02.06.2018,
Jan:
Wie so oft auf quäldich-Reisen hat uns Reiseplaner Tom auch für Aachen-Roubaix neben der ausgeschriebenen Regelplanung eine verschärfte Variante zusammengestellt. So kann jede Gruppe wählen, wie sehr sie sich quälen will. Die ausdauernde Gruppe 2 und die sportive Gruppe 1 will sich heute länger quälen, als 90 km mit 700 Höhenmeter über 3 Hellingen der Flandernrundfahrt und das Pflaster von Paris-Roubaix, und wir starten auf eine 125 km-Runde mit 1350 Höhenmetern. Das hört sich immer noch nach nicht viel an, aber das Höhenprofil ist furchteinflößend. Elf Hellingen sind auf der ersten Etappenhälfte zu bezwingen: Wolvenberg, Koppenberg, Steenbeekdries, Taalenberg, Oude Kwaremont, Paterberg, Hoogberg, Kruisberg, Karnemelkbeekstraat und Kluisberg. Und die Bayern drücken, was das Zeug hält. Als gäb's kein morgen, und geschenkt wird nichts. Die Beine brennen. Pflaster am Koppenberg und Paterberg, Betonplatten, kreuz und quer. Orientierung unmöglich. Endlich entlassen uns die flämischen Hellingen aus ihrem Klammergriff und spucken uns am Kluisberg in die Wallonie aus, in der es deutlich flacher und allenfalls wellig schnurgeradeaus nach Tournai geht. Kurt spannt seine beste Ausbildungslokomotive in den Wind, und Michi macht Dampf. Schon sind wir in Tournai, wo die fehlende Brücke unseren Drang zum Marktplatz nur kurz bremsen kann. Tragepassage, kein würdiger Abschluss für Michis Parforceritt. Danke, das war einfach. Im Windschatten.
Fritten-Apokalypse bei Super Frites am sehr sehenswerten Marktplatz von Tournai. 35 km fehlen noch, genau 10 km bis zum ersten der fünf letzten Pavés von Paris-Roubaix, die noch vor uns liegen. Wellig und schnell weg gedrückt. Grausam dann die Brutalität des Pavés. Michi und Christian wie Boonen & Cancellara, ich sichere das Feld nach hinten ab. Erstens weil ich platt bin, zweitens weil der Guide beim Pavé nach hinten gehört. Oder?
Im Pavé de carrefour de l'Arbre dann gar keine Gnade mehr, kein Seitenstreifen. Dann rollen wir auf Roubaix zu, die Wegweiser nehmen zu, dann das Ortsschild. Gänsehaut. Überall ist "Ici, le cyclisme. Depuis 1896" ausgeflaggt, wir biegen in das Velodrom ein. Laute Musik ertönt zur Ehrenrunde, passenderweise findet hier eine Großveranstaltung statt, auf der es nicht stört, dass wir unsere Runden drehen. Peters Gruppe ist auch da, wir haben es geschafft. Epische Tage liegen hinter uns, härter als gedacht, nässer als erhofft, und eindrücklicher als erwartet. Soviel gesehen, fast alles davon ist tief in der Radsporthistorie verankert.
Grandios! Wir sind in Roubaix!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Flandern und Nordfrankreich. Hier findet Radsport auf Kopfsteinpflaster statt; die Materialschlachten bei der Flandern-Rundfahrt oder Paris-Roubaix sind ein ganz besonders Spektakel. Wir veranstalten zum Glück kein Rennen, aber auf diesem historischen Terrain fühlt es sich vielleicht dennoch so an. Es beginnt am Morgen mit dem Koppenberg, gefolgt vom Oude Kwaremont und dem Patersberg – jenem gefürchteten Pflaster-Dreigestirn der Ronde. Danach arbeiten wir uns wieder gezielter nach Süden vor, wo wir Mittags das schöne Städtchen Tournai erreichen sollten. Inzwischen sind wir wieder im wallonischen Teil Belgiens angelangt, und kurz darauf wird auch die Grenze nach Frankreich überquert. Wir sind schon vor den Toren von Roubaix, dem Zielort unserer Tour. Bevor wir jedoch im Velodrom von Roubaix einlaufen, sind erst noch die letzten fünf Sektoren von Paris-Roubaix zu überwinden, darunter das gefürchtete Pavé Carrefour de l'Arbre, wo oft die Vorentscheidung um den Sieg beim Frühjahrsklassiker fällt. Die Pavés liebt man oder man hasst sie – doch eines ist unbestritten, hier muss man als Radsportfan mal gewesen sein!