Zotenalarm im Baskenland? Natürlich nicht, denn zu den ungeschriebenen Regeln unseres Styleguides gehört natürlich auch ein ganz normaler Umgang. Sieht man mal von den rennradtypischen Grobheiten im Sattel ab.
Am heutigen Morgen kann sich der Tag noch nicht so recht entscheiden: Regen? Niesel? Trockenheit? Da kommt schon die Frage nach dem Bedarf an Überziehern auf - ganz anständige Überschuhe, die heute zahlreich die Füße wärmen. Und ansonsten - ein reines Rein-Raus-Spiel auf den 125 km von Durango in die Sierra de Urbasa.
Rein in den Industriemoloch Eibar - steil raus und hinauf zum Arrate.
Rein in Wallfahrtskirche am Arrate (dem must have des basque riders), raus und Foto vor der legendären Pelotawand gemacht.
Danach wieder rein in Orbeas Heimat, und wieder steil raus zum Karabieta.
Rein in die Regenjacke, raus aus der Regenjacke.
Rein in den morgendlichen Verkehr auf der Nacional - raus in die absolute Einsamkeit bereits nach 50 der 120km.
Rein in die 4 folgenden Pässe - raus mit all der Energie, die uns Rodrigo mal wieder aus dem food truck auftischt. Rein in die schön bunt graffitierte Bushaltestelle (stilvoll speisen heißt es ja bei uns!), raus und in die nächste Abfahrt.
Rein in den frischen Asphalt der Baustelle - raus ist die Luft aus dem Hinterreifen. Also rein in die nächste Dorfbar und raus mit weiterem soeben noch angelesenen Wissen zu der ältesten baskischen Universität in Onati. (Dort sollte man auch mal reingucken - neben alter Architektur gibt es Mülleimerständer: Einfach den Plastikmüll an den Haken auf dem Fußweg hängen und warten, bis die Recyclingfirma ihn abholt und den leeren Eimer wieder anhängt.)
Rein in den Edelanstieg zum Otzaurte, raus mit der Freudenträne aus dem linken Auge!
Rein nach Altsasu - und aber qwirklich schnell wieder raus aus diesem zugigen Durchzugsort.
Rein in den finalen Anstieg hinauf auf die Sierra de Urbasa - und raus in eine Welt, die wirklich nicht von dieser Welt ist.
Halten wir kurz inne für diesen, unseren Lohn des Tages: Die karstigen Steine sind komplett bemoost - die darauf wachsenden Buchen verdienen das Prädikat Märchenwald. Halbwilde Pferde spazieren über die Straße, gelegentlich auch ordentlich behornte Kühe. Spätestens hier versauen wir uns den ordentlichen Durchschnittsspeed des Tages - wahrscheinlich hat die schnelle Truppe hier oben nicht so viele geschwelgt und gebummelt wie wir.
Und nun sind wir da: im winzigen Bergdorf Zudaire oben im Nichts. Nur unser kleines, feines Hotel und wir. Stürzen wir uns also nun rein in die Verköstigung! Feierabend :-)! Und zwar ein verdienter. Für alle von uns. Raus aus den aktuellen Guideklamotten, rein in das Retroteil aus dem letzten Jahrtausends (denn der Zimemrnachbar ist zuerst dran mit Duschen - und jetzt zählt vor allem eines: Wärme!).
So stellten wir uns das vorher vor:
Klassikeralarm!!! Eine lange und fordernde Etappe. Zunächst folgen wir der "Nacional" und dann einer etwas ruppigen Kleinststraße ins "centro cultural" Eibar. Die ins Tal gequetschte Heimat von Orbea müssen wir durchqueren, denn es wartet der Arrate, einer DER Anstiege für baskische Radsportler. Trotz seiner ,,nur" knapp 600m Höhe ein echtes Brett. Ihr dürft Euch hier mit den vielen baskischen Rennradfahrern messen - das Zauberwort lautet ,,Freigabe"! Nach dem Stop an der Pelota-Wand an der Kirche (während der Messen aber verboten, siehe Foto ;-) geht es wiederum durch Eibar mit stetem Kurs in Richtung Einsamkeit. Hinter Bergara folgen wir für ein ganzes Stück, dem neuen, breiten Radweg bis Onati. Über Udana und Otzuarte werden die Sträßchen immer kleiner, bis wir hinter Altsasu das Serpentinenfest hinauf auf die Sierra de Urbasa eröffnen. Hier oben auf der Hochfläche ist es herrlich karg. Vorbei am Balcon de Pilatos stürzen wir uns die karstige Abbruchkante hinunter und fallen in unser kleines Hostal am Tagesziel in Zudaire ein.