31.12.2017,
Jan:
Die Weihnachtszeit ist die Zeit der großen Jahresrückblicke – da möchte ich mit dem ganz persönlichen Rückblick auf mein Jahr mit quäldich.de nicht zurückstehen. Ende April habe ich in meinem Blogbeitrag
Ein Fazit unserer Frühlingsreisen 2017: das haben wir erlebt! schon damit begonnen. Der Frühling war wild und abwechslungsreich. Wie mein Jahr in der Toskana, bei Wien-Berlin, Flensburg-Garmisch, Düsseldorf-Paris und in Montenegro weiter ging, möchte ich in diesem Blogbeitrag Revue passieren lassen.
Meine Toskana: Sanfte Wellen, jahrhundertealte Kulturlandschaften, viel Kultur und der Schiefe Turm von Pisa
Bisher hatten wir die Toskana-Reisen immer im Juni durchgeführt. Da es aber regelmäßig schon zu heiß war, nachmittags Rad zu fahren, und die Vegetation im Juni oft schon sehr trocken ist, wagten wir uns 2017 nach intensivem Studium von Klimatabellen Anfang Mai dorthin. Das Wagnis hat sich gelohnt: die Gerstenfelder tauchten die rollenden Hügel in ein sattes Grün, überall blühte es, das Klima war angenehm, und wir konnten den ganzen Tag ausschöpfen, um in alle Himmelsrichtungen lange Runden rund um unseren Startort Colle di Val d'Elsa zu drehen. Dass die Toskana mit ihren weltbekannten Städten und Orten wie Florenz, Siena, Volterra und San Gimignano, mit der historischen Kulturfülle, dem Chianti und dem Inbegriff der italienischen Küche nicht nur für uns einen Sehnsuchtsort darstellt, war mir sehr bewusst, und insofern stellte ich mich auf viel Verkehr ein. Ich war noch nie in der Toskana, und dadurch fielen meine abendlichen Ansprachen etwas weniger detailreich aus als sonst, auch wenn Paelzman die Reise perfekt für mich vorbereitet hat. Die Landschaften der Crete und des Chianti haben mich hier ebenso beeindruckt wie die Städte, allen voran Siena mit dem Piazzo del Campo, weltberühmt wegen des Palio. Geradezu lausbübisch freuten wir uns über den genialen, verkehrsfreien Weg hinauf in das Stadtzentrum zum Campo und weiter zum Dom, wo es von Touristen nur so wuselte. Kein Vergleich zum Moloch Florenz, bei den man sich durch kilometerbreite Speckgürtel fressen muss, um in den Stadtkern zu gelangen. Und überhaupt hatte Paelzman geschickt die Ballungszentren vermieden, und wir waren fast ausnahmslos auf sehr gering frequentierten Straßen unterwegs. Ein weiterer Vorteil des frühen Termins vor der Hauptsaison. Nur am Wochenende war etwas mehr los, was wir vor allem auf dem Weg nach San Gimignano auf der Einrollrunde zu spüren bekamen.
Insgesamt ein wunderschöner Erstkontakt mit der Toskana, wie ihr detailliert im
Toskana-Blog nachlesen könnt.
Nach der Reise hatte ich noch einen Tag Zeit und fuhr zum Schiefen Turm, meinem
Sehnsuchtsziel aus Kindertagen (siehe entsprechenden Blogbeitrag).
