19.03.2022,
hagen306:
Zuletzt grüßten wir an dieser Stelle am vergangenen Sonntag. Da war das Bergtraining Andalusien gerade gestartet. Nunmehr verkünden wir: "Es ist vollbracht"! Und wir überlegen, ob wir die Tour eher umbennnen sollten in "Roulette-Intensivkurs" oder ähnliches: Täglich hielt das Wetter neue Unwägbarkeiten bereit - zu den zum Glück nur wenigen ergiebigen Schauern der ersten Tage gesellte sich ausgerechnet am Tag, als wir Ikonenkraxelei auf der Carretera de la Cabra betrieben, der Saharasand. Cabra - the yellow edition. Was ein surreales Sicht, was ein sandiges Knirschen zwischen den Zähnen, was ein schweres Atmen. Aber andererseits ein völlig neues Landschaftserlebnis dort, wo sonst der stahlblaue Himmel grüßt.
Vieles hat sich über die letzten beiden Pandemiejahre in Spanien geändert. Manches altbekanntes Lokal ist nur noch ein verheißungsvoller Icon auf Google Maps - aber es ist auch die Zeit der Neuanfänge: Das Refugio de la Piedra oben am Gipfel der Cabra-Straße hat neue Betreiber gefunden - und die wissen ganz genau, was wir nach 25 bergauf-km brauchen. Futter. Heißgetränke. Holzscheite im Kamin. Ein Anruf vorab - und schon ward nur für uns geöffnet (noch ist in den Bergen ja Nebensaison). - De facto immer geöffnet haben hingegen die Bar Venezia in Pinos (sehr zu empfehlen: Thunfischbrötchen für die Trikottasche!) sowie der Chringuito N°. 5 unten am Strand - er könnte sich zum Nachfolger des verblichenen Blauen Hechts mausern (Schmutzbier + Tapa in Form einer Pizza).
Die Pena Escrita haben wir in diesem Jahr entspannt irgendwo in den Wolken stehen gelassen und aus der Etappe einen aktiven Pausentag gemacht - und dabei einen würdigen Ersatz für das verhasste Stück Küstenstraße von Almunecar nach Salobreny entdeckt: Zunächst folgt man der absolut authentischen Strandpromenade mit Original 1980er Apartment-Silos, um auf gemeiner Rampe wieder auf die dann schon erträglichere Küstenstraße einzuschwenken.
Zeit für Entdeckungen gab es jedoch auch in den Alpujarras: Taktisch geschickt setzte die Sportliche Leitung für den "Schinkentag" nach Trévelez eine kürzere Variante inklusive der von quäldich noch nicht befahrenen Serpentinenorgie nach Cánar in den Track-Kosmos, nur um genau diesen Stich mit der ausdauernden Gruppe bereits heimlich einen Tag zuvor zu meistern. Da kam ausnahmsweise auch mal Gruppe 1 zu spät ;-)!
Für das Beheben von auftretenden Defekten hatte sich derweil ein neues Muster etabliert: Genau unten am Einstieg in die 20km-Rampen durfte wiederholt geschraubt werden - 40km warm up waren im Nu vergessen und die nächstkommende Gruppe schaut amüsiert zu. Das war dann wohl die harte Schule.
Und sonst so? Ja, es gab durchaus noch so einige Aussichten, nachdem der Mittwochsregen den Saharastaub weggespült hatte. Und ja, wirklich: Wir sind bis auf wenige Stunden tatsächlich trocken geblieben - trotz der katastrophalen Wetterprognose für diese ganz spezielle Woche im März.
Nunmehr beschließen wir unsere einwöchige Parallelwelt. Danke allen Teilnehmenden und der Crew für eine wunderbare, freudvolle, inspirierende Woche auf dem Rennrad!
Das sagte das originale Werebtextchen zur Cabra-Etappe - so wird es dann wohl in 2023 wieder sein:
Über den kleinen Stich von Ítrabo fahren wir ins Valle Verde. Kurz darauf erreichen wir Otívar (letzte Café-Möglichkeit für die nächsten 25km) und folgen der legendären Carretera de la Cabra, die 2018 auch bei der Vuelta gefahren wurde. Von satt grün ins karge NIchts aus weißem Fels und (hoffentlich) blauem Himmel.
Oben erreichen wir ein Hochplateau, von dem aus wir bei gutem Wetter geniale Blicke auf die verschneite Sierra Nevada werfen können. Hier steht auch ein kleines Refugio für einen kurzen Pausenstopp. In einem weiten Bogen fahren wir nun über Padul wieder nach Süden. Aus dem Olivenland wird allmählich Orangenzone. Bald ist Pinos del Valle mit seiner Bar Venezia erreicht - berühmt u.a. für ihre albóndigas (Fleischbällchen).
Es folgt ein einsamer Ritt über eine perfekt asphaltierte Bergstraße und den Alto de los Guájares. Gerüchteweise gut geeignet für satte Bergsprints! Nun geht es hinab bis zur N 323, die sich ihren Weg durch eine tiefe Schlucht hinaus zur Küste in Richtung Motril bahnt.