05.10.2022,
hagen306:
Was haben wir schon für Elogen rund um die Carretera de la Cabra gesungen - heute würde dieses Sinnbild der Schönheit (eine Befahrung in der quäldich-Passjagd müsste eigentlich wie 4 Pässe zählen) nun endlich bezwungen werden.
Uns hält am Morgen nicht viel unten im Strandhotel in Almunécar beim Ü70-Frühstück. Doch lernen wir, welch gewiefte Taktiken angewendet werden, um sich möglichst selten an der Buffet-Schlange anstellen zu müssen: Man nehme einen Rollator mit, denn dieser ermöglicht das Platzieren von 3-4 Tellern auf einmal.
Und los geht´s! Keine 2km sind es, bis wir wieder im Grünen sind. Die Obstplantagen des Río Verde-Tals werden uns die ersten km begleiten. Der Fluss übrigens führt keine 2km weiter an seiner Mündung keinen Tropfen Wasser mehr. Wir kurbeln los - und schwatzen.- Die Freigabe wird heute erst nach einigen km im Berg erfolgen - und so bekomme ich ganz entspannt auch so ziemlich jeden vor die Linse. Schwupps sind wir in Otívar - ab hier kommt bis zum Gipfel der Cabra-Straße nichts als nichts. Außer der immer schöner werdenden Landschaft. Wir schwatzen uns weiter hinauf, bis es dann doch zum scharfen Start kommt. Reiner meint, bereits in den unteren Abschnitten die spektakulären Felsen zu sehen, doch die heben wir uns für ganz oben auf. Und schwatzen weiter. Das alte Refugio auf halber Strecke ist schnell passiert. Letzte Blicke hinunter Richtung Meer - heute ist zum Glück nicht ganz so viel Sahara-Sand in der Luft, der Himmel ist stahlblau. Die Beine des Pelotons sind heute eher Stahl als blau. So darf es bleiben.
Der Blick nach vorn deutet nun schon auf das felsige Finale hin. Wir nähern uns Gudrun, die im Sinne des Wohlseins zusammen mit einigen anderen heute etwas eher gestartet ist. Wir schwatzen immer noch. Vorbei ist´s mit der meditativen Stille. "Schwatzt nicht so viel!" - Ok, machen wir - denn: Unsere Sehorgane melden alsbald "Sie haben ihr Ziel erreicht" - mitten in den Felsen staunen wir ehrfürchtig. Gelegentlich wird umgedreht, um noch einmal die Fotoperspektive zu verbessern. Und schwupps again: Wir sind oben - das Buffet wartet. Herrlich lungern wir auf Bänken und Treppen des dienstags geschlossenen Ausflugslokals herum und schauen, was so alles an Essbarem aus unserem Food Truck quillt. - Wollen wir noch weiter? - hmmm. Das einzige Argument nach dieser Orgie der Schönheit wäre noch unsere Lieblingsbar in Pinos. Also los, fix durch die etwas zugigen Orte südlich von Granada hinübergehügelt ins Lecrín-Tal und rein in die Pinte (heute verzichten wir noch auf die andalusischen Schweinereien, aber für morgen haben einige Wagemutige schon angekündigt, sich dem Alpujarra-Teller zu stellen). Noch ein wenig homöopathische Dosen Kultur auf den letzten Metern nach Lanjarón und dann lauert die eigentliche Herausforderung des Tages: Punkt 16:30 eine geöffnete Bar zu finden (Siesta). Das bekommen wir natürlich hin und da wir mittlerweile in der Provinz Granada angekommen sind, gibt´s hier auch die ersten richtigen Tapas (also umfangreich und kostenlos) zum Getränk. Salud!
Spanisch-Pflichtvokabular des Tages:
- borrachuelos (oder so): Nachtisch ähnlich crema catalana mit versenktem Keks drin. Nicht zu verwechseln mit "borracheros" (die Trinker)
- helado: Eiscreme. Nicht zu verwechseln mit "hielo" (Eis, also das zum Schlittschuhlaufen). Ebenso nicht zu verwechseln mit "congelados" (Tiefkühlkost)
- pinchazo: Plattfuß (also der am Rad); potencia (neiiiin, nicht was Du denkst, sondern "Vorbau" - neiiin auch hier nicht das, was Du denkst); plato (Kettenblatt)
- cabra: Ziege (Vorsicht aber bei cabrón = Ziegenbock, traditionelles Schimpfwort)
Goldene Worte des Tages:
- "Meine Hose ist nass vom Stuhl" (gemeint ist der Plastikstuhl in der Bar)
- "Mein A**** brennt" (nachdem die schwarze Radhose beim Fahren schön von der sengenden Nachmittagssonne beschienen wurde)
- "Geben Sie jetzt alles!" (im Zielanstieg nach Lanjarón) - "ich fahre schon den ganzen Tag bei 110%" - "Aber Du siehst doch noch klar?" - "Ja." - "Eben, da geht noch was!"
So voll nahmen wir den Mund in der offiziellen Tourenbeschreibung
Heute wartet ein absolutes Sahnestückchen für den 34er "Teller" (Kettenblatt ="plato"): Die Carretera de la Cabra - und es geht erst durch die Mispelplantagen, dann durch Olivenhaine über Otívar die "Cabra" (Ziege) hinauf. Eigentlich ist die Straße aber nicht "zickig", sondern nur unglaublich schön, spektakulär von grün bis felsig-monumental-schroff. Ihren Namen im Rennfahrerjargon verdankt sie einem Aussichtspunkt (Mirador de Cabra Montés). Nach satten 30 Kletterkilometern haben wir mit dem Doppelgipfel am Cruze de Jayena den höchsten Punkt erreicht. Über den Suspiro del Moro geht es ins Lecríntal bergab, Kurzer Gegenanstieg und schon sind wir im alten Kurort Lanjarón - dem Ort des magischen Wassers und Tor zu den Alpujarras. HIer übernachten wir zwei Nächte. Erstmals sehen wir heute auch den Kulimantionspunkt unserer Tour: Bereits am Suspiro baut sich im Osten der Pico del Veleta auf. aber der kann noch ein paar Tage warten...