11.09.2022,
Jan:
Bestes Wetter empfängt uns heute morgen in Hermannstadt. Gegen die Prologrichtung verlassen wir die Stadt und wenden uns Richtung Calugaru, dem Vorpass zur Hohen Rinne und Höhepunkt des Prologs. An den Campingflächen feuern die Grills schon unter Volllast für das Mittagspicknick. Mark inspiriert dies zu einem Pausenwunsch, und er ruft: "Mein Pedal ist ab!" Und so ist es auch. Das Pedalgewinde des rechten Kurbelarms hat sich aufgelöst. Praktisch. Jetzt kann man das Pedal ohne Inbusschlüssel einstecken. Es hält nur nicht mehr. Unpraktisch.
Ein Nürnberger Kombi kommt rechts aus der Einfahrt, in der wir zwecks Pedal-Ein- und Aussteckübung angehalten haben. Ja, es gäbe Kaffee an der Pensiunea Alpin. Espresso! Wir müssen Espresso bestellen! Und von ihren besten Freunden Grüße bestellen! Die Herbergsmutter ist tatsächlich sehr nett zu uns, und stellt uns extra einen großen Tisch in die Sonne. Die Sonne ist toll, und es gibt Kaffee. Der überbrückt die Stunde Wartezeit, bis Alex da ist. Mark kann erstmal mit seinem Pinarello weiterfahren. Mark im Glück.
Endlich können wir weiterfahren, am Calugaru vorbei hoch in Richtung Stichstraße. Noch im Wald kommt uns Gruppe 3 entgegen, Rupert wundert sich, wo wir denn her kommen. Ab jetzt sind sie die Gejagten, wir die Jäger, die laut Mark anzustrebende Situation, wie ich jetzt bestätigt finde. Wir stoßen jetzt erstmals tief in die Karpaten vor, und die Almen zur Linken und die Tiefblicke hinter uns machen richtig Spaß. Ab jetzt nimmt die Straßenhundedichte stark zu, der Wald wird dichter. Kurz vor dem Skilift überfahren wir einen Hochpunkt, dann sammeln wir uns. Die Skiinfrastruktur ist hier auch nicht erbaulicher als andernorts. Verzottelte Straßenhunde warten darauf, dass von den Baumstrizeln etwas abfällt, die man hier am Kiosk bekommt. Wir sehen zu, dass wir runter kommen. Die Blicke hinaus in die rumänische Tiefebene sind gewaltig.
Am Calugaru biegen wir links ab, tasten uns die vom gestrigen Gewitterregen bekanntermaßen verdreckte Abfahrt hinunter und bremsen in Gura Raului jäh ab, weil uns eine Trauerprozession entgegen kommt. Das ganze Dorf trägt jemanden zu Grabe. Erst die Männer, dann der Sarg, dann die Jugend, dann die Frauen. Alle in Tracht.
Jetzt zeigt sich, dass der Rest des Tages hart wird. Ein bissiger Gegenwind empfängt uns. Glücklicherweise ist es bis zu Alex' Verpflegungspunkt in Saliste nicht mehr weit. Alex verwöhnt uns. Ich war ja noch nie an seinem Buffet. Alles da, was das ausgehungerte Radlerherz begehrt. Obst, Teilchen, belegte Brote. Sogar Schlümpfe. Nur Mark ist nicht ganz zufrieden, denn er muss Alex' Pinarello wieder abgeben. Alex hat schon Ersatz beschafft.
Nun folgen wir sehr lang dem romantischen Flusstal. Richtig schön, wenn nur der Wind nicht wäre, der uns immer mehr zusetzt. Wir wollen trotz der Untebrechung natürlich die lange Variante fahren. In Poiana Sibiului biegen wir rechts ab. Es geht runter. Jetzt fliegen wir. Im Abfahrtsrausch schießt die Gruppe beinahe am Aussichtspunkt vorbei. Zeit für ein Gruppenbild.
Jetzt zieht es sich. Gegen den Wind schaffen wir nur noch 25 km/h, obwohl die Gruppe vorbildlich im Wind kreiselt, als wären wir schon wochenlang gemeinsam unterwegs. Die Straße befindet sich nun in Auflösung, die tolle Abfahrt zahlen wir hier bitter mit abgefrästem Asphalt und Schotterabschnitten. Ein letzter kleiner Anstieg führt uns nach Sasciori auf die Transalpina. Da sind wir. Nach harter Arbeit sind wir endlich an der Transalpina. Die ersten Kilometer am Mühlbach sind schon vielversprechend. Das Tal ist hier noch tief eingeschnitten, der Wind abgeschirmt, die Hänge bewaldet. Mit einer letzten Anstrengung erreichen wir eine kleine Staustufe und kurz danach das Hotel.
Morgen fahren wir die Transalpina. Es wird wohl etwas nieseln. Aber wir sind alle heiß!
So wollte uns Robert zur Zusatzschleife überreden
Die Plusoption führt auf kleineren Straßen und durch das bergige Vorland der Karpaten. Eine aussichtsreiche und lohnenswerte Abfahrt von Poiana Sibiului, kleine rumänische Dörfer und verkehrsarme Straßen erwarten uns.