am 15.3. haben wir alle quäldich-Reisen von Mitte März bis Ende Mai aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt.
Für die konsequente Absage dieser Reisen haben uns viele Kundinnen und Kunden Verständnis und Lob signalisiert. Weiterhin war der Tenor: Haltet durch; wir wollen, dass es quäldich auch nach der Corona-Pandemie noch gibt. Dafür möchten wir uns herzlich bei euch allen bedanken. Bitte entschuldigt, dass wir nicht auf jede einzelne Mail antworten konnten. Uns ist natürlich auch bewusst, dass nicht nur der Tourismus im allgemeinen und quäldich im speziellen hart von der Krise getroffen sind, sondern in unterschiedlichem Ausmaß auch jeder einzelne, also auch du. Wir hoffen, dass auch du gut durch diese schwierige Zeit der Ungewissheit, des eingeschränkten Lebens, der Sorge um deine eigene Gesundheit oder die von dir wichtigen Menschen kommst.Die bittere Wahrheit ist jedoch, dass es für uns, für quäldich und seine Mitarbeiter, um die Existenz geht. Deshalb ist die bittere Pille auch für dich: Wir können die gesetzlich vorgeschriebene Frist von 14 Tagen zur Erstattung der gezahlten Summen nicht einhalten, und müssen dich um Geduld bitten.
Bis dahin werden wir auch keine weiteren Teilnehmerzahlungen per Lastschrift einziehen.
Gleichwohl möchten wir grundsätzlich zu unserer Verpflichtung stehen, und dir deswegen versichern, dass wir deine Ansprüche anerkennen. Es scheint jedoch wenig wahrscheinlich, dass wir eine volle Rückzahlung ohne staatliche Hilfen leisten können – ein für uns noch vor wenigen Tagen undenkbares Szenario. Dies tut mir als Geschäftsführer der quäldich.de GmbH außerordentlich leid.
Mit diesem Schreiben möchte ich dich möglichst offen über die leider sehr komplexen Hintergründe informieren.
Die Lage ist weltweit historisch einzigartig, wodurch auch die regulär eingezogenen Sicherheitsmaßnahmen im Reiserecht und Verbraucherschutz nicht greifen. Um etwas zu entwirren, beginne ich mit einer stichpunktartigen Aufzählung:
Die Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 651h Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 BGB ist laut Ansicht des DRV (siehe Deutscher ReiseVerband) nicht auf eine Pandemie ausgelegt. Die gesamte Reisewirtschaft befindet sich derzeit aufgrund dieser Regelung am Abgrund. Einige Reiseveranstalter diskutieren sogar den Umstand, dass diese Regelung in der gegebenen Situation keine Anwendung finden darf. Das halte ich aber nicht mit grundlegenden Rechtsprinzipien vereinbar (Rechtssicherheit). Für mich gilt bis auf Weiteres der Rechtsstand bei Vertragsabschluss, und insofern möchte ich dir hiermit versichern, dass wir uns an diese Rückzahlungsverpflichtung gebunden sehen.
Für quäldich.de bedeutet die Absage der 19 von 55 Reisen ein Storno von 365 Reiseteilnehmern und einen Umsatzeinbruch von 384.000 €, von denen 160.000 € bereits angezahlt waren. Dieses Geld müssten wir nun in der 14-Tagesfrist zurückerstatten, was uns nicht möglich ist, da in der laufenden Saison bereits 200.000 € an Anzahlungen an Leistungsträger (Hotels, Flüge, etc.) gebunden sind, 80.000 € in den abgesagten Reisen. Besonders hart trifft uns die kurzfristige Absage der beiden Bergtrainings in Andalusien, bei der wir die Leistungsträger schon in voller Höhe bezahlt haben (allein 52.000 €). Leider ist die Rechtslage den Leistungsträgern gegenüber eine andere. Die Flüge werden bei Flugausfall zurückerstattet, Lufthansa und Eurowings haben Spanien am letzten Samstag aber noch angeflogen. Lufthansa hat darüber hinaus angekündigt, zukünftig keine Ticketkosten mehr zu erstatten. Bei den Hotels sind wir auf Kulanz angewiesen. Unsere Hotels zeigen sich zwar vorwiegend kulant, aber auch in dem Fall ist die Rückabwicklung nicht in voller Höhe zu erwarten und nicht innerhalb der 14-Tagesfrist zu gewährleisten. Dabei ist natürlich auch zu beachten, dass die Hotels selbst vor einer unbestimmten Zeit ohne Einnahmen bei nur teilweise reduzierten laufenden Kosten stehen, und sie somit auch in ihrer Existenz bedroht sind.
