02.03.2025,
Jan:
Die Erwartungshaltung war wie gesagt schon gestern hoch, aber wie sollen wir nun diesen Spannungsbogen aufrechterhalten, nachdem wir gestern schon einige der schönsten Teile des vielleicht schönsten Radrennen der Welt gesehen haben, der Cape Town Cycle Tour? Nicht ganz einfach, aber möglich, mit einer Etappenplanung, die in Europa schwerlich nachzubauen ist: Wir entfernen uns von der Atlantikmetropole Kapstadt, lassen den Tafelberg hinter uns in wolkenlosem Himmel immer kleiner werden, biegen dann in die Agrarfläche der Kapebene ein und erreichen über den
Helshoogte Pass das Franschhoek Valley, ein lavendelduftendes dolomiteskes Felsatrium inmitten der Cape Winelands: vom Meer in die weinberggesäumte Dolomiten-Provence also... oder wie es Gudrun heute Abend zu Daneel sagte: "You are right, you live in paradise!"
Die Etappe beginnt morgens um 8:30 Uhr nach einer stürmischen Nacht und einer wie immer in Südafrika leicht chaotischen ersten Fahrzeugbeladungs-Zeremonie. Jacques der City of Cape Town Traffic Services ist wieder da, um uns mit Blaulicht aus der Stadt hinaus zu leiten, und diesmal hat er Verstärkung mitgebracht, so dass wir sogar von vorne und nach hinten abgesichert sind. Man kommt auch ohne Polizeibegleitung aus Kapstadt heraus, aber mit Blaulicht und Sirenen über rote Ampeln geht es einfach schneller. Daneel und ich setzen vorne eine (hoffentlich) für die ganze Gruppe fahrbare Geschwindigkeit an, und der starke Südostwind bläst uns zügig in Richtung Blouberg. Gruppenbild am Table View.
Die gemeinsame Fahrt ist hier noch nicht zuende, denn wir haben spontan beschlossen, statt der immer schlechter werdenden Mamre Road den Standstreifen der N7 zu verwenden. Mit zwei Begleitfahrzeugen der Polizei ein allseits respektiertes Vorgehen. Der Weg führt uns am tiefblauen Ozean, an Straußenfarmen und Rinderherden vorbei, und kaum dass wir uns versehen haben, sind die ersten 50 Kilometer abgehakt. Die Sonne brennt, und die Flaschen sind leer. Der zweite Stopp ist ein ausschließlicher Wasserstopp, was sich noch als unklug erweisen soll, denn die folgenden 30 Kilometer führen direkt nach Osten, und damit direkt gegen den Wind. Es sind aber auch besonders ruhige Kilometer durch das sonntags fast ausgestorbene landwirtschaftliche Umland von Kapstadt. Gegen den Wind, in der brennenden Sonne, Sonne Sonne, über die Wellen schwindet die Kraft. Die Kürzer-Rufe mehren sich in Riaans und meiner entspannten Gruppe. Letztes Jahr haben wir noch vor Koelenhof auf dem Rasen die erste Mittagsverpflegung improvisiert, dieses Jahr wurden wir in den Weinkeller eingeladen, wo es wunderbar kühl ist. Alle drei Gruppen treffen sich hier und können dringend benötigte Kraft wieder aufladen. "Warum habt ihr eigentlich beim letzten Stopp nichts zu essen ausgegeben?" fragt Martin. Gute Frage. So machen wir es nächstes Jahr.
Nun sind nur noch 50 Kilometer zurückzulegen, und mit Koelenhof haben wir den ersten Weinkeller der Cape Winelands erreicht, deren Reben uns von hier bis Stellenbosch verfolgen. Ungefähr genau ab dem Punkt, an dem man den Tafelberg nicht mehr sieht, übernehmen die Reben das Ah-und-Oh Szepter.
Durch Stellenbosch führt uns Riaan gekonnt in einigen Schleifen noch an der Universität vorbei, wo Thomas aus unserer Reisegruppe studiert hat, und einige Tatorte seiner Vergangenheit wiedererkennt. Das scheint ihm Kraft zu verleihen, denn auf den folgenden 250 Höhenmetern fügt er dem Reiseleiter am
Helshoogte Pass Schmerzen zu. Der auf beiden Seiten erwartete vernichtende Angriff bleibt aber aus. Unterdessen leidet die gesamte Reisegruppe in der drückenden Hitze, die an diesem Pass keinen Ausweg findet. Der Salzverlust fordert Tribut, die ersten Krämpfe ereilen die Gruppe. Bernd ereilt ein Platten, wir warten dankbar einige Minuten im kühlen Schatten auf die Wiederaufnahme der Etappe.
Nun sind es nur noch 15 leicht ansteigende Kilometer nach Franschhoek, die wir mit schwindenden Kräften absolvieren. Im touristischen Franschhoek angekommen, entscheidet sich die Gruppe kollektiv für Hotelpool statt Drinks und Snacks in Franschhoek, wofür sich Gruppen 1 und 2 entschieden haben. Kurze Zeit später erreichen wir müde, aber glücklich unser luxuriöses Etappenhotel. Dekadenter wird's nicht mehr.
Und ach ja: Sonne, Sonne, Sonne: ✅