03.07.2020,
gws:
Sankt Deoreus oder wie auch immer der Schutzpatron der Radfahrer heißt, hatte heute wieder Mitleid mit der gequaelten Truppe und ließ das Wetter deutlich besser werden als es uns so manche App vorgaukeln wollte. Oder wie sagte ein Teilnehmer so schön ,von einer schlechten App ist noch keiner nass geworden' - stimmt perfekt!
Gewohnter Zeitablauf im Sporthotel Pontresina: 7 Uhr Frühstück diesmal mit Galcéehandschuhen am personenlimitierten Frühstücksbuffet, Abfahrt um 9 Uhr. Start mit kurzen Abfahrt nach Celerina nicht ohne wieder eine Baustelle zu passieren und den Hügel hinauf nach St. Moritz. Dann wirklich richtig flach weiter zum ersten Pass des Tages. Was dem Maloja in der Ostanfahrt an Attraktivität fehlt, macht er mit der Abfahrt nach Chiavenna wieder mehrfach wett. Alleine die sorgfältig übereinander gestapelten Kehren in der senkrechten Wand, ein Musterbeispiel Schweizer Ingenieurskunst, vermitteln Fahrspaß vom Feinsten, wenn man nicht gerade von einem bergab rollenden Camion (zu deutsch LKW) ausgebremst wird.
Die Abfahrt durch das Bergell das Val Bregaglia bietet Bergkulisse der Extraklasse und wurde entsprechend auch mit ,schon phänomenal, was uns quaeldich auf dieser Reise alles bietet' kommentiert.
Voll im Abfahrtsflow hatten die langsameren Gruppen natürlich nicht mitbekommen, dass der Verpflegungsplatz verlegt werden musste und gönnten sich so ein paar Zusatzhöhenmeter und einen ersten Eindruck von den Rampen des zweiten Tagespasses.
Nach Klärung der neuen Modalitäten rollten wir noch ein Stück weiter talauswärts nach Mesa, wo das Begleitfahrzeug wartete und uns wie üblich mit allen erdenklichen Köstlichkeiten verwöhnte - vielen Dank an Sylvia und Malte.
Nachdem wir so den Tiefpunkt der Reise erreicht hatten, brannten alle Teilnehmer darauf den letzten großen Pass unserer Radwoche in Angriff zu nehmen. Und der Splügen ist fürwahr ein mächtiger Gegner. Mit einer Anstiegshöhe von deutlich über 1800 m kann er sich jedenfalls mit der Crème de la Crème der Alpenpässe messen. Aber nicht nur die zu überwindende Höhe ist hier außergewöhnlich. Die Anlage der Straße vor allem der Streckenabschnitt vor Pianazzo, steht der Straßenbaukunst der Schweizer Kollegen vom Maloja um nichts nach. Fein säuberlich reihen sich hier 10 Kehren mit einer Vielzahl kurzer Tunnels und Galerien aneinander um die Steilwand zu überwinden. Wie genial schön muss diese Strecke erst als Abfahrt sein ?
Je weiter wir in das Val San Giacomo hineinfuhren um so stärker wurde der Gegenwind. Es kam schon die Vermutung auf, dass sich das Schlechtwetter am Splügenpass stauen könnte um uns so die wohlverdiente Abfahrt zu vermiesen.
Aber nichts dergleichen traf zu, es blies lediglich ein eisiger Wind durch den schmalen Einschnitt des Passes. Nach einem kurzen Zwangsstopp an der ampelgeregelten Baustelle - die wievielte in dieser Woche war das? Irgendwann hatte der Autor aufgehört mitzuzählen - ging's in die Abfahrt zu unserem letzten Etappenhotel in Splügen. Auch diese Strecke ist wieder Schweizer Präzisionsarbeit bei der haargenauen Ausrichtung der Kehren im oberen Bereich, neuerlich eine wahrer Abfahrtsgenuss.
Im Ort noch kurz über das holprige Pavé hinauf zum Hotel und zum Schmutzbier auf der Terrasse, sogar die Sonne zeigte sich noch kurz. Was für ein Traumtag !
Hatte gestern der Garmin schon eine etwas eigenartige Mathematik an den Tag gelegt, wollte er uns doch 4 Mal 2000 als 1985 verkaufen, näherte er sich heute den gängigen Regeln wieder etwas besser an mit 1 x 2000 = 1970. Ungeklärt bleibt, wo die für die letzten Tage versprochenen jeweils mehr als 2000 Höhenmeter abgekürzt worden sind ?
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Den ersten Pass des Tages bekommen wir geschenkt. Durchs flache Engadin rollen wir am Morgen auf den Malojapass zu, wohl die einzige Passanfahrt der Alpen ohne nennenswerte Höhenmeter. Und rauschen dann hinab ins italienische Chiavenna, für eine Stippvisite auf der Alpensüdseite. Doch hier geht die Kletterarbeit für heute dann los. Die Südanfahrt zum Splügenpass zählt unter Pass-Connaisseuren auch zu einer der schönsten im gesamten Alpenraum. Und dann müssen wir nur noch über die akkurat in den Hang gebauten Kehren hinab nach Splügen fahren.