Wien-Berlin: familiäre Grand Tour und europäische Metropolen
Nach Berlin-Wien über das Riesengebirge 2016 hieß es dieses Jahr Wien-Berlin über das Erzgebirge, mit Stopps in Prag und Dresden, zwei Zentren der europäischen Hochkultur. Das Riesengebirge strahlt für mich ja eine besondere Magie aus, und Berlin-Wien war für mich wirklich großartig, so dass ich skeptisch war, dass wir dieses Erlebnis in der Gegenrichtung wiederholen könnten. Gerade, weil wir mit Prag und Dresden deutlich größere Etappenorte anfuhren als im Vorjahr mit Görlitz, Königgrätz und Brünn. Aber die Strecke von Wien nach Berlin war ebenso einsam, und landschaftlich vielleicht sogar noch abwechslungsreicher. Wir stemmten uns gemeinsam gegen den Wind des Waldviertels, mit schwindenden Kräften am Ende einer langen Etappe. Erstaunlich, wie verlassen Österreich sein kann. Von Tschechien kannten wir diese Einsamkeit, und sie hielt auch im Böhmischen Seengebiet an, dass wir im Anschluss auf schmalsten Wegen durchfuhren. Das obligatorische Gruppenbild an der Karlsbrücke in Prag entlohnte mich für die schwierige Fahrt auf dem Moldau-Radweg in die Stadt – bei dem die entspannte Gruppe allerdings weniger Glück hatte, und im Prager Partyvolk stecken blieb. Tumult im Bettenbunker! Weiter ging es auf schmalen Straßen. Mehr als das Mückentürmchen, das ich von zurückliegenden Befahrungen kannte, hat mich der wunderbare Anstieg von Leitmeritz in das Böhmische Mittelgebirge begeistert. Gruppen zwei und drei fuhren ihn gemeinsam und genossen die Gesellschaft, die liebliche Landschaft und die weit zurückreichenden Blicke in die Ebene. Unten in Usti gab's dann die üppigste Mittagsverpflegung, die ich je erlebt habe, mit 6 dicken Scheiben Böhmischen Knödeln – konzentrierte Sportlernahrung eben. Es folgte eines der besten Abendessen beim Spargelbuffet im Maritim Dresden, und nach 230 km ein wunderbarer Abschluss auf dem Berliner Fernsehturm. Auch touristischer Mainstream kann begeistern. Die junge Berliner quäldich-Tradition wird 2018 von unserer Grand Tour
Berlin-Venedig fortgesetzt. Ich freue mich darauf!
Alle Tagesberichte im
Wien-Berlin-Blog.
Flensburg-Garmisch 2017: Mehr Stimmung, mehr Flow, mehr Grand Tours geht nicht
Wie auch schon wenige Wochen vorher war ich skeptisch, ob wir die unglaubliche Stimmung von Flensburg-Garmisch 2015 noch einmal wiederholen könnten. Mir war schon klar, dass es sicherlich wieder sehr gut wird, denn allein der Umstand, dass man auf ein gemeinsames Ziel hin fährt, schweißt eine Gruppe Radfahrer nochmals mehr zusammen als ohnehin schon auf unseren Reisen üblich. Aber dass es wieder soo gut wird, hätte ich nicht gedacht. Schon die erste Etappe hatte es mit 225 km RICHTIG in sich, und gekonnt kreiselte meine Gruppe gegen den Wind, vor allem auf dem letzten Abschnitt nach der Elbe. Und was sich am ersten Tag fand, schweißte sich im Laufe der insgesamt 1500 km durch Deutschland immer mehr zusammen: durch die norddeutsche Tiefebene, über das Wiehengebirge (episch!), das Sauerland, den Taunus, den Hunsrück und den Schwarzwald, vorbei am Bodensee und durch das Allgäu bis nach Garmisch. Jede Etappe hatte ihre Highlights, und im Regen-Juni 2017 hatten wir unglaubliches Glück, dass wir nur auf der letzten Etappe nass wurden. Besonders eingebrannt hat sich für mich die Befahrung der Hornisgrinde, dem härtesten Berg des Nordschwarzwalds, als ich das Glück hatte, den ältesten und den jüngsten Teilnehmer auf ein Bild zu bannen: Joachim (76) und Tom (21).