Alle Zahlungen, die wir bei bewusster drohender Insolvenz leisten, kann der Insolvenzverwalter später vom Geschäftsführer persönlich zurückverlangen, also von mir (Quelle).
Insofern ist nun äußerste Vorsicht geboten, und leider können wir daher auch keine härtebedingten Ausnahmen vom Zahlungsstopp gewähren. Vor dem Hintergrund, dass möglicherweise auch dich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie hart treffen, tut mir das besonders leid.
Nun gilt es also abzuwarten, welche staatliche Direkthilfen wir in Anspruch nehmen können. Es sind auch diverse Liquiditätshilfen in Form von Darlehen im Gespräch, die uns aber vermutlich nicht nachhaltig helfen können. Dennoch habe ich zwei derartige Hilfen beantragt. Für die müsste ich persönlich stark in die Haftung gehen (teils zu 100%). In dieser unabsehbaren Krisensituation unmöglich.
„Abwarten“ mag nicht als sonderlich geistreiche Strategie erscheinen. Die in den letzten zehn Tagen besonders von Tom und Hagen, aber von allen anderen geleisteten herkulischen Taten waren aber allesamt tags darauf wegen der sich überstürzenden Ereignisse wieder passé. Wir haben uns daher entschieden, den Umstand zu akzeptieren, dass in diesen unsicheren Zeiten altbewährte Handlungsstrategien nicht mehr greifen. Und demnach „Abwarten“ die einzig sinnvolle Strategie erscheint.
Alle Reiseteilnehmer haben mit der Buchung einen Reisesicherungsschein erhalten, „der deine Reise bzw. deine geleistete Zahlung für den theoretischen Fall absichert, dass quaeldich.de vor deiner Reise oder im Verlauf deiner Reise insolvent wird“, wie es in der Anmeldebestätigung heißt, was aus heutiger Sicht ironisch klingt. Tatsächlich hatten wir bis vor ca. 10 Tagen ein solides funktionierendes Geschäftsmodell, und die Insolvenz schien uns nur theoretischer Natur zu sein.
Meiner heutigen Sicht nach ist fraglich, ob dieser Reisesicherungsschein für dich einen Wert hat. Jeder Insolvenzversicherer haftet gesetzlich nur bis zur Gesamtsumme von 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr des Versicherers. Insgesamt, nicht pro Insolvenzfall (§ 651r BGB). Schon die Thomas-Cook-Pleite (immerhin im letzten Geschäftsjahr) hat gezeigt, dass die Summe lächerlich gering ist. Damals hat der zuständige Versicherer Zurich nur 17,4 % der Kundengelder erstattet, der Rest wurde vom Fiskus getragen (Quelle).
Da der gesamte Welturlaubsverkehr nun zum Erliegen kommt, dürfte die Pleitewelle in die Milliarden gehen, wenn die Tourismusbranche nicht vom Staat gestützt wird.
Wenn keine staatlichen Hilfen kommen, werden wir mit den Gläubigern, also mit unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern verhandeln, auf wie viel ihrer geleisteten Gelder sie bereit sind zu verzichten. Insofern kannst du dir darüber schon einmal Gedanken machen. Derzeit nur für dich, soweit sind wir noch nicht.
Wenn die vergangene Woche eines gezeigt hat, dann die kurze Halbwertszeit aller unserer Prognosen. Eines können wir dir jedoch versichern: Wir sind Rennradreise-Organisatoren aus Leidenschaft und deshalb fest entschlossen, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln eine Insolvenz abzuwenden, und möglichst bald wieder einen regulären Reisebetrieb aufzunehmen. Auch Ersatztermine für ausgefallene Reisen sind grundsätzlich denkbar. Auf jeden Fall möchten wir so bald wie möglich wieder unsere Mission erfüllen: Gleichgesinnte zusammenzubringen, um ihnen einen unvergesslichen Rennradurlaub in den schönsten Reisezielen Europas und der Welt zu bereiten. Wir nehmen daher die Politik beim Wort, die zugesichert hat, es werde „keine Insolvenz und keinen Arbeitsplatzverlust“ infolge der Corona-Pandemie geben.
Ich glaube daher an ein gutes Ende!
Auch Tom, Hagen, Alex und Robert ist es ein Anliegen, euch zu versichern, dass sie quäldich.de mit all ihren Kräften zur Überwindung der Krise zur Seite stehen.
Ich wünsche euch und euren Familien von Herzen alles Gute. Es gilt im Großen wie im Kleinen: diese Krise können wir nur gemeinsam meistern. Wie in der Gesellschaft so bei quäldich!
Herzlich, Euer Jan von quaeldich.de