13.09.2022,
Jan:
"Man erlebt nicht häufig Tage wie diesen", sage ich heute Abend vor der versammelten Reisegruppe. "Tage, an die man sich ein Leben lang erinnern wird!" Solche Tage kann man ja nicht garantieren, das wissen wir bei quäldich. Es muss schon viel zusammen kommen. Eine tolle Gruppe gleichgesinnter RadfahrerInnen, ein außerordentlicher Pass, vielleicht ein monumentaler wie die
Transfagarasan heute, und mit etwas Glück noch etwas Unvorhersehbares. Heute waren es die Braunbären am Stausee unterhalb der Transfagarasan. Drei Bären hat meine Gruppe 2 gesehen, die anderen Gruppen sogar eine Bärin mit drei Jungen. Das ist natürlich kein Zoo hier, das sind Wildtiere. Entsprechend groß war unser Respekt, entsprechend groß die Begeisterung in der Gruppe. Das wir unseren Teilnehmern solche Tage bereiten können, macht mich glücklich und stolz. Danke an
Alex und
Robert, dass ihr den Mut hattet, eine Entdeckungsreise nach Rumänien anzubieten, die uns diese Erlebnisse ermöglicht!
Das Timing an der Passhöhe ist optimal. Mark fotografiert mich und Alex vor dem Serpentinen-Festival der Transfagarasan.
Wir können nun leider die
Transalpina aufgrund des gestrigen Schlechtwetters nicht beurteilen, und daher ist für uns alle die Transfagarasan natürlich das Nonplusultra Rumäniens. Heute war das Wetter deutlich besser, die Wolken hängen direkt über der Passhöhe, und den phänomenalen Serpentinenhang im Hochtal der Transfagarasan sehen wir in voller Pracht unter uns. Kalt ist es wieder, 2 Grad wieder wie gestern, aber trocken und damit viel erträglicher. Dennoch stürzen wir uns mit allem, was wir haben, in die Abfahrt. Die Temperatur will nicht recht zunehmen, auch am Stausee auf 870 m Höhe herrschen nur 11 Grad. Das wellige Terrain bringt wieder etwas Wärme in die dick eingemummelten Körper. Die Gruppe ist gerade wieder zusammen, als uns ein mächtiger Braunbär auf der Straße entgegen kommt. Er hält sich ganz an der rechten Leitplanke. Wir halten uns gannz links. Hier hilft Roberts Rat nichts, uns nur im Schutz eines Autos an dem Bären vorbei zu wagen. Ein Auto ist nicht da, und für eine Wende macht der Braunbär die Räume eng. Wir fahren vorsichtig am linken Straßenrand vorbei, die Kameras im Anschlag. 45 km/h kann ein europäischer Braunbär laufen. Im welligen Terrain hier wird das auf Dauer schwierig. Der Bär ist unbeeindruckt. Gänsehaut. Auf dem weiteren Weg sehen wir noch zwei, die aber deutlich mehr Respekt vor den surrenden Freiläufen haben.
Mit leuchtenden Augen erreichen wir unsere Unterkunft La Cetate, in der uns die Ururenkelin von Graf Dracula mit einem Fingerzeig auffordert, ihr zu folgen. Zum Glück will sie uns nur den Radraum zeigen!
Und so hörte es sich in der Vorschau an:
Nach Osten fahren wir aus Sibiu heraus. Hügelige Wiesen- und Weidelandschaft und kleine abgelegene Dörfer prägen das Bild auf den ersten 60 km. Auf der rechten Seite haben wir den Gebirgszug des Fagaras stets im Blick. Nach ganz kurzer Einlage (1 km) auf der unumgänglichen E68, biegen wir bei km 63 auf die bekannteste rumänische Gebirgsstraße ein. Wir stärken uns am Buffet von Alex. Die Energie ist für die nächsten 1300 Höhenmeter hinauf zum Pasul Balea auf der Transfagarasan auch nötig. Unten noch etwas öde im Wald, offenbart sich im oberen Teil feinste rumänische Straßenkunst. Spektakulär! Bis zum Etappenziel an der Burg Poenari, der echten Vlad Draculea Burg läuft es von der Passhöhe überwiegend bergab. Doch Vorsicht vor Schlaglöchern, Bären, dunklen Tunneldurchfahrten und der ein oder anderen fiesen Welle.