Echte Qualität zeigt sich in der Krise, so sagt man. Und die Krise kam auf Etappe 7, auf der der LKW ausgetauscht werden musste, und das ganze Team zusammen arbeitete, um eine Mittagsverpflegung in Annweiler am Trifels auf die Beine zu stellen, bei der am Ende nur eines fehlte: der LKW. Wow –
danke an das beste Team der Welt!
Und dann die Abschlussparty auf der Zugspitze. 2015 war sie schon unglaublich, 2017 von einem anderen Stern. Herzlichen Dank an Volker, der mit seiner majoresken Heinz-Erhardt-Rezitation den Saal zum Toben brachte. Der Hauptgang war noch nicht absolviert, da tanzten 100 Radfahrer auf den Tischen. Unglaublich!
Abschließend zu Flensburg-Garmisch noch mein vielleicht liebstes Bild aus 2017: der Moment des Triumphs am Gipfelkreuz der Zugspitze:
Alle Geschichten von Flensburg-Garmisch findet ihr im
Flensburg-Garmisch-Blog.
Düsseldorf-Paris: auf den Spuren der Tour
Nur wenige Tage nach der Zugspitzparty ging es schon wieder los nach Düsseldorf zum Tour de France-Start. Ursprünglich hatten wir für 2017 eine Fernfahrt Köln-Paris geplant, und da kam der Tourstart in Düsseldorf natürlich genau passend. Kaum war er verkündet, stellte
Tobias klar: Jetzt aber Düsseldorf-Paris. Normalerweise achten wir sehr darauf, einen gewissen Abstand zum Profisport zu halten. Jetzt also Tour gucken, zum ersten Mal im Rahmen einer quäldich-Reise. Dank geschickter Streckenplanung und etwas Improvisationsglück fanden wir den Weg durch das Absperrungslabyrinth zur Tour-Strecke am Grafenberg, wo drei Stunden Werbekarawane, dann drei Ausreißer und in Windeseile das Feld vorbeigeflogen kam. Nicht minder beeindruckend der zweite Kontakt mit den Profis, wo wir die abgehängten Fahrer mit zwei Zentimeter Abstand hinter den Teamfahrzeugen dem Hauptfeld nachsetzen sahen.
Solchermaßen beeindruckt trotztem wir dem Schlechtwetter und waren heiß auf unsere eigene Tour nach Paris.
Und auf der hatten wir richtig Spaß. Motiviert bis in die Haarspitzen überraschte ich die gesammelte quäldich-Prominenz und allen voran tobsi mit einem unwiderstehlichen Antritt am Cauberg. Widerstehlich nur für Matti, der mich kurz vor dem Zielstrich abfing. Aber die Startnummer des angriffslustigsten Fahrers war mir zumindest für die Folgeetappe nicht mehr zu nehmen. Und die hatte es besonders in sich: 150 km mit Sägezahnprofil durch die Ardennen, von Etappenplaner Marcel mit Vorschusslorbeeren überhäuft – er schwärmt schon lange von ihnen. Und hat mich mit seiner Begeisterung angesteckt.
Weiden und Kühe wie im Schweizer Jura, Wälder wie in der Eifel, Blicke wie im Schwarzwald und steile Stiche wie im Erzgebirge – so schwärmt der Etappenbericht und vergisst dabei ein weiteres meiner Lieblingsbilder von 2017, nämlich das Denkmal von Eddie Merckx an der Cote de Stockeu.
Danke nochmals an
Marcel für diese wunderbare Etappe, die in Erinnerung bleibt. Die beiden folgenden Etappen waren weniger bergig, aber dennoch nicht minder schön – und wann wäre man dort einmal gefahren? Durch Bouillon? Nach Reims? Und weiter nach Paris über die Champs-Elysées zum Arc de Triomphe? Dieses Abschlussbild sagt alles:
Für mich persönlich war diese Reise auch deshalb was ganz besonderes, weil sie die einzige war, die ich gemeinsam mit Tom bestreiten konnte. Das ganze Jahr über sind wir in engem Austausch und kümmern uns gemeinsam um den Erfolg der quäldich-Reisen, er aber eben in Aachen, ich in Berlin. Natürlich ist es darüber hinaus auch für mich ein immenser Luxus, einmal nicht an allem Schuld zu sein, wie bei den Reisen die ich leite. Bei Düsseldorf-Paris konnte ich mich auf das Guiden beschränken. Sehr entspannt!
