03.09.2024,
H11i:
Die Meteo-Apps prophezeien für den Tag heute durchwachsenes Wetter. Immerhin ist das ursprüngliche Regenwolken-Bild aus der Vorhersage verschwunden. Während des Frühstücks wird abwechselnd das draussen stattfindende Wetter mit der Radarprognose auf dem Smartphone verglichen. Leider lässt sich keine Zuverlässigkeit feststellen. Das wiederum wirft die Frage auf: «Was ziehe ich heute an? Was nehme ich mit? Was packe ich in den Tagesrucksack?» Als Reiseleiter beantworte ich gerne Bekleidungsfragen, stets nach bestem Wissen und Gewissen.
Der Nieselregen hält uns um 09.00 Uhr noch vom Etappenstart ab. Wir hoffen, dass sich die feinen Wassertröpfchen in den nächsten 30min in Luft auflösen und wir trocken losfahren können.
Nun ja, es «fieserlät» unablässig weiter und wir können endlich unsere Regenbekleidung testen. Gruppe 1 mit Zuzügern aus und Abgängern zu der 2 nimmt die B-Variante in Angriff. Das heisst, dass nebst dem Col d’Aubisque zum Hauptgang, zur Vorspeise der Col de Marie-Blanque verdrückt wird. Trotz des im Roadbook rot leuchtenden 4km langen Abschnitt zum Pass (je dunkler, desto steiler).
Wir rollen 15km bis zum Anstieg, der Herbst macht sich bemerkbar: etwas kühler, etwas nebliger, etwas nasser. Während der Auffahrt lässt der Niesel nach und für einen Moment haben wir den Eindruck, dass die Sonne etwas durchdrückt, Wunschdenken. Stattdessen frischt der Wind auf der Passhöhe auf.
«Klick, klick», ein Bild mit dem Passschild, runter vom Berg. Auf der Hochebene tummeln sich nebst Kühen und Schafen auch Kaltblüter. Was für Tiere, so gross wie ein VW-Bus! Besser darum herumfahren.
Kurz vor dem zweiten Anstieg, unserem Hauptgang, treffen wir auf die bereits vom zweiten Platten geplagte Gruppe 2, Gruppe 3 kommt in Sichtweite. Der Col d’Aubisque wird von uns guerillamässig angegriffen. Mal hier zwei Radfahrer, mal da eine kleinere Gruppe und Einzelkämpfer. Manch einer dachte, er könne unbemerkt über den Ausweichplatz in einer Kurve ein paar Meter abkürzen, doch der Delinquent wird von der Rennjury inflagranti erwischt. Andreas meldet in der Zwischenzeit ein aufgebautes Buffet,12 Grad und Nieselregen auf dem Pass. Regenschirme werden mit Klammern an den Tischen festgemacht, damit das, was trocken bleiben soll, trocken bleibt. Der Border Collie nebenan wittert fette Beute und setzt seinen Hundeblick auf. Allerdings gibts bei Radfahrern nach 3h Fahrzeit keine Reste.
Das geplante Dessert, der Cirque du Litor, die Höhenstrasse vom Col d’Aubisque zum Col du Soulor, bleibt leider aus. Zu dicht ist der Nebel. Zudem setzt urplötzlich richtiger Regen ein, gepaart mit Kälte. «Seit wann fährt man denn wegen der Aussicht auf einen Berg?» Wir geben uns mit dem Fotosujet-Highlight der drei überdimensionalen Fahrradskulpturen von der Passhöhe zufrieden.
So plötzlich, wie der Regen einsetzte, so plötzlich ist wieder weg. Bis Argelès-Gazost sind die Klamotten beinahe wieder trocken. Es bleibt noch Zeit, Kaffee zu trinken. Heute schafft es Gruppe 1 gemeinsam. Während wir dasitzen, stattet uns ein heute seltener Gast einen Besuch ab: die Sonne. Sie begleitet uns bis zum Zielort in Esquièze-Sère, am Fusse des Col du Tourmalet. Ein versöhnlicher Abschluss der 3. Etappe.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Mit dem dritten Teilstück erreichen wir endlich auch das Terrain der Tour-de-France-Klassiker. Es beginnt noch ganz harmlos, das schöne Vallée d'Ossau hinauf. Ein hartes Stück Arbeit ist dann der
hors catégorie-Anstieg zum Col d'Aubisque. Über den schönsten Pass der Pyrenäen lässt sich streiten, ein ganz besonderes Sahnestück ist aber der Cirque du Litor, die in die Wand des Talkessels gebaute Höhenstraße, die den Col d'Aubisque mit dem Col de Soulor verbindet. Eine Etappe der Extraklasse also, die schließlich in Luz-Saint-Sauveur endet.