wenn die Moral bröckelt, lässt sich ja auf halber Strecke ins Malerdorf Kleinsassen in die Kunststation abbiegen: Zockerstei in Form von Kuchen gibt es hier . Zudem verfügt die Milseburg über einen dem Gavia-Tunnel kurz vor der Spitze in allen Belangen überlegenen
Tunnel – sofern man nicht mehr die Beine hat, oben drüber zu fahren: Durch den Gavia-Tunnel MUSS man fahren, durch den 1,3km langen Milseburg-Tunnel KANN man fahren. Stockfinsternis bei Puls 180 am Gavia steht wohlige Beleuchtung und allenfalls Puls 179 gegenüber: Der alte Bahntunnel ist eine ideale Sprint-Training-Location: 2% Steigung, wettergeschützt. Übrigens auch auf dem Skiroller möglich :-). – Man kann sich einfach wunderbar unter der Milseburg hindurchschummeln, wenn man auf einen Berg mehr oder minder im Palmarès pfeift.
Was aber hat es mit „de luxe“ auf sich? Am Osttor des Tunnels erwartet uns am alten Bahnhaltepunkt Oskar mit seinem Rhöner Wachs- und Honigkuchenmuseum. Ein wirklich spezieller Ort: Klassisch Kaffee und Kuchen, nebenbei bietet der Träger der schlohweißen Matte Malkurse an – er als Maler weiß „Kreativität ist Wellness“. So lautet sein Slogan. Hin und wieder meint man auch, gewisses Rauchwerk seiner Gesellen in der Nase kitzeln zu spüren, aber verorten wir das mal im Reich der Sagen und Legenden. Alles in allem herrlich verschroben – so was kann es nur hier unten am Tunneleingang geben. Und außer Radfahrern verirrt sich keiner hierher. Sieg in allen Belangen auf der Zockerstei-Punktescala.
Nun, lieber Jan…können die
Rätischen Alpen wirklich gegen die
Rhön bestehen? Wir erwarten Deinen Kniefall!