05.10.2022,
hagen306:
Natürlich nehmen wir heute den großen Schinken (wahlweise auch den langen Kanten) durch die Alpujarras. Serviert werden je nach Gusto ein oder zwei Bergschinken: Die Flanke der Sierra de Lújar bis zur Haza del Lino und der "Schlächter" in Gestalt des Portichuelo de Cástaras. Nebst dem Serrano-Schinken oben in Trevélez.
Nach gemeinschaftlichem Start des Pelotons gelingt die Feldersortierung noch vor der Startabfahrt hinab nach Órgiva: Fix die "molina grande" (den dicken Gang) aufgelegt, über die erste Asphaltblase geflogen und schon rauschen wir geordnet hinab. Lieblicher Grasduft umweht unsere Nasen beim Passieren des Aussteigerdorfs. Wollen wir wirklich weiter? Aber ja!
Natürlich, denn der Nordstieg zur Haza ist wirklich eine Perle der Einsamkeit: Nur Himmel, Oliven, Mandeln gibt es hier en masse - hinter uns thront im Breitbandformat die Sierra Nevada, der Pico del Veleta mit seiner markanten Haifischflosse grüßt (Wollen wir da wirklich hinauf? Aber ja!). Währenddessen kurbelt Matthias´s Zug weiter unten das Tal des Guadalfeo entlang. Die heute mal gut verstecket Verpflegung ist für unser entspanntes Team somit heute eigentlich etwas früh. Konsequenterweise passieren einige den offiziellen Stop, können sich dann aber gut ein Bergdorf weiter am Schwimmbad versorgen.
Oben an der Haza turnen unsere Sportiven ein wenig ungelenk um das Passchild herum - schließlich müssen alle aufs Selfie draufpassen. Und Stretching war noch die des Radsportlers Freund. Lieber kehren wir noch kurz im Lokal da oben ein und rätseln, ob der noch etwas unlustig wirkende Wirt vielleicht Angst vor einer explodierenden Kasse hat. Weiter geht´s: Steil wieder hinab ins Tal des guadalfeo (den"hässlichen Fluss" werden wir heute und auch morgen nicht los). Und gegenüber,wiederum wie im schönsten Historienschinken mit Claudia Cardinale oder wem auch immer, grüßt von Norden im Breitbandformat die Sierra: Die weißen Dörfer kleben förmlich im Hang. Wollen wir da wirklich rauf? Aber ja! Ob wir es nun fröhliches Lichterlöschen, Schlachtefest, mieses Stück oder gaga-Hügel nennen - irgendwann haben wir uns den etwas zähen Portichuelo de Cástaras hinaufgeflucht. Das von uns bestellte Bushaltehäuschen zum Abmatten direkt am Gipfel wurde pünktlich geliefert, nur der Brunnen fehlt noch. Doch Auffüllen ist ohnehin gleich in Trevélez angesagt - feierlich geben wir uns den Schweinereien im Schinkendorf hin: Vom Schinkenbuffet bis zum rustikalen Alpujarra-Teller (Bratkartoffeln, Schinken, Spiegelei, Blutwurst, chorizo) - nichts ist vor uns sicher. Sogar gesunde Salate werden kredenzt. Treffer! - Nur die Energie aus dem authentischen Powerfood werden die Astralkörper wohl erst morgen bereitgestellt haben.
Ist aber auch Wurst, denn es geht nunmehr fast nur noch bergab- Gekonnt vereiteln wir in den wenigen Bergaufstücken die Überholmanöver einiger weniger Autos und haben somit freie Fahrt. Im Formationsflug nehmen wir die sanften Kurven, gieren nach immer mehr davon - und müssen dann doch noch die letzten 8km wieder hinauf ins liebgewonnene Hotel in Lanjarón. Ist aber ebenfalls Wurst, denn die Alpujarra-Rundfahrt in epischer Breite und Länge ist eingetütet! Und der eine oder die andere überlegt schon, wo sich später auf der Tour etwas vom Serrano-Schinken eintüten ließe...
Die nüchterne Etappenbeschreibung sagte dies:
Genau genommen war diese Etappenoption DER Grund, warum wir unseren Routenverlauf für 2021 geändert haben: Die "Alpujarras-Rundfahrt" von und nach Órgiva nimmt wirklich alles mit von Rang und Namen: Den absoluten Geheimtipp hinauf auf die Contraviesa (der Höhenzug südlich der Alpujarras) mit Panorama-Blick auf die Riesen der Sierra. Für ganz verwegene sogar noch die Option, den Gipfel der Sierra de Lújar auf Ziceknweg zu erklimmen. Ein bocadillo an der Haza del Lino - unserem traditionellen Pausenpunkt auch im Bergtraining im März. Schussfahrt zurück ins Tal del Guadalfeo und den strammen Portichuelo de Cástaras hinauf. - Warum das Ganze? - Nur so kommen wir nach Trevélez, Spaniens Schinkendorf Nr. 1 und Heimat des berühmten Alpujarras-Tellers. Unbedingt probieren. Und nach einigem kleineren Wellengeplänkel fahren wir in Superflow und gefühlt einen halben tag hinab zurück nach Órgiva. Wer heute bei Ankunft nicht grinst, muss eine andere Strecke gefahren sein!