17.09.2024,
JuliaBikes:
Tag 3 der siebentägigen Montenegro-Reise. Heute überqueren wir die Albanischen Alpen. Nach lockerem Einrollen fahren wir durch den Ort "Hot" – ein sehr passender Name für das Klima der letzten Tage. Die Landschaft wird karger und steiniger. Wir sehen wieder mehr Kirchen als Moscheen im überwiegend muslimischen Albanien. In der Ferne erkennen wir den Berg Lek e Hot und ein großes Kreuz am Hang.
Im kleinen Supermarkt stocken wir Wasser, Cola und Gummibärchen auf – 10 Euro für den Einkauf von 10 Radlern zusammen. Ich mache mein Trikot am Brunnen nass - diese Kühlung hält für ein paar Minuten, bis es wieder komplett trocken ist. Trotzdem - besser als nichts. Es geht los, den ersten Anstieg von gut 700 Höhenmetern zu meistern. Langsam schlängeln wir uns den Berg hoch. Es ist schon etwas heiß, aber noch erträglich. Oben angekommen, fahren wir durch ein kleines Dorf, Schafe laufen auf der Straße. Nach der Kurve werden wir mit einem spektakulären Ausblick über das Prokletije-Gebirge belohnt. Es sieht eher so aus, als würde man auf die blass-grünen und blauen Alpen schauen, und der Anblick bildet einen starken Kontrast zu der trockenen, mediterranen Umgebung, aus der wir gerade kommen.
Wir nutzen die Gelegenheit für ein Gruppenfoto auf der kleinen Plattform, von der aus man das Tal überblicken kann. Eigentlich hatten wir hier einen kleinen Pop-up-Kiosk erwartet, aber niemand ist da. Unser Guide Martin zaubert eine kalte Cola aus seiner Trikottasche hervor, die sich einige von uns teilen – extra Service.
Nun dürfen wir die wunderschöne Abfahrt genießen, die wir im ersten Teil verdient haben und die wir von hier oben überblicken können. Brandneuer, glatter Asphalt und lange Serpentinen, auf denen man richtig rollen lassen kann. Schließlich flacht es etwas ab, und durch ein Tal hindurch erreichen wir einen kleinen Ort, wo unser Fahrer Danilo das Camp zum Mittagessen aufgeschlagen hat. Schnell ein paar Brote gegessen, Sonnencreme neu aufgetragen und beim Wirt nebenan nochmal das Trikot nass gemacht. Als ich wiederkomme, sind schon fast alle weg – puh, jetzt aber sputen.
Ohne dass es mir bewusst war, folgt nun einer der härtesten Abschnitte dieser Reise. Weitere 900 Höhenmeter liegen vor uns, inklusive einiger steiler Anstiege in brütender Hitze. Die Landschaft ist karger als zuvor und die Sonne brennt. Hatten wir nicht gerade noch ein kühles Hochgebirge gesehen? Ja, aber dahin müssen wir uns erst hocharbeiten.
Mein Wahoo Bike Computer misst 38 Grad. Ich versuche, nicht zu überhitzen – striktes Puls-Management. Die einzigen Verkehrsteilnehmer, die ich auf diesem Abschnitt überhole, sind Kühe, die immer mal wieder auf der Straße laufen. Kein Schatten weit und breit. Nach kleineren Kurven und Windungen folgt ein langer Anstieg entlang des Berges. Ich kann andere Teilnehmer vor mir sehen, die etwas weiter oben anhalten. Könnte das der Brunnen sein, der angekündigt wurde? Ein paar fiese, steile Abschnitte folgen. Endlich bin ich da. Wasser! Ich trinke viel zu viel auf einmal und dusche den Kopf ab. Danach bin ich wie neugeboren.
Der weitere Anstieg von hier fühlt sich geradezu einfach an im Vergleich zum vorherigen Stück – obwohl noch mehrere hundert Höhenmeter vor uns liegen. Es wird auf einmal grüner und kühler. Ein kompletter Szenenwechsel: Wir sind endlich im Hochgebirge. Wir fahren durch bewaldete Hänge und haben viel Schatten. Man spürt die Luftfeuchtigkeit auf der Haut. Ein kurzes Regruppieren an der Spitze – der Qafa e Bordolecit ist bestiegen. Dann starten wir eine kurze Abfahrt und kommen kurz darauf an der nächsten Doppel-Grenzkontrolle an. Tschüss Albanien, hallo Montenegro. Wir händigen den Kontrolleuren unseren Ausweisstapel aus. Grenze 1 – Check. Grenze 2 – Check. Einen Stempel bekomme ich leider nicht.
Nun folgen noch rund 20 km in der Ebene mit der ganzen Gruppe, und unser Guide Martin gibt an der Spitze ein ordentliches Tempo vor, damit wir endlich ein Feierabendgetränk im Hotel genießen können. Geschafft, wir sind da und geben uns allen ein High Five für die Leistung des heutigen Tages: 132 km und 2268 Höhenmeter. Dann setzen wir uns ins Café zu der anderen Gruppe. Das Einzige, was jetzt noch die Gemüter spaltet, ist, ob man den drolligen Straßenhund streicheln darf oder verjagen sollte.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Heute geht es nach Norden, in die Albanischen Alpen, wie das Prokletije-Gebirge im äußersten Nordwesten des Landes auch genannt wird. Es ist ein Hochgebirge, also ist der Vergleich mit den Alpen gar nicht so weit hergeholt. Die ersten etwa 35 Kilometer können wir jedoch noch in der Ebene am Skutarisee einrollen, bis es dann in den Anstieg zum Pass Lek e Hotit geht. Vom dortigen Aussichtspunkt können wir das Gebirge schon vor uns erkennen. Sehr beeindruckend ist dann der lange Anstieg zum Qafa e Bordolecit. Peu à peu verändert sich die Landschaft, es wird immer felsiger, bis wir schließlich im Hochgebirge angekommen sind. Die Abfahrt nach Norden ist kurz, sie führt uns in ein fruchtbares Tal, wo wir zuerst die Grenze zurück nach Montenegro überschreiten und dann bald in Andrijevica einlaufen.