Da wir bei dieser Reise ohnehin klotzen statt kleckern mussten, gönnten wir uns in Paris ein Hotel am Arc de Triomphe und das Abschlussessen auf dem Eiffelturm. Und
das hätte ich wahrlich nicht gedacht: das Team vom Eiffelturm war trotz des täglichen Wahnsinns hochmotiviert, uns einen besonderen Abend zu bieten. Und den hatten wir. Danke, Tom, dem Team und den Teilnehmern für das im Wortsinne einmalige Erlebnis von Düsseldorf-Paris! (
Blog)
Das Beste zum Schluss? Montenegro!
Peter ist schuld! Er hat mir die DVD geschickt mit den Bildern der Montenegrofahrt seiner Zimmermänner und die Sehnsucht geweckt nach diesem noch so unberührten und unerschlossenen Kleinod Montenegro, mit der Welterbe-Bucht von Kotor, dem Lovcen, in dessen Anstieg man die besten Blicke in die Bucht hat, den Durmitor-Sedlo im Landesinneren, die Taraschlucht und dem Skutarisee. Das wollte ich sehen, und das bekamen wir zu sehen.
Meine Nervosität war groß vor der Reise. Das ist nicht mehr Mitteleuropa, ich war mir alles andere als sicher, ob meine Reiseleitererfahrungen hier noch gelten. Und tatsächlich, der Anfang war mehr als schwer. Der Transfer von Dubrovnik nach Kotor über die EU-Außengrenze dauerte Stunden, die Leihräder beschäftigten uns die ersten drei Tage, bis wir die gröbsten Schnitzer ausgebügelt hatten, und dennoch blieben uns die Teilnehmer mit ihrer guten Laune treu. Danke! Aber tatsächlich – die Landschaft und die Strecken entschädigten für alles, und so entwickelte sich die Reise wirklich zu dem, was ich von ihr erwartet hatte. Das ganze Jahr über hatte ich mich heimlich am meisten auf Montenegro gefreut, und das Erlebnis war so intensiv, dass Peter nach fünf Tagen glücklich war über den Wetterumschwung. So viel erlebt man selten in so kurzer Zeit. Und ja: man muss es gesehen haben. Wenige Bilder müssen reichen. Alle findet ihr im
Montenegro-Blog. Aber schon jetzt steht fest: Montenegro wird 2019 wieder ins Programm aufgenommen, dann mit gleich von Anfang an funktionierenden Leihrädern :)
Danke für ein wunderbares Jahr 2017, danke für das Vertrauen für 2018
2017 habe ich mit quäldich.de wundervolle Touren bestritten, wundervolle Menschen getroffen und wie immer sehr viel gelernt. Dass wir mit unseren Reisen so vielen Radfahrern intensive Lebensmomente bescheren können, macht mich stolz und dankbar. Danke auch allen Teilnehmern, die stets viel an Bestätigung und Begeisterung zurückgeben, und danke unserem wundervollen Team! Viele leisten Großes, um die quäldich-Reisen auf die Beine zu stellen, alle sind immer mit vollem Enthusiasmus dabei. Dennoch möchte ich
Tom herausheben für seine unschätzbare Arbeit für das quäldich-Programm 2017 (und 2018), die beide seine Handschrift tragen! Danke!
Abschließend möchte ich allen danken, die uns jetzt schon für 2018 ihr Vertrauen geschenkt haben! Dieser Zuspruch wird uns weiterhin Ansporn sein!
Ich wünsche euch allen ein wunderbares, erfülltes Jahr 2018 – auf und neben dem Rad!